Ingenieur sucht Grenzwert gegen politische Willkür – RKI kontert

Während der Corona-Krise entschied nicht die Wissenschaft, sondern die Politik über Art und Dauer der Maßnahmen. Der Ingenieur Prof. Markus Löffler hatte bereits im September 2020 auf eigene Faust nach einem aussagekräftigen Kennwert geforscht, der politischer Willkür vorbeugen sollte. Seiner Ansicht nach erfolgreich, aber ungehört.
Mathematik und Statistik in Zeiten der Corona/COVID-19-Krise.
Das Symbolbild zeigt eine Staubschutzmaske und einen Rechenschieber.Foto: YoImages/iStock
Von 24. Mai 2024

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Im ersten Teil des Epoch-Times-Artikels über den Schriftverkehr des Robert Koch-Instituts (RKI) mit dem Ingenieur Prof. Dr.-Ing. Markus Löffler ging es um eine Mitteilung der Infektionsschutzbehörde, nach der es sich bei den Corona-Schutzmaßnahmen um „politische Beschlüsse“ gehandelt habe. Diese würden „nicht allein auf epidemiologische[n] Kennzahlen“ beruhen, räumte das RKI schon Anfang September 2020 ein.

Erster Teil

Ein aussagekräftiger Kennwert zum risikobasierten Ein- und Ausschalten von Maßnahmen fehlt bis heute. Lesen Sie in diesem zweiten Teil des Artikels, welche Überlegungen Prof. Löffler selbst anstellte, um einen solch eindeutigen wissenschaftlich fundierten Kennwert zu finden, der politische Willkür hätte eindämmen können.

Aufwendige Eigenrecherche eines Ingenieurs

Löfflers Anfrage an das RKI hatte nach eigenen Angaben ziemlich am Ende einer Reihe von Merkwürdigkeiten gestanden, die dem Hochschullehrer im Verlauf eigener Nachforschungen ab April 2020 zum Thema Corona aufgefallen waren. Schon früh habe er beispielsweise erkannt, dass selbst „ein Ländervergleich und vor allem ein Vergleich des Infektions- und Wirkungsverlaufs in Deutschland mit bisherigen Epi- oder Pandemien […] mit den von [WHO und RKI] verfügbar gemachten Daten trotz transparent und umfangreich erscheinender Darstellung nicht unmittelbar möglich“ gewesen war.

Also habe er auf eigene Faust Daten zusammengetragen, um die Gefahr der Corona-Krise und ihre mögliche Dauer besser abschätzen zu können. Seine ersten Ergebnisse machte Löffler am 3. September 2020 nur wenigen Studenten, Kollegen und einer Ärztin zugänglich, noch bevor das RKI ihm geantwortet hatte. Es handelt sich um ein Papier mit dem Titel „COVID-19 weltweit Mitteilung 1.0“ (PDF).

Im Zentrum stehen Löfflers eigene Grafiken zum Verlauf der Corona-Krise in Deutschland bis zum 2. September 2020 – und zwar im Vergleich zu den seinerzeit aktuellen Zahlen aus anderen Staaten und zu früheren Erhebungen aus der deutschlandweiten Influenzawelle 2017/18 und der Spanischen Grippe 1918/20.

Prof. Dr.-Ing Markus Löffler: COVID-19-Entwicklung weltweit kumuliert, Stand 2. September 2020

Prof. Dr.-Ing Markus Löffler: COVID-19-Entwicklung weltweit kumuliert, Stand: 2. September 2020 (Quelle)

Anhand der kumulierten Zahlen schien aus Löfflers Sicht kein Ereignis ablesbar, das die Todesangst in Deutschland anno 2020 gerechtfertigt hätte: „Lediglich die Zahlen der als infiziert gemeldeten Personen erhöht sich kontinuierlich weiter, ohne dass dies derzeit einen Einfluss auf die Zahl der Verstorbenen zu haben scheint“, schrieb Löffler. „Aus naiver Sicht ließe sich hieraus ableiten, dass sich die Gruppe der neu Infizierten von der Gruppe der Verstorbenen abgekoppelt hat.“

Die Tageswerte der Infizierten und Verstorbenen in Deutschland vom 2. September 2020 lagen ebenfalls „deutlich im hinteren Bereich der die Gruppe ‚Welt‘ kennzeichnenden Punkte“, merkte Löffler an. „Am 02.09.2020 (bzw. wenige Tage vorher) verstarben ca. 0,05 Personen pro 1 Million Einwohner. Im Vergleich zu den für das Jahr 2019 festgestellten ca. 30 Toten pro 1 Million Einwohner ist dies als unauffällig zu bezeichnen.“

 

Prof. Dr.-Ing Markus Löffler: COVID-19 – weltweite neue Fälle, Stand 2. September 2020

Prof. Dr.-Ing Markus Löffler: COVID-19 – weltweite neue Fälle, Stand: 2. September 2020 (Quelle)

Am 10. September 2020 schob Löffler eine zweite „Mitteilung“ (PDF) nach, drei Tage später eine „Mitteilung 2.1“ (PDF), in der er die Daten der Corona-Infizierten, der „an oder mit“ Verstorbenen und des Reproduktionswerts (R-Wert) ausgewertet hatte. Auch hier zeigte sich ein ähnliches, seiner Einschätzung nach „unauffälliges“ Bild.

Bauchgefühl statt Wissenschaft?

Am 18. September, also wenige Tage nach der abschlägigen Antwort der RKI-Pressestelle, unterzog Löffler in seiner finalen „Mitteilung 2.2“ (PDF) schließlich die Frage nach einem „Kennwert“ einer eigenen Untersuchung. Gemeint war eben jener Wert, „bei dessen Überschreiten eine Epidemie als begonnen und bei dessen Unterschreiten eine Epidemie als beendet bezeichnet wird“. Löffler fragte sich: Wie konnte es sein, dass es so etwas für Corona beim RKI anscheinend nicht existierte, während sich bei Influenzawellen seit Jahren das Sentinel-Programm und die „ILI-Rate“ als Kennzahl bewährt hatten? Das Kürzel ILI steht nach Informationen des RKI für „Influenza like Illness“ und meint „akute respiratorische Erkrankungen“ (ARE), die mit Fieber einhergehen.

Weil so eine Kennzahl für Corona nach Auskunft des RKI nicht existierte, schloss Löffler, „dass es dem Bauchgefühl überwiegend fachfremder Politiker obliegt, aus dem Vortrag wissenschaftlichen Informationsmaterials Schlussfolgerungen zur Gefährlichkeit von COVID-19 zu ziehen.“ Und weiter:

Es stellt sich die Frage, wieso die Medien in großem Umfang fortlaufend ‚beunruhigende‘ Zahlen und zeitliche Verläufe zur COVID-19-Pandemie veröffentlichen, wenn diese demnach keinen Nutzen haben. Aus Sicht des Berichters ist ein solcher Sachverhalt nicht nachvollziehbar und zutiefst unbefriedigend.“

Löffler wunderte sich zudem, dass nach seinen vergleichenden Berechnungen zwischen einer früheren Grippewelle des Winters 2012/13 und des aktuellen Corona-Geschehens auf Datengrundlage des 16. September 2020 „die COVID-19-Epidemie nicht schon längst als abgeschlossen bezeichnet wird“. Die Lösung zur Etablierung eines Corona-Kennwerts, ab dem das Land wieder hätte in den Normalzustand übergehen können, hätte nach Ansicht des Ingenieurs relativ simpel bewerkstelligt werden können:

Es wird vorgeschlagen, parallel zur wochenweisen Zählung der insgesamt auf COVID-19 getesteten Personen parallel auch eine wochenweise Zählung der sich krank fühlenden COVID-getesteten Personen durchzuführen. Auf diese Weise ließe sich die Zählweise bei Grippe-Epidemien nachbilden. Dies wiederum sollte es ermöglichen, ohne weitere Modifikation auf die bei Grippe-Epidemien verwendete Definition der Dauer einer Epidemiewelle zurückzugreifen. Warum dies nicht schon längst getan wird, erschließt sich dem Berichter derzeit nicht.“

Löfflers Ansicht nach hätte man wenigstens die „positiven Inzidenzen mit den Todesraten abgleichen müssen, um zumindest erkennen zu können, ob die Infektion gefährlicher wird oder ob ihre Gefahr abklingt“. Immerhin handele es sich bei den Todeszahlen um eine wichtige, zuverlässig messbare Größe – anders als bei einer wenig aussagekräftigen „Erkältetenrate“. „Gemäß den einschlägigen Epidemiemodellen“ müssten aber „die Verläufe der Todesraten immer synchron zu den Verläufen der Infizierten verlaufen. Tun sie dies nicht, stimmt etwas nicht“, schlussfolgert Löffler.

RKI: „Das lässt sich nicht mit einem ‚einzelnen Kennwert‘ darstellen“

Die Epoch Times bat das RKI um eine neue Stellungnahme. Warum hatte das RKI nicht von Beginn an einen aussagekräftigeren, eindeutigen Kennwert für die Einschätzung der Corona-Gefahr entwickelt?

„Bei der COVID-19-Pandemie bestand keine Immunität gegen den neuen übertragbaren Erreger, sodass sich der Erreger rasch über den Erdball verbreiten und Erkrankungen verursachen konnte, die zu einem relevanten Teil einen schweren Krankheitsverlauf haben oder sogar tödlich enden“, teilte die RKI-Pressestelle mit. „Das lässt sich nicht mit einem ‚einzelnen Kennwert‘ darstellen.“

Weltweit gebe es bis heute „keinen solchen einzelnen Kennwert für das SARS-CoV-2-Virus [sic], bei dessen Überschreiten eine Epidemie/Pandemie als begonnen und bei dessen Unterschreiten sie als beendet“ bezeichnet werden könne, erklärte das RKI.

Im Bereich der „akuten respiratorischen Erkrankungen“ (ARE) sehe das anders aus. Hier sei die „Messgröße für die ARE-Aktivität im ambulanten Bereich […] die ARE-Konsultationsinzidenz“, erklärte das RKI. Dieser sei eine „aufgrund der Meldung der Sentinelpraxen auf die gesamte Bevölkerung hochgerechnete Zahl der Arztbesuche wegen ARE pro 100.000 Einwohner in der jeweiligen Altersgruppe pro Woche“. Auch die „Zahl der Krankenhauseinweisungen und Arbeitsunfähigkeiten (oder Pflegebedürftigkeit) aufgrund einer ARE-Diagnose“ spiele eine Rolle. Die Sprecherin verwies dazu auf die FAQ-Seite des RKI zur ARE-Surveillance.

Unverständnis bei Löffler

Konfrontiert mit dieser aktuellen Antwort des RKI, regte sich bei Löffler im Mai 2024 erneut Widerspruch: „Wenn man also nichts über das Virus wusste, wieso wurde dann mit einschlägigen Epidemiemodellen vorgerechnet, dass die Epidemie Millionen Menschenleben kosten würde? Aufgrund dieses Nichtwissens hätten dann diese Modelle niemals angewendet werden dürfen. Das war dann offensichtlich unwissenschaftlich.“

Auch die Ausführungen des RKI zur ARE-Messgröße sorgten bei Löffler für Unverständnis: „Das Grippe-Kennwert-Verfahren des RKI beruhte auf Prozentualwerten und nicht auf Absolutwerten. Wenn man den Verlauf des Krankenstandes kennt, lassen sich immer relative Kennwerte angeben, so wie bei Grippe-Epidemien“, so der Ingenieur. Und weiter:

So zu tun, als ob COVID-19 bezüglich der Epidemiemodelle beziehungsweise bezüglich des Ablaufs einer Epidemie etwas völlig Neues gewesen sei (also rasche Zunahme des Krankenstandes, Erreichen eines Maximums und dann wieder ein langsameres Abklingen), erscheint mir merkwürdig. Woher will man denn gewusst haben, dass hier alles, was man aus der Epidemiologie wusste, nicht mehr stimmt?“

Seine eigene Überzeugung: „Wer Prognosen machen kann, hat auch die entsprechenden Kurven. Und wer Kurven hat, kann in diesen Kurven auch Eckwerte oder Farben festlegen: Rot, Gelb, Grün. Das ist in den wissenschaftlichen Disziplinen gängige Praxis.“ Es gelte auch das umgekehrte Prinzip: „Wer mangels entsprechender (Er-)Kenntnisse keine Eckwerte festlegen kann, kann auch keine Prognosen abgeben. Somit müssen die Prognosen zu Beginn der Epidemie Fake-Prognosen gewesen sein.“

Abschließend bleibt der Hochschullehrer bei seiner Meinung: „Ein Ende der Epidemie hätte man meines Erachtens ohne Weiteres bei einem bestimmten Grenzwert definieren können“. Zu Beginn der Krise habe man immerhin auf den R-Wert zurückgegriffen. „Wieso aber jetzt plötzlich Politiker in der Lage waren, Entscheidungsgrundlagen zu entwerfen, die angeblich noch nicht einmal die Wissenschaft geben konnte, verwundert dann schon.“

Löffler stellte eigene Forschungen ein – aus Sorge vor Diskreditierung

Doch zurück zum September 2020. Entgegen einer Ankündigung aus „Mitteilung 2.2“, eventuell regelmäßig weiter über seine Erkenntnisse bezüglich Corona zu berichten, verzichtete Prof. Markus Löffler schließlich doch darauf. Auch beim RKI hakte er nicht mehr nach, nachdem er „diese deprimierende E-Mail erhalten“ hatte: „Hier war der Zug ja ganz offensichtlich abgefahren“. Außerdem habe aus seiner Sicht „zunehmend die Gefahr“ bestanden, dass er „deswegen diskreditiert werden könnte“. Immerhin hatte er noch gut zwei Jahre Dienst.

Kurz nach der Veröffentlichung der RKI-Files am 20. März 2024 war der inzwischen pensionierte Energietechnik-Professor aber doch noch per Leserkommentar an die Epoch Times herangetreten, um den Hinweis auf „politische Beschlüsse“ seitens des RKI publik zu machen. Sein Urteil zur Corona-Gesamtsituation klingt heute beinahe genauso wie jenes von vor dreieinhalb Jahren:

Hier wurde ohne jeglichen wissenschaftlichen Abstand und mit rein politisch basiertem blindem Aktionismus vorgegangen. Das war mir anhand der von mir damals ausgewerteten offiziellen Daten des RKI und der WHO schon damals voll umfassend klar. Umso mehr war mir daher auch klar, dass es sich bei der folgenden politischen Impfüberreaktion ebenfalls nicht um wissenschaftlich fundiertes Vorgehen handeln konnte; das wäre im Gesamtzusammenhang völlig unlogisch gewesen.“

Erster Teil



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