Thyssenkrupp-Beschäftigte gegen Teilverkauf der Stahlsparte

Mit Plakaten und Trillerpfeifen haben in Essen Tausende Thyssenkrupp-Beschäftigte ihren Unmut über die Konzernführung geäußert. Vorstandschef López versprach eine „konstruktive Zusammenarbeit“.
Mitarbeitende stehen bei einer Demonstration vor der Konzernzentrale von Thyssenkrupp.
Mitarbeiter bei einer Demonstration vor der Konzernzentrale von Thyssenkrupp, 2024.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Epoch Times23. Mai 2024

Tausende Thyssenkrupp-Angestellte haben am Donnerstag vor der Essener Konzernzentrale gegen den geplanten Teilverkauf der Stahlsparte des Unternehmens protestiert.

„Wir fordern den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, Standortgarantien und Investitionszusagen“, sagte Knut Giesler von der IG Metall. Nach Angaben der Gewerkschaft beteiligten sich rund 5.000 Mitarbeiter der verschiedenen Unternehmensteile an der Protestaktion.

Hat Stahl aus Duisburg eine Perspektive?

Konzernchef Miguel Lopez verwies bei seiner Rede auf die Schwierigkeiten des Stahlgeschäfts im Zuge der grünen Transformation und versprach „konstruktive Zusammenarbeit“ mit den Arbeitnehmervetretern. Jedoch: „Ohne Einschnitte wird es nicht gehen“.

Thyssenkrupps Stahlsparte leidet seit Jahren unter sinkenden Preisen, steigenden Energiekosten und wachsender Konkurrenz. Mit der Umstellung auf grünen Stahl werde der Energiekostenanteil noch deutlich steigen, sagte Lopez. „Und deshalb braucht unser Stahlgeschäft starke Energiepartner – einen wie EPCG.“

„Wir wollen in konstruktiver Zusammenarbeit mit den Arbeitnehmervertretungen sozialverträgliche Lösungen schaffen“, sagte López. „Es soll auch weiterhin keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Aber wir müssen handeln, damit Stahl aus Duisburg auch weiterhin eine Perspektive hat.“ Während seiner Rede gab es zahlreiche Zwischenrufe. Nach Angaben eines IG-Metall-Sprechers konnte der Konzernchef die Zweifel an den Verkaufsplänen aber nicht ausräumen.

Thyssenkrupp hatte Ende April mitgeteilt, zunächst 20 Prozent seiner kriselnden Stahlsparte an die Firma EPCG des tschechischen Milliardärs Daniel Kretinsky zu verkaufen. Darüber hinaus gebe es Gespräche über den Erwerb weiterer 30 Prozent der Anteile am Stahlgeschäft durch EPCG. Ziel sei die Bildung eines gleichberechtigten 50/50-Joint Venture, hieß es.

„Wir wollen wissen, welches industrielle Konzept hinter dem Einstieg von Kretinsky steht“, sagte IG-Metaller Knut Giesler. Bislang scheine die Verkündung der Pläne eher „eine PR-Aktion“ gewesen zu sein. Zugleich habe Konzernchef Miguel López mit der Ankündigung „ein weiteres Mal die Mitbestimmung im Konzern brüskiert und die Belegschaften verunsichert“.

„Gegen Milliardäre haben wir nichts, wenn …“

„Ein Umbau der Thyssenkrupp AG gegen die Menschen wird nicht gelingen“, erklärte Konzernbetriebsratsvorsitzende Tekin Nasikkol. Es müsse Schluss sein „mit dem Kurs gegen die Mitbestimmung“. Zur Teilnahme aufgerufen hatte die IG Metall.

„Gegen Milliardäre haben wir nichts, solange sie Geld mitbringen und in den Stahl investieren“, sagte Nasikkol. Allerdings wüssten die Beschäftigten nicht, was Herr Kretinsky wolle. „Will er mit uns Geld verdienen, oder will er an uns Geld verdienen?“ Man sei offen für gute Lösungen. „Doch billig verkaufen lassen wir uns nicht.“

Anlass für die Protestkundgebung direkt vor der Konzernzentrale war eine Sitzung des Aufsichtsrats der Konzernholding am selben Tag. Arbeitnehmervertreter werfen dem Vorstand um den Vorsitzenden López unter anderem vor, sie nicht genügend und frühzeitig in wichtige Entscheidungen einbezogen zu haben.

NRW-Regierung vor Ort

Im Fokus steht vor allem die Thyssenkrupp-Stahlsparte, die mit der Konjunkturschwäche, Energiekosten und Billigimporten zu kämpfen hat. Dort ist ein deutlicher Abbau der Erzeugungskapazitäten in Duisburg geplant, der mit einem Stellenabbau verbunden sein soll. Einzelheiten stehen noch nicht fest.

Auch die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hatte bei anstehenden Veränderungen bei Thyssenkrupp die Einbindung der Arbeitnehmerseite eingefordert.

Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) solidarisierte sich mit den Angestellten und trat am Donnerstag bei der Demonstration auf. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert die Transformation der Stahlsparte des Essener Konzerns mit insgesamt 700 Millionen Euro.

Thyssenkrupp hat weltweit rund 100.000 Beschäftigte, davon allein rund 27.000 in der Stahlsparte. (afp/dpa/red)



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