Jagen in Deutschland immer beliebter – und weiblicher

Zwischen April 2021 und März 2022 haben knapp 7.000 Menschen in Deutschland ihrer Liebe zur Natur mit dem Erwerb eines Jagdscheins Ausdruck verliehen. Rund 28 Prozent der Anwärter sind inzwischen weiblich.
Eine Jägerin geht mit ihrer Bockbüchsflinte zu einem Hochsitz.
Eine junge Jägerin geht mit ihrer Bockbüchsflinte zu einem Hochsitz.Foto: Philipp Schulze/dpa
Von 24. Januar 2023

Durchs Unterholz pirschen, auf dem Hochstand ausharren, den Feldhasen aus seiner Sasse aufscheuchen, dem erlegten Reh den „letzten Bissen“ in den Äser stecken und dann kräftig ins Horn stoßen… Das Thema Jagd begeistert offenbar immer mehr Menschen in Deutschland.

Waidfraus Heil!

In der Jagdsaison 2021/22, also zwischen dem 1. April 2020 und dem 31. März 2021, waren genau 407.370 Naturfreunde in Deutschland im Besitz eines Jagdscheins – 6.986 Frauen und Männer mehr als im Vorjahreszeitraum. Das hat der Deutsche Jagdverband (DJV) anlässlich der Internationalen Grünen Woche von Berlin im dpa-Gespräch bekannt gegeben. 30 Jahre zuvor, in der Saison 1991/92, hätten nur 318.678 Menschen das per Jagdschein verbriefte Recht besessen, der Jagd nachzugehen.

Rund elf Prozent der Jägerschaft in Deutschland bestehe mittlerweile aus Frauen. Sie sind nach Angaben des DJV im Schnitt 33 Jahre alt, ihre männlichen Kollegen 35 Jahre. „Glücklicherweise ist die Jagd nicht mehr eine reine Männerdomäne, das ist ähnlich wie bei der Feuerwehr“, sagte der stellvertretende Geschäftsführer des Jagdverbandes, Torsten Reinwald. Ihr Anteil wachse weiter: Derzeit seien 28 Prozent der Kursteilnehmer weiblich. Die Tendenz sei seit dem Jahr 2011 steigend.

Kaum „Waffennarren“

Als den entscheidenden Grund für die wachsende Beliebtheit sieht der Jagdverband die Sehnsucht nach „intensiven Naturerlebnissen“ auch infolge der Corona-Krise. In einer „Jungjägerbefragung“ gaben 2021 mehr als drei Viertel (77 Prozent) der Befragten an, sich wegen ihrer Naturliebe zur Jagdprüfung angemeldet zu haben. Aus Gründen des „angewandten Naturschutzes“ entschieden sich 66 Prozent für das Hobby, aus Liebe zum Wildbret 51 Prozent. Jeder beziehungsweise jede Fünfte engagierte sich wegen einer Jagdhundeausbildung. Ihr Interesse an Waffen oder einer grünen Waffenbesitzkarte nannten nur fünf Prozent. Für die Befragung im Auftrag des Verbands waren zwischen Oktober 2020 und September 2021 knapp 6.500 Jagdschülerinnen und -schüler interviewt worden. Diese Zahl entspricht nach DJV-Angaben rund einem „Drittel aller Prüflinge in diesem Zeitraum“.

Die Anwärter hätten für ihre Jagdausbildung auch erschwerte Ausbildungsbedingungen in Kauf genommen, erklärte DJV-Vertreter Torsten Reinwald gegenüber der dpa. Obwohl der übliche Präsenzunterricht wegen der Corona-Krise nicht durchgängig möglich gewesen sei, habe sich „die Zahl der Prüflinge kaum verändert“.

Ab 16 Jahren in Begleitung möglich

Um einen Jagdschein zu bekommen, muss man unter anderem praktische Fertigkeiten und Wissen über Artenschutz, über den Umgang mit Tierseuchen und Wildschäden nachweisen. Auch bei Wildunfällen muss ein Jäger wissen, was zu tun ist.

Mit dem Erwerb des (Jugend-)Jagdscheins darf man schon im Alter von 15 Jahren beginnen. Er gilt aber erst ab dem 16. Geburtstag in Begleitung einer erfahrenen Aufsichtsperson, wie der DJV bestätigt. Die Teilnahme an Gesellschaftsjagden und eine eigene Waffe sind für Jugendliche aber noch tabu. „Mit Vollendung des 18. Lebensjahres bekommt der Jugendjagdschein automatisch die Gültigkeit eines normalen Jagdscheins“, heißt es auf den Seiten des DJV.

Hohe Kosten und Anforderungen

Nach einer Umfrage des Jagdverbands bezahlen 75 Prozent der Anwärter 1.500 bis 3.000 Euro für den Vorbereitungskurs und die Prüfung. Außerdem müssen sie „gut 180 Stunden“ für Unterricht, praktische Lehreinheiten und Schießübungen opfern – die Zeit zum Lernen nicht mitgerechnet.

Die Durchfallquote bei der staatlichen Abschlussprüfung unterscheidet sich je nach Bundesland erheblich. In Bayern und Brandenburg rasselten 2021 nach Angaben des DJV 35 Prozent der Teilnehmer durch, in Baden-Württemberg 32 Prozent. Im Saarland scheint der Weg zum Jagdschein leichter zu sein: Hier fielen 2021 nur neun Prozent der gut 1.200 Prüflinge durch. In Bremen schafften sogar sämtliche 25 Anwärter der Saison die Prüfung. Die Anwärter müssen laut DJV eine Schießprüfung, eine schriftliche und eine mündliche Prüfung überstehen. Einzelheiten dazu hat der DJV in einer Ratgeber-Broschüre (PDF) veröffentlicht.

Für einen Tagesjagdschein variieren die Gebühren in Deutschland zwischen 10 Euro (Sachsen-Anhalt) und knapp 57 Euro (Hamburg). Wer ein Jahr lang seinem Jägerhandwerk nachgehen will, muss in Nordrhein-Westfalen 35 Euro auf den Tisch legen, in Hamburg 113,20 Euro. (Quelle: https://www.jagdverband.de).

Jagdverband ohne Bayern

Der Deutsche Jagdverband e.V. (DJV) firmierte bis 2013 als „Deutscher Jagdschutzverband“. Er vertritt nach eigenen Angaben die Interessen von über 250.000 Mitgliedern in 15 deutschen Landesjagdverbänden. Nur der rund 50.000 Mitglieder starke Bayerische Jagdverband (BJV) gehört nicht mehr dazu: Er kehrte dem Bundesverband im Januar 2010 den Rücken, nachdem er seine Interessen durch die Dachorganisation nicht mehr genügend vertreten gesehen hatte. Unterschiedliche Auffassungen hatte es vor allem um die Bürokratie bei der Fleischhygiene und beim Waffenrecht gegeben, aber auch beim Verbandsbeitrag der organisierten Jäger.

Als Kernaufgaben sieht der Deutsche Jagdverband nach eigenen Angaben den „Erhalt, die zukunftsgewandte Weiterentwicklung und den Schutz von Wild, Jagd und Natur“.

Rehe, Schweine und Füchse im Visier

In der Saison 2020/21 wurden nach Angaben des Jagdverbands knapp 1,3 Millionen Rehe geschossen, knapp fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl des erlegten Schwarzwilds (Wildschweine) ging mit knapp 690.000 um 22 Prozent zurück. Bei den Füchsen blieb die Zahl der erlegten Exemplare mit rund 460.000 nahezu konstant. Deutlich weniger geschossen wurden Feldhasen (145.000, minus 37 Prozent) und vor allem Fasane (52.000, minus 52 Prozent) und Waldschnepfen (4.200, minus 58 Prozent).

Gut 300.000 Wildtauben (minus 18 Prozent) starben 2020/21 durch die Jagd und auch etwas mehr als 220.000 Wildenten (minus 25 Prozent) ließen ihr Leben durch Gewehrschrot. Mit 116.000 erlegten Wildgänsen wurden rund 4.000 Tiere mehr geschossen als in der Vorsaison.

Zum Vergleich: Bei Wildunfällen starben 2020/21 nach Angaben des Statistischen Bundesamts knapp 198.730 Rehe, 20.070 Wildschweine, 4.535 Damwild-Tiere und 3.160 Rotwild-Exemplare.

Vor allem Tierschutzverbände oder Verfechtergruppen eines veganen Lebensstils wie etwa der Verein PETA Deutschland kämpfen seit Jahrzehnten gegen die Jagd, halten sie für „grausam und sinnlos“: Die Natur selbst könne am besten dafür sorgen, Wildbestände zu regulieren.

Norddeutsche Domäne

Die Jagd als Freizeitsport ist vor allem in Norddeutschland beliebt: In Mecklenburg-Vorpommern kommen 8,6 Jäger auf 1.000 Einwohner, in Schleswig-Holstein 7,6 und in Niedersachsen 7,5. Der Bundesdurchschnitt liegt bei knapp fünf Promille. Auf ganz Deutschland gerechnet kommt ein Jäger auf 216 Einwohner.

Zum Vergleich: In Finnland geht laut DJV jeder 18. Einwohner der Jagd nach, in Dänemark jeder 33., in Frankreich jeder 51. Die größten „Jagdmuffel“ in Europa sind offenbar die Belgier: Hier geht nur jeder 912. Einwohner auf die Pirsch.

Der DJV-Organisationsgrad der Jäger in Deutschland ist von Bundesland zu Bundesland verschieden: Während in Berlin und Sachsen im Jahr 2020 nur 27 Prozent beziehungsweise 34 Prozent der Jäger in ihrem Landesverband Mitglied waren, erreichte Hamburg und Niedersachsen 86 Prozent Mitgliederanteil. Der Bayerische Jagdverband wies sogar eine Quote von 95 Prozent auf. Innerhalb der Jagdverbände seien im Schnitt 41 Prozent aller Mitglieder ehrenamtlich tätig, so der DJV. Das seien „doppelt so viele wie im Bundesdurchschnitt“.

Der Stand Nr. 312 des DJV auf der 87. Grünen Woche in Berlin ist 2023 in Messehalle 27 zu finden. Es handelt sich nach eigenen Angaben um eine „internationale Leitmesse für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau“.



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