Medizinischer Leiter spricht über Zustände in Asylunterkunft – jetzt wurde er gekündigt

Der Ex-Leiter des medizinischen Bereichs in der Erstaufnahmeeinrichtung Fürstenfeldbruck, Dr. Kainzinger, sprach trotz unterzeichneter Verschwiegenheitserklärung mit den Medien über die angespannte Situation in der Flüchtlingsunterkunft. Offenbar wurde er dafür jetzt gekündigt.
Titelbild
Symbolbild: Asylbewerber werden in Erstaufnahmeeinrichtungen medizinisch betreut.Foto: John Moore/Getty Images
Epoch Times18. Mai 2018

Dr. Werner Kainzinger hat als Arzt in den letzten vier Jahren seine Fachwissen in den Aufbau der medizinischen Versorgung in der Ertsaufnahmeeinrichtung (EAE) Fürstenfeldbruck (Bayern) eingebracht.

Jetzt kündigte der medizinische Dienstleister MKT, der im Auftrag der Bundesregierung engagiert wurde, seinen Vertrag mit 68-jährigen Arzt. Hintergrund ist offensichtlich, dass er sich kritisch zu den Zuständen innerhalb der EAE gegenüber „Focus“ äußerte.

In den vergangenen Wochen gab es in der EAE Fürstenfeldbruck immer wieder Spannungen. Polizeikräfte und der Wachdienst mussten mehrfach in Auseinandersetzungen zwischen den untergebrachten Asylbewerbern eingreifen. Es kam auch zu Demonstrationen der Asylbewerber in der Innenstadt, die teilweise gewaltsam aufgelöst werden mussten.

Kainzinger berichtet von den angespannten Verhältnissen in der EAE

Dr. Kainzinger beschrieb dem „Focus“ unter anderem die angespannte Atmosphäre in dem Lager. Er verwies auf die aus seiner Sicht zu hohe Belegung und plädierte für Abschiebungen am Tage, um den psychischen Druck für die Bewohner zu minimieren.

Der Arzt hatte in den Gesprächen mit dem „Focus“ erklärt, dass er eigentlich nicht mit der Presse sprechen dürfe, aber trotzdem zitiert werden wolle.

Wie alle in der EAE beschäftigten Ärzte, unterschrieb auch Kainzinger eine Verschwiegenheitsverpflichtung beim medizinischen Dienstleister MKT.

Der „Focus“ zitierte eine kritische Stelle aus dem Schreiben: „Ich verpflichte mich hiermit, über alle mir bei meiner Tätigkeit bekannt werdenden Informationen sowohl während als auch nach Beendigung meines Arbeitsverhältnisses (…) in den Objekten des Auftraggebers Stillschweigen zu bewahren.“

Dr. Kainzinger empfand diese Passage als „Maulkorb“. „Ich habe schon vorher dagegen protestiert, weil es für mich einer Demokratie unwürdig ist, dass man kritische Stimmen mundtot machen will. Ich sehe aber meine Aufgabe auch darin, mich den Fragen, die es vor Ort gibt, zu stellen und ich lasse mir den Mund nicht verbieten“, so der Arzt.

Da er an seiner Tätigkeit als Arzt hing, unterschrieb er dennoch die Vereinbarungen.

Regierungsbehörde legte MKT die Kündigung Kainzingers nahe

MKT-Abteilungsleiter Stephan Höllmüller berichtete dem „Focus“ auf Nachfrage: die Regierung von Oberbayern habe sich bei seinem Unternehmen gemeldet und ihm „nahegelegt“, die Zusammenarbeit mit Kainzinger zu beenden.

Man habe mit dem Arzt vor seiner Kündigung gesprochen und ihn gebeten, zukünftig auf Gespräche mit der Presse zu verzichten. Der habe sich aber uneinsichtig gezeigt, so Höllmüller. „Und wenn sich jemand nicht an die Spielregeln hält, dann müssen wir reagieren.“

Dr. Kainzinger behauptet jedoch, dass er ohne Vorwarnung entlassen worden sei. Am 20. April bekam Werner Kainzinger dann eine E-Mail vom MKT, worin es heißt, „aufgrund einer Beschwerde seitens der Regierung von Oberbayern“ werde man ihn „ab sofort“ nicht mehr einsetzen.

Daraufhin bat Kainzinger schriftlich um Auskunft über die „Beschwerde“. Der MKT-Abteilungsleiter Höllmüller teilte ihm knapp mit: „Es geht darum, dass Sie sich entgegen unseres mit der RegOBB bestehenden Vertrags gegenüber der Presse zu den `Zuständen in der EAE` geäußert haben.“

Verschwiegenheitserklärung stammt vermutlich von der Regierungsbehörde

Was auffällig ist, ist, dass die Verschwiegenheitserklärung nicht etwa den Kopf des Dienstleisters, also MKT, trägt, sondern den der Regierung von Oberbayern. War es also eigentlich eine Abmachung mit der Regierungsbehörde, die Kainzinger unterschrieb und war sie auch für die Sanktion zuständig? „Nein“, sagt der Sprecher der oberbayerischen Regierung, Martin Nell, zum „Focus“.

„Es geht um eine Vereinbarung zwischen dem MKT und Herrn Kainzinger: Was zwischen diesen Parteien passiert, bewerten wir nicht.“ Tatsache sei aber, dass man dem MKT wie auch anderen Auftragnehmern die Vorgabe erteilt habe, dass Presseauskünfte nur durch die Regierung von Oberbayern erfolgen dürfen, so Nell.

Derartige Regelungen seien „nicht ungewöhnlich und finden unseres Wissens bei vielen Verträgen Anwendung, auch zwischen rein privatwirtschaftlichen Unternehmen“, so der Sprecher weiter.

Die Regierungsbehörde bezichtigt damit den Dienstleister der Lüge: Weder habe die oberbayerische Regierung den MKT auf die Äußerungen von Kainzinger gegenüber „Focus“ aufmerksam gemacht, noch habe man das Unternehmen dazu aufgefordert, „vertragsrechtliche Konsequenzen“ zu ziehen.

Kündigung sieht nach einem angestrebten „Schlussstrich“ der Regierungsbehörde aus

Da es bereits vorher Konflikte zwischen Dr. Kainzinger und der Regierungsbehörde gab, wirkt die Kündigung wie ein „Schlusspunkt“ eines schon Monate währenden Konfliktes, schlussfolgert der „Focus“.

Dr. Kainzinger sagt: Die Regierungsbehörde habe ihm und weiteren Ärzten Rechnungen gekürzt, rund 6.000 Euro seien noch offen. Die Regierungsbehörde wirft Kainzinger und seinen Kollegen jedoch vor, sich eigenmächtig über eine Stundenbegrenzung hinweggesetzt und überhöhte Rechnungen gestellt zu haben.

Dr. Kainzinger sagt aber: „Nachdem die Bewohnerzahlen lange zurückgegangen waren, sind sie im Herbst 2017 plötzlich schlagartig gestiegen. Um die Versorgung sicherzustellen, mussten wir die Sprechstunden ausweiten. Und in unserem Vertrag mit der Regierung gab es keine Begrenzung.“

Der Abteilungsleiter der MKT Höllmüller wirft Dr. Kainzinger nun vor, die Behörden wegen den Rechnungen „erpresst“ zu haben. Kainzinger soll damit gedroht haben, medizinisches Gerät aus dem Flüchtlingslager abzuziehen oder an die Presse zu gehen, wenn die Rechnungen nicht bezahlt würden.

Dr. Kainzinger gibt dies teilweise zu, sagt aber auch: „Dies als Erpressung zu werten, ist schon starker Tobak. Die Geräte stehen bis heute dort und ich verzichte auch auf das Geld. Ich bin enttäuscht und es schmerzt, so rausgeworfen zu werden. Schließlich habe ich da alles mitaufgebaut. Aber ich stehe zu meinen Äußerungen.“ (er)



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