Landratswahl Saale Orla: CDU-Kandidat Herrgott zieht an AfD-Bewerber Thrum vorbei

Der Kandidat der AfD um das Amt des Landrats im thüringischen Landkreis Saale-Orla, Uwe Thrum, konnte heute seinen Vorsprung in der Stichwahl nicht halten. Der CDU-Kandidat Christian Herrgott setzte sich mit 52,4 Prozent durch.
Gehen bei der Landratswahl im Saale-Orla-Kreis am 28. Januar in eine Stichwahl: AfD-Kandidat Uwe Thrum und CDU-Politiker Christian Herrgott.
In der Stichwahl um das Landratsamt im thüringischen Landkreis Saale-Orla konnte AfD-Kandidat Uwe Thrum seinen Vorsprung gegen Christian Herrgott (CDU) nicht halten.Foto: Martin Schutt/dpa
Von 28. Januar 2024

Nach einem langen Kopf-an-Kopf-Rennen hat sich der Bundeswehroffizier Christian Herrgott in der Stichwahl um das Landratsamt im thüringischen Landkreis Saale-Orla gegen seinen AfD-Gegenkandidaten durchsetzen können.

Der Tischlermeister Uwe Thrum kam dem vorläufigen Ergebnis zufolge auf 21.364 Stimmen und 47,6 Prozent. Er sitzt seit 2019 aufgrund eines Direktmandats im Wahlkreis Saale-Orla I für die AfD im Landtag. Demgegenüber entfielen auf Herrgott 23.534 und 52,4 Prozent. Er ist amtierender Generalsekretär der Thüringer CDU – und hatte 2019 das Direktmandat für den Landtag im Wahlkreis Saale-Orla II geholt.

Seit 2012 hatte der CDU-Politiker Thomas Fügmann das Amt des Landrats inne. Aus Altersgründen war ihm eine erneute Kandidatur nicht mehr gestattet.

Bereits im ersten Wahlgang hohe Beteiligung noch weiter angestiegen

Nach dem ersten Wahlgang hatte Thrum mit einem komfortablen Vorsprung in Front gelegen. Er kam auf 45,7 Prozent, was einen Vorsprung von mehr als zwölf Prozent gegenüber Herrgott bedeutete, der auf 33,3 Prozent gekommen war.

Die parteilose Kandidatin Regina Butz war vor zwei Wochen auf 14,2 Prozent gekommen. Sie ist unter anderem als Geschäftsleiterin des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Saale-Orla tätig. Ihre Kandidatur war unter anderem von der SPD unterstützt worden.

Mit 6,9 Prozent landete der frühere Bürgermeister von Blankenstein und Landtagsabgeordnete Ralf Kalich dahinter. Er war für die Linkspartei angetreten. Beide ausgeschiedene Kandidaten hatten zur Wahl Herrgotts aufgerufen.

Mehr als 66.000 Wahlberechtigte waren aufgerufen, sich an der Stichwahl zu beteiligen. Bereits der erste Wahlgang hatte mit 65,5 Prozent einen deutlich höheren Anteil der Stimmberechtigten an die Urne geholt als 2018. Damals hatte nur etwa ein Drittel der wahlberechtigten Bürger seine Stimme abgegeben. Auch deshalb hatten Experten nicht damit gerechnet, dass zur Stichwahl ein nennenswerter Mobilisierungsschub stattfinden würde. Allerdings hatte dieser am Ende doch stattgefunden. Die Beteiligung an der Stichwahl lag bei 68,6 Prozent.

Landkreis durch unterdurchschnittliche Einkommen und hohe Abwanderung gekennzeichnet

Der Landkreis rund um die Kreisstadt Schleiz ist nach dem Wartburgkreis und dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen flächenmäßig der drittgrößte im Freistaat. Deutschlandweit zählt er zu den Landkreisen mit den niedrigsten Bruttoeinkommen. Dazu kommen eine erhebliche Überalterung und Abwanderung. Seit dem Jahr 1994 ist die Zahl der Einwohner des Landkreises von 103.000 auf 79.000 zurückgegangen.

Eine Großkundgebung „gegen Rechts“ hatte es im Landkreis nicht gegeben. Einige Ortsbürgermeister und karitative Verbände hatten in einem offenen Brief zur Beteiligung an der Wahl aufgerufen. Darin gab man der Sorge um ein „fruchtbares Miteinander“ Ausdruck. Um die großen Aufgaben zu lösen, brauche es einen Landrat „mit Sachverstand“, der „Probleme vor Ort ohne Feindbilder“ lösen könne. Auch der scheidende Landrat unterschrieb den Brief.

Herrgott musste Mobilisierungsprobleme auf der Linken befürchten

Im Vorfeld war man davon ausgegangen, dass Herrgott kein Kandidat sein könne, der linke Wähler scharenweise an die Urne holen könne – selbst bei einem Gegenkandidaten aus der AfD. Bessere Schulen und Turnhallen versprachen beide Kandidaten. Herrgott warb jedoch unter anderem in einer Anzeige mit einem Nein zum Bürgergeld und Forderungen nach „konsequentem Abschieben“. Auch Windkraft im Wald wollte er verhindern.

AfD-Kandidat Thrum hatte diese Positionen ebenfalls im Repertoire. Er gab sich im Wahlkampf als Unterstützer der protestierenden Bauern, sprach sich gegen eine übergriffige Klimapolitik aus und warb für Frieden und Normalität gegenüber Russland. Außerdem nahm er für sich in Anspruch, von vornherein gegen die Corona-Politik eingetreten zu sein.

Nach Auszählung der ersten Stimmkreise lag Herrgott noch deutlich in Front. Bei etwa einem Fünftel der 154 Wahllokale wendete sich das Blatt zugunsten von Thrum. Anschließend lagen die Kandidaten lange Zeit Kopf an Kopf. Phasenweise trennten sie nur wenige Stimmen. Nach etwa zwei Dritteln der ausgezählten Wahllokale riss Herrgott erneut die Führung an sich.

Insgesamt erhielt Thrum um 1.753 Stimmen mehr als im ersten Wahlgang. Mit Blick auf die Massendemonstrationen gegen die AfD hatte der Politologe Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen davon gesprochen, dass diese einige AfD-Wähler in die Nichtwahl oder zurück in die Mitte bewegen könnten. Dies hat sich am Sonntag, 28. Januar, nicht bewahrheitet. Allerdings war die Mobilisierung der Gegner effektiver. Dazu könnte die öffentliche Debatte beigetragen haben.

Gemischte Bilanz der AfD in jüngsten Stichwahlen um Verwaltungsämter

Bereits im Juni vergangenen Jahres hatte der AfD-Politiker Robert Sesselmann im thüringischen Kreis Sonneberg die Landratsstichwahl gewonnen. Damit wurde er zum ersten AfD-Politiker, der ein oberstes Verwaltungsamt bekleiden konnte. Seit Dezember 2023 hat die laut Verfassungsschutz in Sachsen und Thüringen „gesichert rechtsextremistische“ Partei auch einen Oberbürgermeisterposten im sächsischen Pirna inne.

Gescheitert waren die AfD-Kandidaten 2023 hingegen in den Stichwahlen um das Amt des Landrats im thüringischen Mühlhausen und um das Oberbürgermeisteramt in Bitterfeld-Wolfen (Sachsen-Anhalt).

Konkrete Einflussmöglichkeiten eines Landrats sind begrenzt

Die Einflussmöglichkeiten eines Landrats sind verhältnismäßig gering. Er muss in nicht weniger als 80 Bereichen Aufgaben der Landes- wie auch der Bundesverwaltung im „übertragenen Wirkungskreis“ ausführen. Dazu ist er unabhängig davon verpflichtet, ob er diese für sinnvoll hält oder nicht.

Allerdings kann ein Landrat beispielsweise anordnen, dass mehr Asylbewerber in dazu bereiten Privatunterkünften, Turnhallen oder Zelten Obdach finden. Auch gibt es einen Spielraum, wenn es darum geht, Leistungen als Geld- oder Sachleistungen auszubezahlen. Die Bundesregierung hatte den Ländern und Kommunen zuletzt mehr Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Bereich in Aussicht gestellt.

Kaum eigenen Einfluss hat ein Landrat hingegen auf Abschiebungen und die Errichtung von Windrädern, über die Planungsgemeinschaften entscheiden.



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