„Missachtung haushaltspolitischer Prinzipien“: Bundesrechnungshof rügt Versäumnisse bei Corona-Finanzhilfen

Nicht nur das Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts setzt im Moment die Bundesregierung unter Druck. Auch der Bundesrechnungshof übt Kritik an der aus seiner Sicht falschen Konstruktion der Corona-Hilfen für Unternehmen. Bis zu 32 Milliarden hätte der Bund sparen können. Anstatt aus dem Fehler zu lernen, wiederholte er diesen wieder in der Energiekrise.
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Während der Coronapandemie mussten viele Geschäfte schließen.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 9. Dezember 2023

Die Bundesregierung steht unter Druck: Seit dem Haushaltsurteil des Verfassungsgerichts versucht die Koalition einen Ausweg aus der entstandenen Haushaltskrise zu finden. Nun kommt Kritik an weiteren Ausgaben hinzu: Es geht um die Finanzhilfen während der Corona-Pandemie.

Um die Folgen des Shutdowns abzumildern, stellte die damalige Regierung von Union und SPD den Unternehmen rund 78 Milliarden Euro bereit. Dabei missachtete sie allerdings maßgebliche haushaltspolitische Prinzipien. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des Bundesrechnungshofs.

Länder aus Verantwortung entlassen

„Obwohl die Wirtschaftsförderung regelmäßig in der Zuständigkeit der Länder liegt, hat der Bund die Länder faktisch aus der Finanzierungsverantwortung entlassen“, schreiben die obersten Rechnungsprüfer. Der Bund habe die Corona-Hilfen seinerzeit fast allein finanziert. Dazu habe es damals frühzeitige Warnungen gegeben. Diese wurden aber offensichtlich ignoriert und die Regierung hat daraus nichts gelernt. „In der jetzigen Energiekrise hat der Bund es erneut versäumt, die Länder angemessen an den Wirtschaftshilfen zu beteiligen“, kritisiert der Bundesrechnungshof.

Hätte der Bund damals die Länder stärker an den Kosten der Corona-Hilfen beteiligt, so schätzt der Rechnungshof, hätte das Bundeswirtschaftsministerium so bis zu 32,5 Milliarden Euro sparen können. Wenn der Bund also ständig auch die finanzielle Besserstellung der Länder schimpft, sorgt er mit solchen Entscheidungen selbst dafür.

Verschiedene Hilfsprogramme hatte die Große Koalition damals für Unternehmen aufgelegt. So gab es etwa die „Soforthilfen“. Dadurch erhielten die Unternehmen eine Einmalzahlung über drei Monate. Das sollten Überbrückungshilfen sein, die einen Anteil der Fixkosten erstatten sollten. Dann gab es noch die „November- und Dezemberhilfen“, die Umsatzeinbußen von Unternehmen ausgleichen sollten, weil sie ihre Geschäfte coronabedingt schließen sollten. Alles Hilfen, die der Bund bezahlte, ohne dass sich Länder daran beteiligen mussten.

Dass die Bundesregierung damals die Länder nicht beteiligte, wird von der Nachfolgeregierung im Nachgang gerechtfertigt. In einer Stellungnahme begründete sie die Entscheidung ihrer Vorgängerin damit, dass Verhandlungen über die Beteiligung der Länder „die pandemiebedingt gebotene, schnelle und unbürokratische Unterstützung der Unternehmen und Selbstständigen gefährdet hätten“.

Dieser Darstellung widerspricht der Bundesrechnungshof. „Der Bundesrechnungshof stellt nicht infrage, dass der Bund im März 2020 schnell handeln musste“, heißt es im Gutachten. „Spätestens mit den Überbrückungshilfen I ab Juni 2020 hätte das Bundeswirtschaftsministerium jedoch eine Finanzierungsbeteiligung der Länder anstreben sollen.“

Länder müssen angemessen beteiligt werden

Die Rechnungsprüfer fordern deshalb vom Bund, dass dieser in Zukunft die Länder bei krisenbedingten Unternehmenshilfen angemessen an der Finanzierung beteiligt. Hierzu sollte er mit den Ländern „schnellstmöglich zu Beginn einer Krise verhandeln, wie die Finanzierung verteilt wird und nach welchen Kriterien Bund und Länder die Hilfen ausreichen“. Angesichts der angespannten Finanzsituation des Bundes sei „eine angemessene Finanzierungsbeteiligung der Länder unabdingbar“.

Schieflage im föderalen Finanzsystem

In der Vergangenheit hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) immer wieder eine Schieflage im föderalen Finanzsystem zulasten des Bundes kritisiert. Während die Länder Jahr für Jahr Überschüsse erwirtschaften würden, mache der Bund hohe Haushaltsdefizite. Die Steuereinnahmen von Bund und Ländern entwickelten sich Jahr für Jahr immer stärker auseinander. Trotzdem bekämen die Länder einen stetig wachsenden Anteil der Steuereinnahmen des Bundes ab. Das sorgt auf Bundesebene schon seit langer Zeit für Frust.

Nun verspricht der Bund, dass er in solchen Krisensituationen zukünftig auch die Länder angemessen zur Kasse bitten werde. „Eine Lösung, die wie bei den Corona-Unternehmenshilfen auf eine vollständige Bundesfinanzierung hinausläuft, will die Bundesregierung in Zukunft vermeiden“, teilte die Bundesregierung dem Bundesrechnungshof mit.

Das Zutrauen an der Aussage fehlt aber offensichtlich den Rechnungsprüfern. In ihrem Gutachten schreiben sie zumindest: In der Energiekrise habe der Bund erneut „dieselbe Programmgestaltung wie bei den Corona-Unternehmenshilfen gewählt“. Wieder finanziere der Bund fast alles allein, etwa die Härtefallhilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Die Einlassung der Bundesregierung, künftig eine vollständige Bundesfinanzierung vermeiden zu wollen, schreibt der Bundesrechnungshof, „überzeugt daher nicht“.



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