Nach Merkel die Sintflut? Bloomberg wittert dunkle Zeiten für Deutschlands Wirtschaft | ET im Fokus

Der Einsatz der Politik für eine Bankenfusion und Überlegungen über mögliche konjunkturelle Maßnahmen deuten unweigerlich darauf hin, dass man in Deutschlands Regierung eine baldige Rezession für denkbar hält. Dies schreibt die Finanznachrichten-Plattform Bloomberg.
Von 29. März 2019

Die Ära Merkel neigt sich unweigerlich ihrem Ende zu, und die Regierung spricht nur ungern und zögerlich über Faktoren, die schon bald die Wirtschaft des Landes in eine ernste Schieflage bringen könnten. Das US-Nachrichtenportal „Bloomberg“ schreibt, Merkel wolle es vermeiden, offen darzulegen, dass die rosigen Zeiten für die Wirtschaft des Landes vorüber sein könnten.

Die Regierung sei darüber im Bilde, dass dunkle Gewitterwolken herannahen. Gleiches treffe nicht auf die Wähler zu – und die Politik wirke alles andere als entschlossen, diesen reinen Wein einzuschenken. Auf dem Portal heißt es:

„Während die Regierung lediglich eine kurze Abschwächung vorhersagt, bevor im nächsten Jahr das Wachstum wieder zurückkehre, deutet die Körpersprache von Regierungsbeamten darauf hin, dass sie sich auf ein wesentlich drastischeres Ergebnis vorbereiten.“

Die Situation belaste auch mögliche Nachfolger Merkels. Sie hätten Angst, ein wirtschaftlicher Schock könne jäh in die Übergangsphase bis zum endgültigen Abschied der Kanzlerin fallen. Angesichts des Superwahljahres 2019, vor allem aber auch mit Blick auf die Bundestagswahlen 2021 könnte dies ungeahnte Auswirkungen auf die politische Landkarte haben.

Banken fusionieren, um Rettungsrisiko zu minimieren?

Dass gerade zum jetzigen Zeitpunkt die Regierung den riskanten Zusammenschluss zwischen Deutscher Bank und Commerzbank unterstützt, obgleich ein solcher das Aus für bis zu 30.000 Arbeitsplätze nach sich ziehen könnte, sei Bloomberg zufolge ebenso vielsagend. Die Rückendeckung aus der Politik weise darauf hin, dass diese ernsthaft die Gefahr einer Rezession im Auge habe, die unter anderem eine weitere Bankenrettung erforderlich machen könnte.

Aus beiden Koalitionsparteien kommen Stimmen, die für eine Lockerung der Ausgabenbremse eintreten, die im Grundgesetz verankert wurde. Auch das sei ein Hinweis darauf, dass man einen gravierenden Niedergang für denkbar halte.   

Von „zahlreichen globalen Risiken, die derzeit die Wirtschaft überschatten“ spricht CDU-MdB und Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages, Matthias Heider, und warnt:

„Wenn sich die globalen Risiken weiter verschärfen, könnte dies zu viel sein, um eine Aufrechterhaltung des Wachstums zu gewährleisten.“

Scholz zeigt Willen zum Gegensteuern

Merkel selbst zeigt sich weiterhin unbeeindruckt. Ungeachtet aller Unwägbarkeiten rund um den Brexit, den Handelsstreit mit den USA und das eingetrübte Wachstum der Volksrepublik China sah sie noch vor wenigen Tagen in einer Rede vor dem Bundestag „Zeiten des Wachstums“ bevorstehen, während die Aussichten für die Europäische Union „leicht bewölkt“ wären.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärte sich in einem Zeitungsinterview bereit, im Fall einer Krise alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um die Wirtschaft zu stimulieren – zusätzliche Maßnahmen wie eine Infragestellung der Ausgabenbeschränkung lehnte er jedoch ab.

Bloomberg will von anonymen Quellen aus dem Regierungsumfeld unter Zusicherung der Vertraulichkeit in Erfahrung gebracht haben, dass man dort über mögliche Steuersenkungen bis hin zu Investitionsanreizen nachdenke, um einer Rezession gegenzusteuern. Uneinigkeit bestehe in der Koalition lediglich hinsichtlich der Frage, ob primär die Nachfrage stimuliert werden oder man auf die Unternehmen setzen soll.

Einige Voraussetzungen hat sich Deutschland immerhin geschaffen, meint Bloomberg, die einen Umgang mit einer möglichen Krise zumindest erleichtern könnten. So sei es immerhin gelungen, die Verschuldung der öffentlichen Haushalte auf 60 Prozent des BIP zu senken. Olaf Scholz erklärte dazu im Rahmen der jüngsten Budgetdebatte, „gute, stabile Finanzen“ seien die beste Vorbereitung auf Zeiten größerer wirtschaftlicher Unsicherheit.

Verbrauchervertrauen hält Inlandsnachfrage hoch

Eine starke Nachfrage nach deutschen Automobilen in der Volksrepublik China und ein intaktes Verbrauchervertrauen hätten Deutschlands Wirtschaft in den letzten Jahren stabilisiert. Der Arbeitsmarkt habe davon profitiert, die Kauflaune ist mit einem Indexstand des Konsumentenvertrauens von 10.4 mit Blick auf den April in der Nähe des Höchststandes von elf Punkten ein Jahr zuvor.

Davon profitiert die Inlandsnachfrage. Immerhin hat auch noch der Rat der Wirtschaftsweisen eine Erholung des Wachstums im nächsten Jahr auf 1,4 Prozent prognostiziert, nachdem er jene für 2019 von 1,8 auf 0,8 korrigiert hatte.

Die Botschaft aus dem innersten Kreis um Merkel, so Bloomberg, laute, das Thema einer möglichen Rezession nicht ohne Not aufs Tapet zu bringen. Wirtschaftsminister Peter Altmaier habe auch deshalb seinen Kollegen Scholz zurückgepfiffen, nachdem dieser Anfang des Jahres in „Bild“ erklärt hatte, die „fetten Jahre“ seien vorbei. Altmaier meinte daraufhin, man sollte einen wirtschaftlichen Aufwärtstrend nicht hinunterreden. Seither spricht Scholz meist nur noch von „Normalisierung“.

Hohe Energiepreise und Anti-Diesel-Politik nicht erwähnt

Bloomberg schreibt auch, Deutschland als Exportnation leide unter der „America first“-Politik des US-Präsidenten Donald Trump, der sich entschlossen zeigt, hohen Importzöllen der EU entsprechende Gegenmaßnahmen aus den USA entgegenzusetzen.

Was die liberale Nachrichtenplattform nicht anspricht, sind hausgemachte Faktoren wie eine ideologische Klimapolitik, die für hohe Energiepreise, Versorgungsengpässe, Belastung durch Ökosteuern und düstere Zukunftsaussichten für die Automobilindustrie sorgt.



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