Delfinarien in Erklärungsnot

Der Öko-Thriller „Die Bucht“ ruft zum weltweiten Boykott von Delfinarien auf
Titelbild
(OPS 2008)
Von 29. Oktober 2009

In den 1960er-Jahren trainierte Ric O’Barry die Delfine für die TV-Serie „Flipper“. Der Held der Geschichten ist ein kluger Delfin, der als Freund des Menschen mit seinen Kunststücken ein Abenteuer nach dem anderen besteht. Das löste einen gut gehenden Markt für
Delfinarien, Delfin-Shows und Delfintherapien aus. Delfine sehen immer so aus, als würden sie lächeln. Dass die Gefangenschaft in Wirklichkeit großes Leid für die Tiere bedeutet, merkte der Delfin-Trainer das erste Mal, als einer der Delfine, die Flipper darstellten, in seinen Armen starb –
an Depression.

Von da an – vor 38 Jahren – engagiert sich O’Barry für die Freiheit von Delfinen. Bei dieser Arbeit entdeckte er irgendwann das geheime Delfin-Massaker in der Bucht der japanischen Küstenstadt Taiji: Tausende werden jedes Jahr in diese Bucht getrieben. Ein paar Tiere werden aussortiert, um sie lukrativ an Delfinarien zu verkaufen. Der Rest wird brutal massakriert.

Viel unerwünschte Aufmerksamkeit

Seit dem 22. Oktober ist in deutschen Kinos sein Dokumentarfilm „Die Bucht“ zu sehen. Spannend wie ein Thriller ist die Geschichte, wie er das gruselige Geheimnis von Taiji aufdeckt. Und somit zieht der Film viele Besucher an. Das bringt nicht nur den japanischen Delfinjägern viel unerwünschte Aufmerksamkeit. Auch rufen die Autoren des Films zum weltweiten Boykott von Delfinarien auf. Delfinarien machen die Delfinjagd richtig lukrativ, erklären Tierschützer. „Ein lebender Delfin bringt den Fischern weit mehr als ein toter: Bis zu 150.000 US-Dollar zahlen Vergnügungsparks für ein dressiertes Tier“, sagt Nicolas Entrup, Geschäftsführer der
Delfin- und Walschutz-Organisa­tion WDCS Deutschland.

Große Feinde des Großen Tümmlers

Die drei Zoos mit Delfinarien in Deutschland, Nürnberg, Münster und Duisburg, verfassten eine gemeinsame Stellungnahme, in der sie die Treibjagden aufs Schärfste verurteilen und erklären, dass der weltweite Boykott von Delfinarien die Delfintreibjagden international nicht stoppen könne. Sie verweisen auf weitere Probleme der Meerestiere wie Überfischung, Beifang und Lebensraumzerstörung, die die größten Feinde des großen Tümmlers sein sollen. Doch sagt Dr. Sandra Altherr von Pro Wildlife: „Den Delfinen hilft es wenig, dass sich deutsche Delfinarien gegen die Treibjagden in Japan aussprechen, wenn sie gleichzeitig mit ihren Shows das Bild fördern, Delfine taugten zum lustigen Akrobaten. Damit tragen sie zum Boom einer weltweiten Industrie bei, die noch immer auch Tiere aus Japan bezieht.“ Gerade deutsche Urlauber würden in die Tourismushochburgen in der Türkei strömen, für deren Delfinarien erst kürzlich wieder Delfine aus Taiji gekauft wurden.

Ohne Auswilderung keine Arterhaltung

Zwischen diesen „rein kommerziellen“ Shows und den Delfinarien in den Zoos von Duisburg, Münster und Nürnberg sei ein „sehr deutlicher Unterschied“ zu machen, betont der Zoo Duisburg. Den sehen sie darin, dass sie wissenschaftlich geführt seien. Sie würden die Öffentlichkeit aufklären und unter anderem durch Zucht zur Arterhaltung beitragen. Ein paar Mausklicks weiter liest man jedoch, dass sie die Auswilderung der Tiere aus Delfinarien ablehnen, auch da die Großen Tümmler „in riesigen Populationen in den Weltmeeren leben und nicht als bedroht eingestuft sind“. Arterhaltung? Das gleiche Statement gab der Direktor des Nürnberger Zoos, Dr. Encke, am 20. Oktober in einem Interview in der Nürnberger Zeitung ab. „Wir dürfen die deutschen Delfinarienvertreter daran erinnern, dass Große Tümmler … regional stark bedroht sein können, wie zum Beispiel die letzten Großen Tümmler in der Nordsee, und auch in vielen Regionen unter strengem Schutz stehen“, erklären die drei Artschutzverbände WDCS Deutschland, Pro Wildlife und OceanCare. Und weiter: „Wenn die Delfinarien eine Wiederansiedlung (Auswilderung) von Delfinen strikt ablehnen, … kann nach internationalem Recht ihr Zuchtprogramm aber auch nicht als Artenschutzmaßnahme angeführt werden.“

Bildungsarbeit von Delfinarien fraglich

Nach den Informationen, die den drei Verbänden vorliegen, läge zudem der Schluss nahe, dass die Nachzucht innerhalb europäischer Delfinarien nicht in dem Maß gelingt, dass sich der Bestand selbst erhält. „Nach offiziellen Angaben erfolgte die Bestandserweiterung in Europa zwischen 1989 und 2006 fast vollständig durch Wildfänge.“

Auch die Bildungsarbeit von Delfinarien hinterfragen die Verbände, weil das in Delfinarien kommunizierte Bild nicht dem Leben und den Bedürfnissen von Delfinen in freier Wildbahn entspricht: „Delfine werden für eine effektvolle Show dazu ermu­tigt, die ‚flipperähnlichen‘ Schnattergeräusche zu machen, die es in der Natur gar nicht gibt. Es ist ein Bild der Dominanz, dass Wildtiere auf Signale des Menschen reagieren und antrainiertes Verhalten zeigen.“ Auch werden die Tiere oftmals vom Publikum gefüttert, „sodass Menschen den Eindruck gewonnen haben, sie könnten Delfine in freier Wildbahn füttern. In Florida hat das zu einem Anstieg der Verletzungen durch Motorschrauben geführt und die offiziellen Stellen versuchen durch Bildungskampagnen, dem vorzubeugen.“

Kunststücke in der „wissenschaftlich geleiteten“ Show

1.000 Sitzplätze hat das Delfinarium in Duisburg. Laut dem Werbetext eines Familien-Magazins im Web zeigen die Tiere Kunststücke, während der Moderator über das Leben der Delfine und ihren Lebensraum erzählt. Die Delfine tauchen nach Ringen, ziehen ein Kind mit dem Boot durchs Becken, schießen Bälle ins Publikum und führen „atemberaubende Springübungen“ vor. „Nichts macht ihnen mehr Spaß, als über die Glasscheiben hinaus mit Wasser auf die vorderen Sitzreihen zu spritzen“, behauptet das Freizeit-Portal.
Wirklich? Vielleicht würden sie lieber bis zu 100 Kilometer täglich im Meer schwimmen, in einer abwechslungsreichen Unterwasserwelt, bis zu 60 Stundenkilometer schnell, wie es die freien Delfine tun.

Nicolas Entrup von WDCS sagt: „Das Kernproblem ist und bleibt einfach die Tatsache, dass der Homo sapiens einzusehen hat, dass man Waltiere weder tier- noch artgerecht halten kann. Und jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Delfinen beschäftigt, kann zu keinem anderen Schluss kommen.“

(OPS 2008)
(OPS 2008)


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