Der Kreml und die Klimastiftung: Vorwürfe, Widersprüche und politische Grabenkämpfe

Die Klimastiftung MV sorgt im Landtag für Zündstoff: Rücktrittsforderungen an Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) werden laut, während die Oppositionsparteien Uneinigkeit zeigen. Epoch Times war bei der Sondersitzung für Sie vor Ort.
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Schloß Schwerin, der Sitz des Parlaments von Mecklenburg-Vorpommern.Foto: iStock
Von 22. März 2023

Seit Monaten steht Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) unter einem enormen Druck. Für immer neuen Zündstoff sorgen die Vorgänge um die Klimastiftung MV und einer möglichen Infiltration von russischer Seite. Sowohl im Bund als auch im Land wird immer wieder aus der Opposition der Rücktritt der Ministerpräsidentin gefordert. Am Nachmittag des 21. März wurde im Landtag hierüber debattiert, Epoch Times verfolgte die Debatte für Sie vor Ort.

Schwesig unter Druck: Rücktrittsforderungen und Klimastiftung MV

In der letzten Woche wies die SPD-Politikerin in einem Interview mit der „Schweriner Volkszeitung“ (SVZ) diese Rücktrittsforderungen zurück. Für einen Rückzug von der Spitze der Landesregierung gebe es „keinen Grund“, so Schwesig.

Ihren Kritikern warf die Ministerpräsidentin vor, mit Behauptungen und Unterstellungen „bis hin zu Verschwörungstheorien“ zu arbeiten. Nach den Worten Schwesigs waren Landes- und Bundesregierung, große Teile der Wirtschaft und auch der Bevölkerung für den Bau der zweiten Gasleitung, durch die weiteres russisches Erdgas nach Deutschland kommen sollte.

Als Reaktion auf die amerikanischen Sanktionsdrohungen gegen Unternehmen, die am Bau beteiligt waren, habe der Landtag die Landesregierung beauftragt, an der Fertigstellung der Ostsee-Pipeline festzuhalten und schließlich die Gründung der Klimastiftung MV beschlossen. Mit deren Hilfe wurde die Pipeline unter Umgehung der Sanktionsdrohungen auch fertiggestellt, nach Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine aber nicht in Betrieb genommen.

Die Rolle der Landes-CDU und die frühere Einigkeit

Tatsächlich versucht sich die Landes-CDU beim Thema Klimastiftung MV in die Büsche zu schlagen. Bis 2021 war die Partei der Regierungspartner der SPD und beide Parteien brachten damals zusammen die nun angegriffene Stiftung auf den Weg. Die Einhelligkeit des Beschlusses damals dokumentiert noch heute die Stimmung vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine. Sowohl die Regierungsparteien SPD und CDU als auch die Opposition aus AfD und Linke sprachen sich für die Stiftungsgründung aus. Selten erlebte man solche Einheit im Schweriner Schloss.

Mit dieser Einmütigkeit ist es aber seit dem März letzten Jahres vorbei. Die CDU möchte heute von ihrer Haltung damals nicht mehr sehr viel wissen. Inzwischen beschäftigt sich sogar ein Untersuchungsausschuss mit den Vorgängen rund um die Stiftung. Zusammen mit den 2021 neu in den Landtag gewählten Fraktionen FDP und Grüne beantragte der langjährige SPD-Koalitionspartner sogar eine Sondersitzung für den vergangenen Dienstag. Mit der Sitzung wollten die Parteien vor allem eine Änderung des Auftrags des Untersuchungsausschusses erreichen. Vor allem die Verbrennung von Steuerunterlagen durch eine Finanzbeamtin warf bei den Landtagsabgeordneten Fragen auf.

Hitzige Debatte: Gräben zwischen den Fraktionen vertiefen sich

Die Debatte am Dienstagnachmittag zeigte dann auch deutlich auf, wie breit die Gräben zwischen den einzelnen Fraktionen inzwischen geworden sind. Dass der eingereichte Antrag die nötige parlamentarische Mehrheit für die Erweiterung des Auftrags des Untersuchungsausschusses erhalten würde, war vorher klar. Die Zustimmung der drei einreichenden Fraktionen war dafür ausreichend. Die AfD stimmte ebenfalls für den Antrag. SPD und Linke enthielten sich. Die Debatte wurde trotzdem zu einer Wortschlacht, wie sie das Haus selten erlebt hat.

Kampagne auf dem Rücken der Menschen in MV

SPD-Fraktionschef Julian Barlen keilte scharf gegen die Opposition und nahm gleichzeitig Ministerpräsidentin Schwesig in Schutz. Immer wieder sprach der Fraktionschef von einer „Schmutzkampagne“. Gegen Mitte seiner Rede sagte Barlen dann in Richtung Antragsteller: „Verschwörungstheorien sind das Privileg der Rechtsaußenfraktion.“ Und blickte dabei auf die AfD.

Ähnlich äußerte sich dann später auch Manuela Schwesig. „Sie führen eine Kampagne auf dem Rücken der Menschen in MV. Sie schaden dem Ansehen des Landes“, so die Ministerpräsidentin. Abermals weist Schwesig alle Vorwürfe zurück, die Landesregierung habe sich damals vom Kreml steuern lassen. In Richtung CDU verweist die SPD-Politikerin noch einmal darauf, dass diese damals in der Regierung die Stiftung mitgetragen habe.

CDU-Fraktionsvorsitzender Liskow räumt Beteiligung ein

CDU-Fraktionsvorsitzender Franz-Robert Liskow bestreitet den Anteil seiner Fraktion an der damaligen Gründung nicht. Er möchte aber vom jetzt kritisierten wirtschaftlichen Bereich der Stiftung nichts gewusst haben. „Niemand hier im Landtag wird gewusst haben – und das gilt wahrscheinlich auch für die Kollegen von der SPD und den Linken –, was Sie mit der Stiftung eigentlich vorhatten, nämlich 165 Millionen Euro in den Ostseesand zu verbauen und Schiffe mit australischen Spezialisten zu organisieren“, so Liskow.

Grüne und FDP kritisieren Stiftungsgründung

Die Grünen-Abgeordnete Constanze Oelrich sprach von grundsätzlichen Dingen im Zusammenhang mit der Stiftung. „Die Pipeline wurde nicht aus wirtschaftlichen Gründen gebaut. Im Vordergrund standen geostrategische Gründe. Es ging darum, den Transit von Erdgas durch die Ukraine zu umgehen“, so Oelrich. Unterlagen zeigten neben anderen Versuchen der Einflussnahme auch, dass sich die Nord Stream 2 AG beispielsweise bemüht habe, Sitze im Kuratorium der Stiftung zu sichern.

FDP-Fraktionsvorsitzender Rene Domke knüpfte an den Redebeitrag der Grünen-Politikerin an. „Der Arm des Kreml reichte weit hinein.“ Domke spricht von einem „vorgetäuschten Hauptzweck“ der Stiftung – nämlich dem Klimaschutz. Die Stiftung hatte mit Millionenaufwand die Pipeline fertiggebaut. „Warum war es der russischen Seite plötzlich so wichtig, Seegraswiesen in der Ostsee zu pflanzen?“, fragt Domke auch mit Verweis auf große Umweltschäden in Russland und kommt zu dem Schluss: „Das waren knallharte Wirtschaftsinteressen.“

AfD verweist auf rechtliche Aspekte

Horst Förster von der AfD, lange Jahre Amtsgerichtsdirektor, verwies noch einmal auf die rechtliche Seite. Die Stiftung, so der ehemalige Richter, ließe sich nicht mehr ohne Rechtsbruch auflösen. Dann siege die Politik über den Rechtsstaat.

Alt-Ministerpräsident Erwin Sellering, der heute Vorsitzender der Klimastiftung MV ist, war gestern nicht anwesend. Vor wenigen Wochen hatte er sich ähnlich geäußert. Sellering kritisierte damals Landtag und Landesregierung, die trotz „Rechtswidrigkeit“ ihres Auflösungsbeschlusses an der Auflösung festhalten. Am vergangenen Montag warnte Sellering abermals vor einer geplanten Auflösung. „Rechtlich wäre es sehr riskant für einen Nachfolger, einen Auflösungsbeschluss zu fassen, obwohl genug Geld und Projektpartner da sind.“



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