Österreichischer Kanzler fordert von EU „Ende der falschen Migrationspolitik“

Österreichs Kanzler Nehammer hat in einem Interview die Asylpolitik der EU als „gescheitert“ bezeichnet. Es fehle ein wirksamer Außengrenzschutz.
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Karl Nehammer.Foto: FLORIAN WIESER/APA/AFP via Getty Images
Von 30. September 2022

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer hat der EU Untätigkeit im Kampf gegen illegale Einwanderung vorgeworfen. In einem Gespräch mit der „Kronen Zeitung“ weist der ÖVP-Chef darauf hin, dass es im laufenden Jahr allein bis August in Österreich mehr als 56.000 Asylanträge gegeben habe. Im September habe sich ebenfalls keine Entspannung abgezeichnet.

Seit Donnerstag Kontrollen an der slowakischen Grenze

Derzeit gibt es an Österreichs Grenzen zur Slowakei wieder Kontrollen. Die am Donnerstag (29.9.) in Kraft getretene Maßnahme ist vorerst auf zehn Tage anberaumt. Innenminister Gerhard Karner begründete sie mit neuen Strategien von Schleppern, die in jüngster Zeit zu beobachten gewesen wären.

Bereits seit Jahren werde an den Grenzen zu Ungarn und Slowenien kontrolliert, erklärte Karner gegenüber Medien. Der Fokus liege dabei auf der Überprüfung als typisch geltender „Schlepperfahrzeuge“.

Karner zufolge seien dies „meist weiße Kastenwagen“. Im Sommer war beispielsweise in Wien ein solches Fahrzeug angehalten worden, das 22 indische Staatsangehörige illegal über die Grenze gebracht habe. Österreich müsse, so der Minister, „reagieren, bevor die Schlepper reagieren“.

Nehammer nutzt Westbalkan-Gipfel für Gespräche mit Orbán und Vučić

Österreichs Kanzler übt derweil deutliche Kritik an der Europäischen Union. Er weist darauf hin, dass Österreich derzeit massiv von illegaler Einwanderung betroffen sei. Dabei sei der solidarische Beitrag des Landes bei der Bewältigung der Flüchtlingskrisen seit Mitte der 2010er-Jahre überdurchschnittlich. Brüssel hingegen lasse sich auch von Expertenwarnungen vor einem neuen Flüchtlingsrekord nicht beeindrucken. Nehammer erklärt in der „Krone“:

Die Asylpolitik ist gescheitert. Es gibt noch immer keinen starken EU-Außengrenzschutz, und die Realität des Problems wird missachtet.“

Zurzeit befindet sich Nehammer auf einem Westbalkan-Gipfel in Belgrad. Er will dort mit Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und Ungarns Regierungschef Viktor Orbán über Fragen der Grenzsicherung sprechen. Der Schutz der Grenzen Ungarns und Serbiens sei auch ein Beitrag zum Schutz der österreichischen Grenzen.

Gleichzeitig erneuerte Nehammer seine Forderung, das Thema des Grenzschutzes auf EU-Ebene ernst zu nehmen:

Es braucht endlich ein neues EU-Asylsystem – das ist die einzig echte und nachhaltige Lösung. Wir müssen die falsche Migrationspolitik stoppen.“

Exxpress-Chefredakteur spricht von 67,5 Millionen Euro monatlich für Asylbewerber

Dem österreichischen Innenministerium zufolge seien bis August 2022 insgesamt 56.149 Asylanträge gestellt worden. Das sei ein Plus von 195 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die meisten Antragsteller kämen gegenwärtig aus Indien. Aber auch Pakistan, Marokko oder Tunesien seien derzeit häufig genannte Herkunftsländer von Asylsuchenden in Österreich. In all diesen Fällen sei die Aussicht, Asyl gewährt zu bekommen, gering.

Darüber hinaus beherberge Österreich etwa 58.000 Flüchtlinge aus der Ukraine. Chefredakteur Richard Schmitt rechnet auf „exxpress.at“ vor, dass Österreich in einem Monat 67,5 Millionen Euro für die Grundversorgung häufig illegal eingereister Asylsuchender ausgebe. Dies sei nur auf der Grundlage des Tagessatzes von 25 Euro errechnet. Behandlungskosten bei Krankheitsfällen oder Security-Personal seien darin noch nicht enthalten.

Demgegenüber erklärt Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination im Gespräch mit dem „Standard“, dass diese Berechnung zu pauschal sei. Zwar nutzten derzeit 90.000 Menschen das soziale Netz für Geflüchtete, allerdings seien der Großteil davon ukrainische Kriegsflüchtlinge. Zudem sei das Zielland vieler Einreisender, die etwa im Burgenland aufgegriffen würden, gar nicht Österreich.

Generalsekretärin nach Streit um Asylpolitik zurückgetreten

Die Asylpolitik gilt nach wie vor als ein potenzieller Sprengsatz für die Regierungskoalition aus ÖVP und Grünen im Bund. Erst vor etwa drei Wochen trat ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner zurück. Sie hatte zuvor gefordert, Asylsuchende vom sogenannten Klimabonus der Bundesregierung auszunehmen. Dieser, so begründete sie das Ansinnen, würde einen zusätzlichen Pull-Faktor für illegale Einwanderung schaffen.

Energieministerin Leonore Gewessler hatte daraufhin von einer „schäbigen“ Vorgehensweise gesprochen. Es sei „letztklassig“, mit dem „Finger auf eine Gruppe von Menschen zu zeigen und zu sagen, nehmt denen was weg“.

Sachslehner hielt jedoch an ihrer Position fest und stellte den Grünen sogar ein Ende der Koalition in Aussicht. Daraufhin drängte die Bundesparteispitze sie zum Rücktritt, weil sie sich mit dieser Positionierung gegen Bundeskanzler Nehammer gestellt habe.



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