Gutachten für EuGH bemängelt Dauer der Speicherung von Daten durch Schufa

Der EuGH könnte die Score-Praxis der Schufa schon bald für rechtswidrig erklären. Ein Gutachten bezweifelt deren Konformität mit der Datenschutzverordnung.
Das wohl bekannteste Unternehmen für Bonitätsauskünfte: die Schufa.
Das Unternehmen für Bonitätsauskünfte: die SCHUFA.Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn
Von 17. März 2023

Auf die Schufa könnten schon in absehbarer Zeit unfreiwillige Anpassungen ihres Geschäftsmodells zukommen. Derzeit liegen dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei Klärungsersuche deutscher Gerichte im Rahmen anhängiger Klagen vor. Es geht dabei um das Verhältnis des Scorings der Auskunftei zur Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSVGO).

Am Donnerstag, 16.3., hat Generalanwalt Priit Pikamäe in Luxemburg seine Schlussanträge präsentiert, berichtet der „Spiegel“. In diesen stützt er sich auf ein Gutachten, das erhebliche Zweifel an der Europarechtskonformität des Scorings durch die Schufa artikuliert.

Die Vergabe von Punkten, anhand derer sich die Kreditwürdigkeit bemesse, gehe nicht mit der DSVGO konform. Außerdem bemängelte das Gutachten die Speicherpraxis der Auskunftei.

Urteil erst in einigen Monaten erwartet

Das Gutachten ist rechtlich nicht bindend, allerdings ist die Neigung des EuGH, sich den Einschätzungen des Generalanwalts anzuschließen, erfahrungsgemäß hoch. Im ersten Anlassfall geht es um die Forderung eines Klägers an die Schufa, einen Eintrag zu löschen. Darüber hinaus begehrt er Zugang zu den über ihn gespeicherten Daten.

Der Kläger hatte sich zuvor vergeblich um einen Kredit bemüht. Die Schufa teilte ihm seinen Score-Wert und allgemeine Informationen, aber keine Details zur Berechnung mit. Diese betrachtet die Auskunftei als Betriebsgeheimnis. Sie verweigert nähere Auskünfte nach eigenen Angaben, um mögliche Manipulationen zu verhindern. Der Bundesgerichtshof billigte bereits vor einigen Jahren diese Praxis.

Scoring der Schufa allein darf nicht entscheiden

Allerdings geht der Gutachter des EuGH nun davon aus, dass das Scoring als solches datenschutzrechtlich problematisch sei. Der Verordnung zufolge dürfen Entscheidungen, die für Betroffene rechtliche Wirkungen entfalten, nicht allein auf einer automatisierten Verarbeitung von Daten erfolgen.

Dies gelte auch, wenn die endgültige Entscheidung nicht die Schufa selbst, sondern Dritte wie die Bank aufgrund des Score-Werts träfen. Die automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts über die Kreditwürdigkeit darf demnach nicht die einzige Grundlage für deren Einschätzung sein.

Im zweiten Fall, über den der EuGH eine Vorabentscheidung treffen soll, geht es um die zulässige Dauer der Speicherung von Daten bezüglich einer Restschuldbefreiung. Diese steht am Ende eines erfolgreich durchgeführten Verbraucherinsolvenzverfahrens. Während Insolvenzgerichte Informationen über dessen Durchführung öffentlich machen, löschen sie diese ein halbes Jahr nach Verfahrensabschluss.

Speicherungsdauer muss möglicherweise angepasst werden

Die Schufa speichert solche Daten hingegen drei Jahre lang. Betroffene betrachten dies als Behinderung ihrer Rückkehr in ein normales Wirtschaftsleben. Vor dem Bundesgerichtshof ist eine Klage anhängig, in der es darum geht, inwieweit eine private Auskunftei über das gerichtliche Verfahren hinaus Daten speichern und verwenden darf.

Das Gutachten des Generalanwalts für den EuGH hält die Länge der Speicherungsdauer für rechtswidrig. Das Ziel der Restschuldbefreiung würde durch diese Praxis vereitelt. Folgt der EuGH der Einschätzung, wird die Schufa Informationen über Verbraucherinsolvenzen nicht länger speichern dürfen als die dafür zuständigen Insolvenzgerichte.

ÖPNV-Unternehmen holen Auskünfte vor Aboverträgen

Die Schufa (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung) ist eine Auskunftei, die Informationen über Verbraucher sammelt. In Form von Bonitätsbewertungen oder Scores gibt sie diese an ihre Kunden weiter.

Diese Kunden sind in der Regel Unternehmen, die beispielsweise Kreditvergaben oder Vertragsabschlüsse mit Verbrauchern durchführen. Sie wollen durch das Einholen von Auskünften das Risiko eines Zahlungsausfalls minimieren.

Zu den regelmäßigen Kunden der Schufa gehören Banken, Telekommunikationsdienste, Energieversorger oder Versandhäuser. Aber auch die Deutsche Bahn oder regionale Verkehrsverbünde fragen im Zusammenhang mit Abonnements häufig Schufa-Scores ab. Dies soll auch im Zusammenhang mit dem geplanten 49-Euro-Ticket der Fall sein.

Öffentlich zugängliche oder freiwillig überlassene Daten

Zu den Informationen, die die Schufa sammelt, gehören neben allgemeinen persönlichen Daten auch Angaben zu laufenden und abgeschlossenen Kreditverträgen und Ratenzahlungen. Die Auskunftei sammelt zudem Informationen zu Kreditanfragen oder der Anzahl vorhandener Konten und Kreditkarten.

Mögliche negative Einträge, die den Score-Wert beeinflussen, sind Mahnbescheide, eidesstattliche Versicherungen oder Insolvenzen. Die Schufa erhebt zudem noch Daten wie beispielsweise Handelsregisterdaten, Schuldnerverzeichnisse oder Strafregisterauskünfte.

Die Daten stammen entweder aus öffentlich zugänglichen Quellen oder Partner wie Banken, Telekommunikationsunternehmen, Versicherungen oder Inkassounternehmen stellen sie freiwillig zur Verfügung. Die Schufa ist gesetzlich verpflichtet, die Daten regelmäßig auf ihre Richtigkeit und Aktualität zu überprüfen. Gegebenenfalls hat sie diese zu korrigieren oder zu löschen.

Schufa: „Geoscoring spielt nur in absoluten Ausnahmen eine Rolle“

In den vergangenen Jahren berichteten Medien, dass Schufa-Auskünfte in einigen Fällen auch Personen den Weg zu Vertragsabschlüssen versperrt hätten, deren eigene Bonität unstrittig wäre. In diesem Zusammenhang war beispielsweise die Rede vom „Geoscoring“. Diesem zufolge seien bestimmte Adressen oder Wohngebiete aufgrund einer Häufung negativer Einträge sozusagen kollektiv „gebrandmarkt“.

Die Schufa erklärt dazu, dass sie standardmäßig keine Daten einer Wohngegend für das Scoring verwendeten. „Lediglich in wenigen Ausnahmefällen“ greife man überhaupt auf Adressdaten zurück – „nämlich, wenn uns zu einer angefragten Person keinerlei relevante Informationen vorliegen“. Dies gelte zudem nur im Bereich des Onlinehandels.

Das betrifft gerade mal 0,3 Prozent aller Berechnungen.“



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