De Maizière: „Sind Sie bereit, Ihren Söhnen zu sagen: Jetzt geht ihr und verteidigt euer Land“

In der ARD-Sendung „Maischberger“ äußerte Ex-Minister Thomas de Maizière erst Verständnis für „Veränderungsablehnung“ und „Belehrungsüberdruss“. Dann forderte er die Zuschauer dazu auf, ihre „Verteidigungsbereitschaft“ zu hinterfragen. Die Antworten dürften ihn kaum befriedigen.
Titelbild
Thomas de MaizièreFoto: Maja Hitij/Bongarts/Getty Images
Von 8. Mai 2024

Am Dienstagabend, 7. Mai, ging es in der ARD-Sendung „Maischberger“ unter anderem um Angriffe auf Politiker und Landtagswahlen im Osten. Themen waren jedoch auch der Bundeshaushalt und Waffenlieferungen für die Ukraine. Unter den eingeladenen Gästen fand sich unter anderem auch der ehemalige Bundesinnen- und -verteidigungsminister Thomas de Maizière.

De Maizière wider die „westliche Selbstermächtigungsattitüde“

Der in Bonn geborene, aber in Dresden lebende de Maizière schilderte zu Beginn, welche Gründe aus seiner Sicht den Ausschlag dafür geben, dass die AfD in Ostdeutschland eine anhaltend hohe Zustimmung zu verzeichnen habe. Er brachte in diesem Zusammenhang eine tief sitzende „Veränderungsablehnung“ sowie einen „Belehrungsüberdruss“ ins Spiel. Demgegenüber habe sich seit 1990 „im Westen nur die Postleitzahl“ geändert.

Von der Globalisierung über Lieferketten, Künstliche Intelligenz, den Krieg und das Heizungsgesetz bis hin zur veganen Ernährung stünden nun größere Veränderungen denn je ins Haus:

„Und da sagen viele: Ich bin nicht mehr bereit, irgendeine Veränderung vorzunehmen. Jeder, der von Veränderung redet, ist unten durch.“

Außerdem, so de Maizière, gebe es eine „westliche Selbstermächtigungsattitüde, den Ostdeutschen zu erklären, was gut und richtig“ sei. Obwohl dies oft nur gut gemeint sei, rufe dies „massiven Überdruss“ und „übertriebene Ablehnung“ hervor.

AfD-Stimmen als Reaktion auf Dysfunktionalität des Staates

Selbstkritisch sprach der frühere Minister auch eine „mangelnde Funktionstüchtigkeit dieses Staates“ an. Diese äußere sich beispielsweise in Bereichen wie Digitalisierung, Bildung, Sicherheit oder Migration. Dies alles und ein westlicher Habitus des „Ihr seid noch nicht so weit“ rufe jene Form von Reaktanz hervor, die sich in Stimmen für die AfD ausdrücke.

De Maizière hatte jedoch noch eine andere Botschaft. In der Sendung wandte er sich direkt an die Zuschauer und forderte diese auf, sich selbst die Frage nach der eigenen Verteidigungsbereitschaft zu stellen. Dazu äußerte er:

„Sind Sie bereit, Ihren Söhnen zu sagen: Jetzt geht ihr und verteidigt euer Land. Macht ihr das? Sind wir bereit, auch nachts Tiefflugübungen auszuhalten? Sind wir bereit, dass Panzer über Felder fahren? Sind wir bereit, dass ohne lange Anmeldungen Truppenverlegungen auf Autobahnen stattfinden? Das ist Verteidigungsbereitschaft.“

Ein Bundeswehrrekrut lernt den Einsatz des Sturmgewehrs G36. Foto: Sean Gallup/Getty Images

De Maizière zweifelt an Wehrbereitschaft der Bevölkerung

Als Beispiel für die Bereitschaft, in den Krieg zu ziehen – und ziehen zu lassen – nannte er Kinder israelischer Bekannte. Diese hätten sich nach dem Massaker der terroristischen Hamas am 7. Oktober des Vorjahres freiwillig für den Militärdienst gemeldet. Dass Deutschland – anders als Israel – allerdings von niemandem angegriffen wurde, erwähnte er in diesem Kontext nicht. Dafür übernahmen dies Nutzer sozialer Medien.

Dass ihm die Antworten auf die Fragen, die er gestellt hatte, möglicherweise nicht gefallen könnten, könnte de Maizière vorausgeahnt haben. Immerhin schob er seinen Ausführungen nach, er sei „froh, wenn das voranginge“.

Es gehöre, so fügte er hinzu, „nicht nur an sich selbst zu denken“. Ein bisschen mehr Altruismus und Opferbereitschaft für die gemeinsamen Werte „täte unserem Land ganz gut“.

Es gibt etwa 1500 Zeit- und Berufssoldaten sowie freiwillig Wehrdienstleistende weniger als ein Jahr zuvor.

Es gibt etwa 1.500 Zeit- und Berufssoldaten sowie freiwillig Wehrdienstleistende weniger als ein Jahr zuvor. Foto: Frank May/dpa

X-Nutzer wollen nicht für Ukraine Krieg führen

Auf X sahen das viele Nutzer etwas anders. Einige zweifelten daran, dass alle „Werte“, um die es dabei gehe, allen gemeinsam seien. Andere sahen sich mental nicht in ausreichender Weise eins mit der politischen Führung, um deren Mission notfalls mit der Waffe in der Hand zu unterstützen.

Auch bezüglich der Verteidigung der Errungenschaften der „Revolution der Würde“ in der Ukraine scheint die Begeisterung zwischen Regierenden und Regierten nicht immer deckungsgleich zu sein.

Gegenwind auch für Ex-Familienministerin Schröder

Aber auch im politischen Umfeld de Maizières selbst gab es Einwände bezüglich der Reichweite an Opferbereitschaft, die jedem Bürger zuzumuten sei. So gab sich seine frühere Ministerkollegin Kristina Schröder als Befürworterin einer Wiedereinführung der Wehrpflicht zu erkennen. Diese solle jedoch nicht für Frauen gelten – diese würden schon „Schwangerschaft leisten“.

In Deutschland ist die Geburtenrate von 2021 auf 2022 von 1,56 auf 1,48 gefallen. Im Vorjahr ging sie um weitere 6,2 Prozent zurück. Ohne Zuwanderung wäre sie noch niedriger.

Dagegen kam unter anderem der Einwand, dass das Gebären von Kindern keine Pflicht gegenüber dem Staat sei – und erst recht nicht erfolge, um diesen bei der bewaffneten Durchsetzung seiner Interessen zu unterstützen.

Der Arzt und BSW-Kandidat zum EU-Parlament, Dr. Friedrich Pürner, stellte die Sinnhaftigkeit einer Wiedereinführung der Wehrpflicht insgesamt infrage.



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