AfD-Politiker Schaufert: „Der Glaube an das Gute im Menschen ließ mich bis zuletzt hoffen“

Der saarländische AfD-Landespolitiker Christoph Schaufert darf auf Beschluss des Trierer Generalvikars nicht mehr ehrenamtlich für seine Kirchengemeinde tätig sein – seiner Parteizugehörigkeit wegen. Die Epoch Times bat Schaufert um ein Interview.
Christoph Schaufert (r.) im Gespräch mit einem Parteikollegen (Archivbild).
Der saarländische AfD-Politiker Christoph Schaufert (r.) im Gespräch mit Christian Wirth, dem Landeschef der AfD-Saarland (Archivbild).Foto: Oliver Dietze/dpa
Von 19. April 2024

Der Generalvikar des Bistums Trier, Ulrich von Plettenberg, hat den saarländischen AfD-Landespolitiker Christoph Schaufert am 17. April 2024 aus dem Verwaltungsrat der katholischen Kirchengemeinde St. Marien in Neunkirchen ausgeschlossen. Nach Angaben von „Domradio.de“handelt es sich um den bundesweit ersten Fall, bei dem ein AfD-Spitzenpolitiker sein Kirchenamt verlor.

Die Mitgliedschaft in einem kirchlichen Gremium sei mit einem Engagement für die AfD nicht vereinbar, hieß es in einer Pressemitteilung des Bistums. Schaufert sei in einem persönlichen Gespräch nicht bereit gewesen, sich öffentlich „von extremistischen AfD-Positionen“ zu distanzieren. Dadurch erleide der Ruf der Gemeinde Schaden und der Vertrauensverlust sei „eklatant“. Schaufert sei daher nicht mehr tragbar. Von Plettenberg weiter:

Parteien, die rechtsextrem sind oder am Rande dieser Ideologie wuchern, können für uns Christen kein Ort der politischen Betätigung sein.“

Pfarrer schlug Entlassung vor

Das Ausschlussverfahren war von der Kirchengemeinde unter Pfarrer Bernd Seibel nach eigenen Angaben bereits im Februar 2024 angestrengt worden. „Der Kirchengemeinde wäre es lieber gewesen, Herr Schaufert würde sich von manchen politischen Ansichten seiner Partei distanzieren“, bedauerte Seibel die Angelegenheit in seiner Stellungnahme.

Auf schriftliche Anfrage der Epoch Times ließen sowohl Seibel als auch von Plettenberg über eine Sprecherin ausrichten, dass beide nicht für ein Interview zur Verfügung stünden. Christoph Schaufert war bereit, Fragen zu beantworten. Hier das schriftlich geführte Interview mit dem stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden im saarländischen Landtag:

Herr Schaufert, was halten Sie von der Entscheidung des Trierer Generalvikars Ulrich von Plettenberg, Sie aus dem Verwaltungsrat der Kirchengemeinde auszuschießen?

Herr Plettenberg, wohl in Rücksprache mit dem Trierer Bischof Stephan Ackermann, war Gefangener der wohlfeilen Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz – er, beziehungsweise sie, konnten einfach nicht anders.

Mehr enttäuscht bin ich vom Verwaltungs- und Gemeinderat St. Marien, der in Kenntnis meiner Person – ich befolge eine vollkommene Trennung zwischen Religion und Politik – und in Kenntnis dessen, dass mir auch keine Äußerung oder Handlung persönlich „nachgewiesen“ oder „zugeschrieben“ werden kann, grundlos den ganzen Prozess anstieß. Ich verweise hier gerne auf den Beitrag des „Saarländischen Rundfunks“ im „aktuellen bericht“ vom 17. April 2024. Ich denke, es wurde einfach für opportun erachtet, sich Beifall heischend an die Seite der „Guten“ zu stellen.

Ich hoffe, die katholische Kirche in Deutschland, das Bistum Trier sowie der Verwaltungs- und Gemeinderat St. Marien werden diese strikte Beachtung der katholischen Einstellung und Lehre auch umsetzen, wenn es um Abtreibungs„liberalisierung“ und Waffenlieferungen in Kriegsgebiete geht und Repräsentanten von Parteien, die dies unterstützen, ebenfalls zur Rechenschaft ziehen.

Wird sich auch Ihre Familie nicht mehr für die Kirchengemeinde engagieren oder engagieren können?

Die Entscheidung ist zu neu, um diese Frage jetzt beantworten zu können. Sie kam zwar nicht aus heiterem Himmel, ist aber vergleichbar mit einem Loskauf: Der Verstand sagt, du gewinnst nicht, aber insgeheim träumt man bis zur Ziehung der Zahlen vom großen Los. So auch hier. Für den Verstand war klar, was passieren würde, aber die Hoffnung und der immer noch vorhandene Glaube an das Gute im Menschen ließ mich doch bis zuletzt hoffen.

Wollen Sie nun überhaupt noch in der Kirche bleiben?

Über einen Kirchenaustritt hab’ ich bislang noch nicht ernsthaft nachgedacht.

Wie beurteilen Sie die offizielle Begründung für die Entscheidung?

Gefangen im Schnellschuss der Deutschen Bischofskonferenz.

Wie sehen Sie die Vorwürfe des Generalvikars, nach der Sie AfD-Positionen vertreten, die nicht mit einem christlichen Menschenbild in Einklang zu bringen wären?

Grundsätzlich ist es vor allem mein Problem, wie ich katholisch und Politik zusammenbekomme. Für die dabei unter Umständen entstehenden Spannungen werde ich schon meine Lösungen suchen, beziehungsweise finden, oder mir Rat suchen – aber nicht ungefragt. Ich vergleiche das Ganze mit einem Polizisten, welcher Abschiebungen durchführt.

Haben Sie sich schon entschieden, ob Sie gegen den Beschluss vorgehen werden?

Noch nicht endgültig. War ich gestern bei 50:50, bin ich heute eher bei 60:40, dass ich es tun werde.

Und was werden Sie dann unternehmen?

Den im Entlassungsschreiben aufgezeigten Weg gehen. [Anm. d. Red.: Es steht Christoph Schaufert frei, „innerhalb von zehn Tagen beim Bischof von Trier als zuständigem Ordinarius Beschwerde einlegen [sic]. Als zweite Instanz kommt ggf. das Klerusdikasterium im Vatikan zum Zuge“, wie es in der Pressemitteilung des Bistums heißt.]

Haben Sie bereits Reaktionen aus der Kirchengemeinde oder aus der Bevölkerung zu Ihrem Ausschluss erhalten?

Oh ja! Es gab ungeahnten Zuspruch und Solidaritätserklärungen. Es ist mit Sicherheit interessant, in ein paar Monaten im Bereich des Bistums Trier zu gucken, wie viele Kirchenaustritte es ab dem 17. April 2024 gab. Nach den Reaktionen könnte ich mir da einen kleinen statistisch signifikanten und erkennbaren Peak vorstellen.

Was überwiegt – Häme oder Bedauern?

Entsetzten darüber, was sich die Kirche einbildet. Und Häme. Verständnis für die Aktion: Null, Nada, Zero.

Haben Sie bereits Reaktionen aus den Reihen der AfD erhalten?

Die unterscheiden sich in keiner Weise von den Reaktionen der „Bevölkerung.“

Von welchen Positionen genau sollten Sie sich eigentlich während der Anhörung des Bistums Trier distanzieren – und warum haben Sie das abgelehnt?

Von diesen ganzen wachsweichen Unterstellungen gegenüber der AfD, wie sie im Beschluss der Bischofskonferenz prosaisch dargestellt sind.

Herr Schaufert, vielen Dank für Ihre Antworten.

Die Epoch Times fragte auch den AfD-Bundesverband und den AfD-Landesverband nach einer Stellungnahme. Bislang liegt noch keine Reaktion vor.

Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz als Fundament

Sowohl der Neunkirchener Pfarrer Seibel als auch der Trierer Generalvikar von Plettenberg hatten sich in ihren Äußerungen zum Ausschluss Schauferts auf eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz vom Februar 2024 gestützt. Nach Auffassung der Bischofskonferenz sind „völkischer Nationalismus und Christentum […] unvereinbar“.

Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte wenige Tage nach der Erklärung des katholischen Spitzengremiums davor gewarnt, „rechtsextreme Parteien einschließlich der AfD“ zu wählen. Die EKD-Ratsvorsitzende Kirsten Fehrs schlug vor, AfD-Wählern „sinnstiftende Alternativen“ anzubieten.

Seibel hofft auf Verständnis

Pfarrer Seibel betonte in seiner Stellungnahme, dass Schaufert niemals „die politischen Ansichten oder die Parteizugehörigkeit“ in seiner Arbeit für die Kirchengemeinde eingebracht habe – auch im pastoralen Rahmen nicht. Er dankte Schaufert für sein Engagement und hoffe, „dass er und seine Familie der Kirchengemeinde verbunden bleiben“. Denn es sei der Gemeinde nicht „um die Personen an sich, sondern um Darstellung und das Wahrnehmen außerhalb der Kirchengemeinde“ gegangen. Diese seien mit Leitungsfunktionen innerhalb der Kirche nicht vereinbar.

Bei aller „Tragik und Betroffenheit“ werde die Tür seiner Kirchengemeinde jedenfalls für das ehemalige Verwaltungsratsmitglied offen bleiben:

Die Kirchengemeinde setzt sich weiterhin mit Menschen auseinander, die extreme politische Ansichten haben, die unserem christlichen Glauben widersprechen. Wir wollen natürlich diese von unserem christlichen Menschenbild überzeugen: von einem Menschenbild, das sich an der christlichen Botschaft eines menschenliebenden Gottes orientiert,“ so Seibel.



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