Viele Länder wollen zu fossilen Brennstoffen zurückkehren

Die Energienachfrage in den Industrie- und Entwicklungsländern wird immer größer. Die Solar- und Windenergie kann diese jedoch nicht befriedigen. Für immer mehr Staaten gibt es nur einen Weg, um das Problem zu lösen: die Rückkehr zur fossilen Energie.
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Die Nachfrage nach Kohle steigt. Sie ist oft preisgünstiger als grüne Energieträger.Foto: philip_hens/iStock
Von 21. März 2022

In den letzten Jahren verpflichteten sich viele Industrie- und Entwicklungsländer dazu, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu beenden und mehr in grüne Energie zu investieren, sei es in Sonnenkollektoren oder Windräder, um die Emissionen zu verringern.

Da die Zahlen jedoch zeigen, dass die Alternativen mit dem hohen Verbrauch nicht mithalten können, kehren immer mehr Länder vorerst zu Erdöl, Kohle und Erdgas zurück.

Windkraftanlagen hinter dem Pilsumer Leuchtturm, Niedersachsen. Foto: Conny Pokorny/iStock

Lindner will Energiestrategie Deutschlands überprüfen

In einem Gespräch mit dem „Tagesspiegel“ schlug Bundesfinanzminister Christian Lindner vor, dass Deutschland bei sinkenden Importen aus Russland sein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen in der Nordsee überdenken sollte.

Laut dem Koalitionsvertrag zwischen der SPD, den Grünen und der FDP sollen keine neuen Genehmigungen für Öl- und Gasbohrungen in dem Gebiet erteilt werden. Lindner ist jedoch der Ansicht, dass dies aufgrund der jüngsten geopolitischen und marktwirtschaftlichen Entwicklungen und des Bedarfs des Landes an mehr fossilen Brennstoffen ausgesetzt werden sollte.

„Wir müssen aber auch die Festlegung des Koalitionsvertrages, in der Nordsee den Abbau von Öl und Gas nicht fortsetzen zu wollen, hinterfragen“, sagte er.

„Vor dem veränderten geopolitischen Hintergrund halte ich es für ratsam, die gesamte Energiestrategie unseres Landes ohne Denkverbote zu überprüfen“, so der FDP-Chef.

Im vergangenen Jahr wurde Kohle in Deutschland vor der Windkraft wieder zur wichtigsten Stromquelle. Dies geschah, nachdem die Regierung geplant hatte, alle 84 Kohlekraftwerke abzuschalten und 45 Prozent des Strombedarfs aus Russland zu importieren. 

Schätzungen zufolge wird Deutschland in diesem Jahr einen Anstieg der Steinkohleeinfuhren um 7,7 Prozent verzeichnen. „Die Kohleverbrennung in Europa ist seit dem letzten Jahr aufgrund der hohen Gaspreise weiterhin hoch. Da die Gaspreise weiter steigen, wird sich der Trend wahrscheinlich auch in diesem Jahr fortsetzen“, erklärte Yan Qin, Analystin bei Refinitiv, in einer Mitteilung.

In den vergangenen Wochen gab es Spekulationen, dass die deutsche Regierung ihren Plan, die verbleibenden Kernkraftwerke abzuschalten, verschieben würde. Berlin erteilte diesem Vorschlag jedoch eine Absage.

„Wir haben noch einmal sehr sorgfältig geprüft, ob uns ein längerer Betrieb der Kernkraftwerke in dieser außenpolitischen Situation helfen würde“, sagte der deutsche Vizekanzler Robert Habeck letzte Woche in einer Erklärung. „Die Antwort ist negativ – er würde uns nicht helfen.“

Laut ING-Analysten kommt der europäische Strom auch heute noch zu einem großen Teil aus Gas- und Kernkraft. „Die künftige Rolle von Gas und Atomkraft hängt in hohem Maße von politischen Entscheidungen über das künftige Energiesystem in Europa ab“, schreiben Gerben Hieminga, leitender Sektorökonom bei ING, und Maureen Schuller, Leiterin der Sektorstrategie für Finanzunternehmen, in einem Bericht.

Kernkraftwerk Grohnde in Niedersachsen am 3. August 2020. Das Kraftwerk wurde am 31. Dezember 2021 stillgelegt. Foto: makasana/iStock

Grün oder fossil in China und Indien?

Im September 2020 versprach der chinesische Staatschef Xi Jinping in einer Rede vor der UN-Generalversammlung, bis 2060 klimaneutral zu werden. Peking baute bereits mehr Windkraftanlagen als der Rest der Welt zusammen. In den nächsten fünf Jahren könnte die Anzahl noch stärker wachsen.

Ende letzten Jahres verpflichtete sich auch Indien, bis 2070 klimaneutral zu werden und bis 2030 die Hälfte seines Energiebedarfs durch erneuerbare Energien zu decken.

Es könnte sich jedoch für diese beiden Länder als schwierig erweisen, diese weit gefassten grünen Ziele erfolgreich zu erreichen, da sie eher konventionelle Energieformen kaufen und fördern.

In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt kam es im vergangenen Jahr landesweit zu Stromausfällen. Dies veranlasste Peking, den Kohleverbrauch wieder anzukurbeln, die Ausweitung des Bergbaus zu genehmigen und mit dem Bau kohlebetriebener Generatoren zu beginnen. China kauft zwar immer noch mehr als 30 Millionen Tonnen Kohle pro Monat, will aber die Einfuhren verringern und die heimische Produktion steigern. 

Die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform, der oberste Wirtschaftsplaner des Landes, will die inländische Produktion um rund 300 Millionen Tonnen erhöhen und gleichzeitig ein 620-Millionen-Tonnen-Lager für Kohle anlegen. Vizepremier Han Zheng bezeichnete Kohle als Chinas „letzte Hürde“ bei der Energiesicherheit.

Ein kohlebefeuertes Kraftwerk in Hanchuan, Provinz Hubei, China, am 11. November 2021. Foto: Getty Images

Auch in Indien steigt die Kohleförderung. Im vergangenen Monat bestätigte die indische Regierung, dass diese im Januar im Vergleich zum Vorjahr um 6,13 Prozent auf 79,6 Millionen Tonnen gestiegen ist. Indien plant außerdem, die Kohleproduktion bis 2023 oder 2024 um 75 Prozent auf 1,2 Milliarden Tonnen zu erhöhen.

Zwar wollen die Behörden ihre Abhängigkeit von Importen verringern. Im Oktober fielen die Kohlebestände in dem südasiatischen Land jedoch auf einen kritischen Tiefstand. Dies führte zu landesweiten Stromausfällen. Berichten zufolge erwägt Indien auch, mehr russisches Rohöl und andere Rohstoffe mit einem Preisnachlass zu erwerben.

Was ist mit den USA?

Selbst in den USA, wo die Regierung eine grüne Energieagenda verfolgt, entwickeln sich die Kohleimporte weiter kräftig. Auch stieg die Produktion im Vergleich zu den Vorjahren stark an.

Nach Schätzungen der US-Statistikbehörde für Energie „Energy Information Administration“ (EIA) stieg die Kohleproduktion in den USA in der letzten Woche um mehr als 6 Prozent. Die USA sind auch Nettoexporteur von Kohle, obwohl das Land immer noch mehr als 4,5 Millionen Tonnen importiert.  

Angesichts der hohen Preise glauben einige Branchenbeobachter, dass der US-Öl- und Gassektor seine Produktion hochfahren könnte. Experten zufolge zögerten die Unternehmen bisher, ihre Bohrungen mit voller Kraft voranzutreiben, sei es wegen des Versuchs, ihren CO₂-Fußabdruck zu verringern, oder wegen der regulatorischen Unsicherheit auf Bundesebene. Dies könnte sich jedoch allmählich ändern.

Die Statistiken des Daten- und Informationsdienstes IHS Markit zeigen, dass Privatunternehmen ihre Produktion entgegen dem Vorschlag des Weißen Hauses stetig steigern.

„Längerfristig dürfte sich die Erschöpfung der Bestände als zunehmendes Problem erweisen. Obwohl der Bohrbestand in den tieferen Schichten nach wie vor reichlich vorhanden ist, wird es in den nächsten Jahren wahrscheinlich zu einer Erschöpfung der Kerngebiete in kleineren, erschlossenen individuellen Abbauregionen kommen“, schreibt IHS.

Ölpumpen auf dem Inglewood-Ölfeld in Los Angeles, Kalifornien, am 28. Januar 2022. Foto: Mario Tama/Getty Images

Nach Angaben der Erdöl-Servicegesellschaft Baker Hughes stieg die Zahl der Erdölbohranlagen in den USA in der Woche zum 11. März auf 527 gegenüber 519 in der Vorwoche. Dies ist die höchste Zahl seit April 2020.

„Die Technologien, die Amerika mit der nötigen Energie versorgen, gibt es in der Welt der grünen Energie noch nicht. Sicherlich wird es schrittweise zu Durchbrüchen bei der Batterietechnologie zu Solar und Wind kommen, aber im Moment gibt es sie noch nicht“, schrieb Phill Flynn, ein leitender Energieanalyst der Beratungsfirma „Price Futures Group“ und Autor des Energieberichts der Umweltschutzorganisation WWF.

Im Oktober 2021 prognostizierte die EIA in ihrem Bericht International Energy Outlook, dass Öl und Gas bis 2050 immer noch die wichtigsten Energiequellen der Welt sein werden. Die erneuerbaren Energien werden etwa ein Viertel des internationalen Energiemixes ausmachen.

„Das Wachstum erneuerbarer Energien und die Verringerung der Kohlenstoffintensität zeigen große Wirkungen“, sagte Chris Namovicz, Leiter des Modellierungsteams für Elektrizität, Kohle und erneuerbare Energien der EIA, bei einer Präsentation des Berichts. „Dennoch wächst die Nachfrage weiter und Teile der Nachfrage können nach wie vor am preisgünstigsten durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe befriedigt werden.“

Insgesamt spiegelt der sprunghafte Anstieg der Preise für fossile Brennstoffe die große Nachfrage nach diesen Produkten wider, so die Strategen. 

Nach Angaben des Analyseunternehmens Rystad Energy werden die Kohlepreise in diesem Jahr voraussichtlich 500 US-Dollar pro Tonne übersteigen. Ein Barrel Rohöl der Sorten West Texas Intermediate und Brent liegt bei über 100 Dollar. Erdgas wird zu einem Preis von etwa 4,50 Dollar pro 293 Kilowattstunden gehandelt.

Solange die erneuerbaren Energien nicht das liefern, was sie sollen, und unter allen Markt- und Wetterbedingungen zuverlässig funktionieren, werden sich die fossilen Brennstoffe laut den Strategen in der Weltwirtschaft halten – selbst bis zum Jahr 2050.

Andrew Moran ist Wirtschafts- und Finanzjournalist. Er arbeitet seit mehr als einem Jahrzehnt als Autor und Reporter in Toronto und schrieb unter anderem für Liberty Nation, Digital Journal und Career Addict. Er ist auch der Autor von „The War on Cash.“

Dieser Artikel erschien im Original auf The Epoch Times USA unter dem Titel: More Countries Consider Returning to Fossil Fuels to Maintain Energy Security (deutsche Bearbeitung von as)



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