Schlacht um ChatGPT – Sam Altman vor Gründung eines neuen Unternehmens

Der Machtkampf nach der Entlassung von CEO Sam Altman stürzt OpenAI in eine Krise. Großinvestoren wie Microsoft hatten auf eine Rückkehr des ChatGPT-Erfinders gedrängt. Diese Möglichkeit soll gescheitert sein. Nun könnten frühere Führungskader eine Konkurrenz gründen.
Wird wohl doch nicht zu OpenAI zurückkehren: Sam Altman.
Wird wohl doch nicht zu OpenAI zurückkehren: Sam Altman.Foto: Sven Hoppe/dpa
Von 20. November 2023

Im Führungsstreit bei OpenAI ist das letzte Wort offenbar noch nicht gesprochen. Knapp ein Jahr nach der Weltpremiere des KI-gesteuerten Bots ChatGPT hatte der Verwaltungsrat am Freitag, 17. November, CEO Sam Altman überraschend das Vertrauen entzogen. Nun machen die Investoren Druck und verlangen eine Rückkehr des Gründers. Unter ihnen ist unter anderem Microsoft – der Konzern hatte OpenAI bislang mehr als elf Milliarden US-Dollar zugesagt.

Wie „The Verge“ berichtet, soll mittlerweile sogar die Gründung eines Konkurrenzunternehmens zu OpenAI im Raum stehen. Ein Deal mit den Investoren, der eine Rückkehr Altmans ermöglicht hätte, scheint gescheitert zu sein. Am Freitag hatte der Verwaltungsrat erst Technologiechefin Mira Murati als Interims-CEO eingesetzt. Bereits zwei Tage später räumte sie ihren Posten zugunsten des bisherigen Twitch-Chefs Emmett Shear.

Ton der Investoren gegenüber Verwaltungsrat von OpenAI schnell verändert

Für OpenAI könnte der Führungsstreit eine existenzielle Krise bedeuten. Bereits Stunden nach der Entlassung von Altman hatte Präsident Greg Brockman seinen Rücktritt erklärt. Beide sollen bereits mit Freunden und Investoren über die Gründung eines neuen Unternehmens gesprochen haben.

Noch am Freitag haben Quellen aus dem Unternehmen zufolge mehrere hochrangige Forscher ihre Kündigungen eingereicht, heißt es in den Berichten weiter. Kurz nach der Entlassung Altmans hatte Großinvestor Microsoft noch mitgeteilt, an seiner Partnerschaft mit OpenAI festhalten zu wollen.

Im späteren Verlauf des Wochenendes veränderte sich jedoch die Tonlage und führende Investoren entfalteten Druck in Richtung des Verwaltungsrates. Dieser solle den entlassenen CEO in sein Amt zurückholen. Neben Microsoft forderten dies auch Risikokapitalgeber wie Tiger Global, Thrive Capital oder Sequoia Capital. In sozialen Medien brachten zahlreiche Mitarbeiter ihre Solidarität mit dem Gründer zum Ausdruck. Bald war die Rede von einem möglichen Rücktritt des Verwaltungsrates, um Altman und Brockman die Rückkehr zu ermöglichen.

Unterschiedliche Visionen über die Zukunft von ChatGPT

Im Kern soll es in dem Machtkampf um unterschiedliche Visionen für das KI-Projekt ChatGPT gehen. Die Bruchlinie offenbart sich in erster Linie zwischen der Forschungsabteilung und der Produktabteilung.

Vor allem die Forscher sollen darauf gepocht haben, sich nach dem spektakulären Anfangserfolg von ChatGPT wieder auf die Ursprünge von OpenAI zu besinnen. Im Jahr 2015 erfolgte dessen Gründung als Non-Profit-Unternehmen. Dieses sollte eine Künstliche Intelligenz schaffen, die gemeinnützigen Aufgaben diene.

Der Anfangserfolg des Bots hatte jedoch schlagartig die Prioritäten verändert. Nach seiner Erstveröffentlichung Ende November 2022 hatte ChatGPT innerhalb von nur fünf Tagen die Schwelle von einer Million Nutzer überschritten. Das war ein Fabelweltrekord – die zuvor am schnellsten wachsende Anwendung Instagram hatte dafür 75 Tage benötigt. Entsprechend begehrt war das Unternehmen bei Investoren, die allerdings den kommerziellen Aspekt in den Vordergrund stellten.

Forscher von OpenAI wollten Schwerpunkt auf Risikominimierung bei ChatGPT legen

Der Verwaltungsrat wollte sich stärker auf die Minimierung von Risiken der KI konzentrieren. Auch über die Art der Vermarktung und das Einbringen von Investorengeldern soll es Differenzen gegeben haben.

Bereits seit dem spektakulären Anfangserfolg von ChatGPT war immer häufiger die Rede von möglicherweise existenziellen Risiken für die Menschheit. Die KI, so die Befürchtungen, könne sich verselbstständigen, für Hunderte Millionen wegrationalisierter Arbeitsplätze sorgen oder zum Einfallstor für Manipulation, Cyberkriminalität oder Terrorismus werden. Sogar Technologiechefin Murati selbst hatte vor abträglichen Effekten dieser Art gewarnt.

Tesla-CEO Elon Musk hatte schon im Frühjahr einen Appell lanciert, der auf eine Entwicklungspause bei der Künstlichen Intelligenz gerichtet war. Diese solle eine Regulierung der Technologie ermöglichen. In den USA und in der EU arbeitet man bereits an entsprechenden Gesetzen.

Wird generative KI in ihren Potenzialen überschätzt?

Gleichzeitig wachsen die Zweifel, ob ChatGPT und andere Chatbots tatsächlich über ein so hohes destruktives Potenzial verfügen. Mittlerweile haben bereits mehrere Tech-Konzerne ihre eigenen KI-gesteuerten Sprachsysteme vorgestellt, so etwa Google mit Bard. Weitere Akteure wie Meta, Amazon oder Elon Musk arbeiten an eigenen.

Bei allen bisherigen Modellen sind jedoch eine Reihe von Schwächen festzustellen. So agieren einige Bots bei zu speziellen Anfragen wortkarg oder neigen zum „Halluzinieren“ – also zu grob fehlerhaften oder gar frei erfundenen Angaben.

Im Sommer war erstmals die Nutzerzahl von ChatGPT über mehrere Monate zurückgegangen. Einer aktuellen Bitkom-Umfrage zufolge bezeichnen sich nur 13 Prozent der Befragten als „Power-User“ von ChatGPT. Für private Zwecke nutzen 82 Prozent das Tool, die Hälfte auch beruflich.

Dass ChatGPT ihnen effektiv bei Problemen geholfen hat, bejahen nur 13 Prozent. Ein Fünftel der Nutzer erklärt, dass es zu viel Zeit koste, von der KI brauchbare Antworten zu erhalten.



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