Lauterbachs Hitzeschutzplan schreitet voran – politische Aktionen für steigende Temperaturen

Kühle Orte an heißen Tagen sind Mangelware. Die Politik will Abhilfe schaffen.
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Wenn die Temperaturen klettern, kommt man ganz schön ins Schwitzen.Foto: iStock
Von 6. April 2024

„Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?“, fragte 1975 der niederländische Showmaster Rudi Carrell im gleichnamigen Lied. Auch heute ist diese Frage relevant – nicht nur für die persönlichen Urlaubspläne, sondern auch in der Politik. Vielerorts werden derzeit Hitzeaktionspläne geschmiedet.

Bereits im Jahr 2017 wurde vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorensicherheit eine Handlungsempfehlung herausgegeben, angelehnt an Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Prävention gegen Hitzeauswirkung auf die Bevölkerung.

„Ziel eines Hitzeaktionsplans ist, mittels Verhaltens- und verhältnispräventiver Maßnahmen die Hitze- und – soweit mit den gleichen Maßnahmen möglich – die UV-Exposition zu reduzieren, um hitze- und UV-bedingten Erkrankungen und möglichen Todesfällen vorzubeugen“, heißt es in der Handlungsempfehlung.

2023 legte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 28. Juli einen ersten konkreten Hitzeschutzplan des Ministeriums vor – und zwar zu einer Zeit, in der das Wetter seine Maßnahmen ad absurdum führte. Sommerlichen Höchsttemperaturen folgte wechselhaftes Wetter mit zum Teil kräftigem Regen und Gewittern. Für viele Menschen war ohnehin klar: Bei Hitze sucht man sich Schatten und muss mehr trinken.

Auch eine Meldung des Statistischen Bundesamtes ließ Zweifel an der Verhältnismäßigkeit von Hitzeschutzplänen aufkommen. Während das Robert Koch-Institut von „signifikanten hitzebedingten Sterbefällen“ der Jahre 2018 bis 2020 sprach und im Jahr 2022 rund 4.500 Todesfälle geschätzt wurden, hieß es in einer Pressemitteilung vom 28. Juni 2023 vom Statistischen Bundesamt Wiesbaden:

Hitzschläge, Sonnenstiche und andere durch Hitze oder Sonnenlicht verursachte Schäden [führten] im Durchschnitt der Jahre 2001 bis 2021 zu knapp 1.500 Krankenhausbehandlungen jährlich. Als direkte Todesursache lässt sich Hitze bei durchschnittlich 19 Fällen pro Jahr allerdings selten feststellen.“

Doch für Lauterbach stand fest, das Land braucht Hitzeaktionspläne. „Langfristig wollen wir uns aber auch strukturell besser aufstellen. Dafür werden wir uns im Herbst zu einer Statuskonferenz zusammenfinden, um uns für den Sommer 2024 zu rüsten“, erklärte er damals.

Kühle Orte für heiße Tage

Inzwischen gibt es etliche Maßnahmen, die in Hitzeaktionsplänen der Städte verankert sind, wie schattige Grünanlagen, Wasserspielplätze und klimatisierte Gebäude. In Stuttgart kam im Juli 2022 erstmals der gekühlte Hitzebus zum Einsatz und rollt seither an heißen Tagen, um hilfsbedürftige Menschen mit Wasser und Sonnenschutz zu versorgen.

Das Bundesumweltministerium finanziert anlässlich der Fußball-Europameisterschaft im Rahmen der EURO-Trinkbrunnen-Kampagne „Ein Spiel – ein Brunnen“ bis Sommer 2024 die Installation von 51 öffentlichen Trinkwasserbrunnen bundesweit. Die Standorte wurden aus knapp 700 Bewerbungen ausgelost. Der Gewinn: 15.000 Euro für Kauf, Bau, Wartung und eine mindestens fünfjährige Betriebszeit des Trinkbrunnens an einem öffentlich zugänglichen, viel frequentierten Ort.

Auch Städte wie Hannover, Dresden, Mainz und Erfurt setzen auf die Errichtung neuer Trinkwasserbrunnen, wie dpa bei einer Umfrage in den deutschen Landeshauptstädten in Erfahrung brachte. In Düsseldorf gibt es bei Sportveranstaltungen Nebelduschen. Wegen Wasserverschwendung und mangelnder Hygiene sehen die Städte München, Bremen, Dresden und Kiel von solchen jedoch ab.

Zudem werden Karten mit einem Überblick über kühle Orte in der Stadt erstellt. In Hannover werden zudem viele Einrichtungen finanziell unterstützt, damit sie Obdachlose mit Trinkwasser, Sonnenschutz und Hygieneartikeln versorgen können. Des Weiteren dürfen Obdachlose bei hohen Außentemperaturen Tunnelstationen zur kurzfristigen Abkühlung nutzen. In Düsseldorf stehen auf der Planungsliste neben Trinkbrunnen unter anderem die Begrünung der Stadt sowie Verschattungsmaßnahmen.

In Hamburg wird laut der Sozialbehörde ein Hitzeaktionsplan derzeit erarbeitet. Auch Magdeburg, Dresden, Mainz, Wiesbaden, Potsdam und Kiel befinden sich bei den meisten Anliegen noch in der Planungsphase. In Berlin soll ein Hitzeaktionsplan erst ab Mitte 2024 erarbeitet werden. Beschließen will ihn der Senat erst im kommenden Jahr.

Gefühlte Temperatur ausschlaggebend

Doch wann ist es warm, wann ist es kalt? Das Temperaturempfinden ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. In der Meteorologie wird die „gefühlte Temperatur“ – eine Messgröße, die für Hitzewarnungen entscheidend ist – am sogenannten „Klima-Michel-Modell“ berechnet. Der „Klima-Michel“ ist eine etwa 35-jährige Person mit einer Größe von 1,75 m und einem Gewicht von 75 kg. Sein Wärmehaushalt ist im Wesentlichen von Luftfeuchte, Sonneneinstrahlung und Windgeschwindigkeit abhängig.

„Bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind liegt die gefühlte Temperatur unter der Lufttemperatur, Sonneneinstrahlung und schwacher Wind lassen die gefühlte Temperatur über die Lufttemperatur ansteigen“, erklärt der Deutsche Wetterdienst (DWD).

Diese gefühlte Temperatur wird einem bestimmten Bereich zugeordnet, in dem man sich wohlfühlt, also einem „Behaglichkeits- oder Komfortbereich“. Ist es kälter oder wärmer, leidet der Mensch unter Kältestress oder Wärmbelastung. „Je weiter sich die gefühlte Temperatur vom Komfortbereich entfernt, umso stärker werden Herz, Kreislauf und periphere Blutgefäße belastet“, so der DWD.

Laut Deutschem Wetterdienst werden Hitzewarnungen herausgegeben, wenn für mindestens zwei aufeinanderfolgende Tage „eine starke Wärmebelastung vorhergesagt wird und eine ausreichende nächtliche Auskühlung der Wohnräume nicht mehr gewährleistet ist“. Eine solche liegt vor, wenn die sogenannte gefühlte Temperatur am frühen Nachmittag bei etwa 32 °C oder darüber liegt. Bei über 38 °C spricht man von extremer Wärmebelastung.

Wie gehe ich mit Hitze um?

Auch ohne politische Vorgaben gibt es einfache Verhaltensregeln, um mit Hitzestress klarzukommen. In erster Linie gilt es nicht nur, sprichwörtlich einen kühlen Kopf zu bewahren. Sonnenhut oder Basecap beugen einem Hitzschlag vor und sind vor allem für kleine Kinder in der prallen Sonne unerlässlich.

Sportliche Aktivitäten sollten in die Morgen- oder Abendstunden verschoben werden. Viel Trinken heißt die Devise, vor allem mineralstoffhaltige Getränke. Alkohol und eiskalte Getränke hingegen sollten vermieden werden.

Zur Mittagszeit ist es ratsam, sich im Schatten aufzuhalten. Hilfreich ist es auch, Räume tagsüber mit Jalousien, Rollläden oder Vorhängen abzudunkeln. Solange die Außentemperatur unterhalb der Zimmertemperatur liegt, können Fenster zum Lüften geöffnet werden, vor allem nachts oder in den frühen Morgenstunden.

Besondere Achtsamkeit gilt gegenüber gefährdeten Personen wie alten Menschen, Kranken und Kindern, die sich selbst nicht helfen können.

(mit Material von Agenturen)



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