EU: Aus für Chatkontrolle – stattdessen Richtervorbehalt und Altersverifizierung

Eine überraschende Wende gab es in der Debatte über die anlasslose Chatkontrolle in der EU. Ursprünglich plante die Kommission unter dem Banner des Kinderschutzes weitreichende Eingriffe in private Kommunikation. Nun bleibt es beim Richtervorbehalt.
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Datenschützer kritisieren die von der EU geplanten Chatkontrollen als invasiv und technisch fehleranfällig. Symbolbild.Foto: iStock
Von 3. Januar 2024

Die von der EU geplante Verordnung zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern wird vorerst nicht kommen. Wie das Fachmedien „netzpolitik.org“ schreibt, gab es im Rat keine vollständige Einigung auf deren Inhalte. Insbesondere die in diesem Kontext angedachten Bestimmungen über eine anlasslose Chatkontrolle konnten den ausreichenden Rückhalt nicht finden.

Juristischer Dienst des Rats der EU äußerte erhebliche Bedenken

Es ist damit nahezu ausgeschlossen, dass es zum Beschluss eines entsprechenden Gesetzes vor der Europawahl im Juni 2024 kommen wird. Bereits im November 2023 hatte sich der Innenausschuss gegen die geplanten Überwachungsmaßnahmen ausgesprochen.

Die Befürworter der Einführung einer weitreichenden Chatkontrolle wollten Dienste wie WhatsApp oder Hostprovider zum sogenannten Client Side Scanning verpflichten. Dies bedeutet eine Umgehung der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung durch einen Scan der Inhalte des Smartphones eines Teilnehmers.

Befürworter des Vorgehens sahen darin eine mögliche wirksame Waffe gegen Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie – oder sogenannte Groomer. Kritiker sehen in der damit verbundenen umfassenden Chatkontrolle hingegen eine anlasslose und verpflichtende Überwachung privater Kommunikation. Der juristische Dienst des EU-Rats hatte ebenfalls erhebliche Bedenken geäußert.

Scharfe Kritik von Experten: Chatkontrolle invasiv und fehleranfällig

Neben Datenschützern sprachen sich auch Kinderschutzorganisationen gegen die Pläne zur Chatkontrolle aus. Sie befürchtete eine Kriminalisierung von Kindern und Jugendlichen, die in vielen Fällen selbst leichtfertig eigenes Bildmaterial an Gleichaltrige verschickten.

Darüber hinaus äußerten Experten Bedenken bezüglich der technischen Machbarkeit der im Verordnungsentwurf angedachten Lösung. Brüssel überschätze die technischen Möglichkeiten, um verbotene Inhalte mithilfe von Scannern zu erkennen. Bestehende Technologien seien fehleranfällig – und könnten Menschen zu Unrecht dem schwerwiegenden Verdacht des Kindesmissbrauchs aussetzen.

Ein möglicher Wendepunkt in der Debatte könnten Enthüllungen gewesen sein, wonach sich die EU-Kommission des Microtargetings bedient hatte, um für das Vorhaben zu werben. Diese Form zielgruppengerechter politischer Werbung gilt in Brüssel seit Jahr und Tag als verpönt. Dennoch hatte die Kommission darauf zurückgegriffen, um Stimmungen in kritischen Ländern zu beeinflussen.

Minimalkonsens beinhaltet Genehmigung für freiwillige Kontrolle

Am Ende wuchs die Anzahl kritischer Mitgliedstaaten und nur noch Spanien, Rumänien und Irland setzten sich für eine weitreichende Chatkontrolle ein. Der Innenausschuss sprach sich dafür aus, nur gezielte Ermittlungen gegen Verdächtige nach richterlichem Beschluss zuzulassen. Grundrechte und Privatsphäre müssten grundsätzlich gewahrt bleiben.

Freiwillige Chatkontrollen, wie sie von einigen Tech-Konzernen bereits durchgeführt werden, sollen jedoch erlaubt sein. Ab 4. August nächsten Jahres soll eine zweijährige Verlängerung des Gestaltens dieser Praxis sein – die eigentlich gegen europäische Datenschutzbestimmungen verstößt.

Konsens gibt es bislang nur bezüglich der Stärkung eines „unabhängigen EU-Zentrums für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs“. Dieses soll Diensteanbieter in ihren Bemühungen zur Bekämpfung von Kinderpornografie und Grooming unterstützen. Zudem wurden drei Porno-Plattformen als „große Anbieter“ eingestuft – und müssen ab sofort aufgrund des „Digital Services Act“ eine weitreichende Altersverifizierung durchführen.

Hohe Summen in Lobbyarbeit für Chatkontrolle investiert

Kritiker der Chatkontrolle hatten geargwöhnt, dass der konsensfähige Bereich der Bekämpfung sexuellen Kindesmissbrauchs nur einen Einstieg in die Normalisierung weitreichender Überwachungspraktiken darstellen könnte.

Dass dies mehr als nur eine Verschwörungstheorie sein könnte, hat „Balkan Insight“ enthüllt. Demzufolge soll der Hollywood-Schauspieler Ashton Kutcher bei Innenkommissarin Ylva Johansson und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Lobbyismus für die Chatkontrolle betrieben haben.

Seine Stiftung soll zudem der Lobbyfirma FGS Global mehr als 600.000 Euro für gezielte Beeinflussungsmaßnahmen auch von Abgeordneten bezahlt haben. Außerdem hätten der Ex-Diplomat Douglas Griffiths und dessen Oak Foundation seit 2019 mehr als 24 Millionen US-Dollar in entsprechende Lobbytätigkeiten investiert.

Sicherheitsbehörden wie Europol oder Nachrichtendienste wie „Five Eyes“-Allianz hätten ein starkes Interesse daran, Chatkontrollen auch in weiteren Bereichen nutzbar zu machen.



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