„Etikettenschwindel“ und „wertlose Beruhigungspille“: Kritik an Lauterbachs Krankenhausreform

Nachdem der Bundesrat den Vermittlungsausschuss angerufen hat, liegt eine Einigung vor. Ob diese im Interesse von Patienten und Kliniken ist, wird jedoch von großen Verbänden bezweifelt.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach musste bei der Bundesratssitzung am 24. November heftige Kritik einstecken. Foto: Gregor Fischer/Getty Images
Trotz einer Einigung im Vermittlungsausschuss ist die Kritik am neuen Krankenhaustransparenzgesetz nicht gänzlich ausgeräumt.Foto: Gregor Fischer/Getty Images
Von 26. Februar 2024

Das Tauziehen um das Krankenhaustransparenzgesetz scheint beendet. Wie das „Ärzteblatt“ berichtet, haben Bund und Länder ihren Streit um das Gesetz am späten Abend des 21. Februar beigelegt. Einer Beschlussfassung im Bundesrat stehe nichts mehr im Wege, hieß es. Doch noch immer regt sich Kritik.

Auf Twitter verkündete Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 22. Februar über die Einigung: „Das Transparenzgesetz für Krankenhäuser kommt endlich. Damit werden 2 Ziele erreicht: kein Krankenhaussterben 2024 und bald ein Klinikatlas, der zeigt, wo man regional besonders gut mit Krebs oder für neue Gelenke operiert werden kann. Ein Meilenstein.“

Über einen sogenannten „Transformationsfonds“ soll die Krankenhausreform finanziert werden. Dafür sollen ab dem Jahr 2025 für die nächsten zehn Jahre 50 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden, die sich Bund und Länder je zur Hälfte teilen. Der Bund will zur Finanzierung seines Anteils auf den Gesundheitsfonds zurückgreifen, der aus Geldern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gespeist wird, was wiederum für Wellen der Empörung sorgt.

Kritik am Gießkannenprinzip

„Ein Rückgriff auf Mittel der Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung wäre ein Etikettenschwindel“, kritisierte Stefanie Stoff-Ahnis vom GKV-Spitzenverband. Zudem sei der Nutzen für Patienten fraglich.

Stoff-Ahnis gibt zu bedenken, dass es nicht für alle Krankenhäuser an jedem Standort einen medizinischen Bedarf gebe. Dies zeige die geringe Belegung von Kliniken.

Deshalb ist es inhaltlich falsch und unnötig teuer für die Beitragszahlenden, dass diese veralteten Strukturen nach dem Gießkannenprinzip gefördert werden“, bemängelt der GKV-Spitzenverband.

Denn nichts anderes sei die geplante Erhöhung der sogenannten Landesbasisfallwerte, die eine wichtige Grundlage der Preise von Krankenhausleistungen bilden.

Nach Ansicht des Verbandes ist der Auf- und Umbau der gesundheitlichen Infrastruktur vielmehr eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Massiver Bürokratieaufwand

Auch für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) ist die Kritik am neuen Transparenzgesetz noch lange nicht ausgeräumt. Dabei wendet sich die Gesellschaft nach eigenen Angaben ausdrücklich nicht gegen den Aufbau eines zusätzlichen Transparenzportals, mit dem sich Patienten über die Leistungen der Kliniken informieren können. Denn Transparenz über Qualität sei wichtig und werde schon seit über 20 Jahren von der DKG gelebt. Ein entsprechendes Verzeichnis ist über www.deutsches-krankenhaus-verzeichnis.de bereits abrufbar.

Die Gesellschaft wendet sich vielmehr gegen „den jetzt beschlossenen massiven Zuwachs an Bürokratie durch die sinnlose Ausweitung von detaillierten Datenlieferungen“.

Wir brauchen unsere Beschäftigten am Patientenbett und nicht an den Computern im Stationszimmer“, so der DKG-Vorstandsvorsitzende Dr. Gerald Gaß.

Dass der Bund seinen Finanzierungsanteil aus dem Gesundheitsfonds entnehmen wolle, habe die Krankenkassen zu Recht irritiert. „Sollen nun die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen die Belastungen tragen, die eigentlich über Steuern, also auch von Privatversicherten und Beamten zu schultern sind?“, will Gaß wissen.

Keine Lösung für Kliniksterben

Außerdem sieht Gaß in der aktuellen Einigung keine Erleichterung für insolvente Kliniken. Im Gegenteil. „Angesichts der unübersehbaren wirtschaftlichen Notlage der Krankenhäuser hat die Mehrheit im Vermittlungsausschuss aus Bundesregierung und SPD-Ländern die Chance verpasst, der Insolvenzwelle in der Krankenhauslandschaft wirksam entgegenzutreten“, äußerte er.

In der bloßen Ankündigung der Erhöhung der Landesbasisfallwerte sieht er „eine wertlose Beruhigungspille für Krankenhäuser“. Weiterhin sei vollkommen unklar, „wie der sich täglich verschärfende kalte Strukturwandel gestoppt werden soll“.

Für Gaß liegt auf der Hand: „Ganz offensichtlich haben vor allem die SPD-Länder die Brisanz der Lage ihrer eigenen Krankenhauslandschaft noch immer nicht begriffen.“ Mit ihrer Zustimmung im Vermittlungsausschuss würden diese nun in ganz besonderer Weise Verantwortung für das Kliniksterben in Deutschland tragen.

„Nach wie vor müssen die Kliniken jeden Monat 500 Millionen Euro zuschießen, um die Patientenversorgung in Deutschland aufrechtzuerhalten“, heißt es in einer Pressemitteilung der DKG – „Geld, das viele Krankenhäuser längst nicht mehr haben“.  Mit der nun in Aussicht stehenden Anpassung würde dieser monatliche Fehlbetrag lediglich auf 490 Millionen reduziert.

Damit kann kein einziges Insolvenzverfahren gestoppt werden“, so Gaß.

Unklar sei nach wie vor, wann die Anpassung komme, inwieweit Landesbasisfallwerte und Psychiatriebudgets steigen und wie es in den nächsten Jahren weitergehe.

„Wenn aber diese Fragen nicht sehr kurzfristig beantwortet werden, wird sich der Optimismus des Bundesgesundheitsministers und der mit ihm im Vermittlungsausschuss verbündeten Länder, mit dem gestrigen Tag die Insolvenzwelle der Krankenhäuser stoppen zu können, sehr schnell in Luft auflösen“, warnt der DKG-Chef.

Aufgrund der Einigung im Vermittlungsausschuss ist zu erwarten, dass der Bundesrat der geplanten Krankenhausreform in seiner nächsten Sitzung zustimmt. Diese findet am 22. März statt. Die Tagesordnung wurde bisher nicht veröffentlicht.



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