Weitere Top-Unternehmen verlassen Deutschland

Die Zahl der Abwanderungen von Unternehmen aus Deutschland ist so hoch wie seit 15 Jahren nicht mehr. Bekannte Namen wie Meyer Burger, Landliebe und Miele sind nur die Spitze des Eisberges. Der BDI geht davon aus, dass mehr als 40 Prozent der Mittelständler Gedanken an einen Exodus hegen.
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Zwei Solarzellen der Schweizer Gruppe Meyer Burger, hergestellt in Bitterfeld-Wolfen, am 26. September 2023.Foto: Jens Schlüter/AFP via Getty Images
Von 26. Februar 2024

Bereits im Frühjahr 2023 warnten Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft vor immer schlechteren Standortbedingungen in Deutschland. Energiekosten, hohe Steuerbelastung und Bürokratie hätten zur Folge, dass immer mehr Unternehmen an Abwanderung dächten. Die jüngst in die Schlagzeilen gelangten Fälle wie Miele, Landliebe und Meyer Burger sind dabei möglicherweise nur die Spitze des Eisbergs.

Abwanderung wird zur ernsten Option für deutsche Unternehmen

Wie der „Münchner Merkur“ schon vor einem Jahr berichtete, war die Zahl der Abwanderungen deutscher Unternehmen bereits zu diesem Zeitpunkt auf einem hohen Niveau angelangt. Es sei der höchste Stand seit 15 Jahren. Der Anteil der Unternehmen, die Auslandsinvestitionen mit Kostendruck begründeten, sei gegenüber vor zehn Jahren von 20 auf 32 Prozent angestiegen. Dies ergab eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK).

Mitte des Vorjahres bestätigte der „Nordkurier“ unter Berufung auf den Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die Entwicklung. Demnach seien weitere 16 Prozent der industriellen Mittelständler dabei gewesen, Arbeitsplätze und Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern. Weitere 30 Prozent spielten bereits konkret mit dem Gedanken daran.

Erst Ende Januar hatten die vier Spitzenverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH einen Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz gerichtet. In diesem warnten deren Präsidenten vor einem dauerhaften Verlust der Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Deren Folge wäre der dauerhafte Verlust von Arbeitsplätzen. Die derzeitige Krise treffe „den Kern des wirtschaftlichen Fundaments“.

USA begrüßen Neuzugänge mit wehenden Fahnen

Wenig spricht dafür, dass die Warnsignale zu einem zeitnahen Umsteuern in der Politik führen. Diese interpretiert die Lage, findet jedoch zu keinem Konsens darüber, wie man sie verändern könnte. Derweil werden die Meldungen über Unternehmen, die aus Deutschland abwandern, häufiger – und die Namen prominenter.

Ende April möchte etwa der Solarkonzern Meyer Burger seine Zelte im sächsischen Freiberg abbrechen. Lediglich die Abteilung für Forschung und Entwicklung in Hohenstein-Ernstthal dürfte erhalten bleiben, wie das „Handelsblatt“ berichtet.

Seine Solarmodule will der Konzern künftig in Colorado Springs fertigen. Dort wird man in eine frühere Halbleiterfabrik des Chipherstellers Intel einziehen und 350 neue Arbeitsplätze schaffen. In den USA profitiert man von steuerlichen Vergünstigungen aufgrund des „Inflation Reduction Acts“ (IRA) und durch den Bundesstaat selbst. Dazu kommen günstige und maßgeschneiderte Tarife für Strom und Wasser.

In Deutschland diskutiert man derweil über ein „Solarpaket I“, das Hersteller von Solarmodulen entlasten soll, die chinesischer Billigkonkurrenz ausgesetzt sind. Vor Mitte März kommt das Paket jedoch nicht in den Bundestag.

Lebensmittelindustrie: Starke Konkurrenz und hoher Kostendruck

Während Meyer Burger bereits seit Monaten in Aussicht gestellt hatte, seine Produktion aus Deutschland in die USA zu verlagern, kam die Ankündigung bei Landliebe eher überraschend. Im Februar des Vorjahres hatte die Unternehmensgruppe Theo Müller den Konkurrenten auf dem Markt für Milchprodukte übernommen.

Nun stehen die letzten beiden deutschen Werke in Heilbronn und Schefflenz vor der Schließung. Rund 400 Mitarbeiter werden sich bis zum Sommer 2026 eine neue Tätigkeit suchen müssen. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat Widerstand gegen die Entscheidung angekündigt. Ob dieser Erfolg haben wird, ist jedoch ungewiss.

Gänzlich aus heiterem Himmel kam jedoch auch das Aus für die Landliebe-Produktion in Deutschland nicht. Dass die Lebensmittelindustrie hier unter Druck steht, zeigten bereits die Entwicklungen bei Unilever-Knorr und der Deutschen Confiserie-Gruppe (Arco, Eilles, Hussel).

Auf einem stark umkämpften Markt mit geringen Gewinnmargen forderten Kostenentwicklung und die Höhe des Investitionsbedarfs ihren Tribut. Aus einer finanzwirtschaftlichen Analyse ließen sich günstige Zukunftsprognosen für die Standorte nicht herleiten.

Aus den Regalen verschwinden werden Landliebe-Produkte, glaubt man den Worten der Geschäftsführung, nicht. Nach den Werksschließungen sollen die Erzeugnisse an anderen Standorten gefertigt werden. Die Unternehmensgruppe Theo Müller ist ein Schwergewicht in der Lebensmittelbranche in Europa. Fabriken gibt es neben Deutschland in Tschechien, Polen und dem Vereinigten Königreich.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) vermutet ein anderes Kalkül hinter den Werksschließungen: „Die Vermutung liegt nahe, dass der Müller-Konzern die traditionsreiche Landliebe nur gekauft hat, um die Konkurrenz loszuwerden“, so Landeschef Uwe Hildebrandt.

Er unterstellte dem Molkereikonzern Theo Müller Profitgier, die nun die Beschäftigten ausbaden müssten. Das berichten die „Stuttgarter Nachrichten“.

Abwanderung betrifft auch Hersteller für „Energiewende“-Produkte

Zu den bekannteren Unternehmen, die jüngst ihre Abwanderung aus Deutschland angekündigt hatten, gehört auch Haushaltsgerätehersteller Miele. Dort werden bis zu 2.700 Stellen weltweit gestrichen oder verlagert. Hunderte Arbeitsplätze im Bereich der Waschmaschinenproduktion wandern von Gütersloh nach Polen ab. Stellenabbau gibt es bis Ende 2027 auch beim Konkurrenten BSH.

Neben den USA, der Türkei und Asien ist vor allem Polen zu einem beliebten Ersatzstandort für Unternehmen geworden, die Kostendruck, Fachkräftemangel und Bürokratie aus Deutschland drängen. Die Energiekosten sind dort geringer, ebenso die Arbeitskosten. Dem Statistischen Bundesamt zufolge haben bislang fast 6.000 deutsche Unternehmen dort zusammen mehr als 37 Milliarden Euro investiert.

Neben Haushalts- und Elektrogeräten werden immer häufiger auch Möbel, Autoteile, Motoren, Fernseher oder Hörgeräte produziert. Aber auch immer mehr Schlüsselprodukte für die „Transformation“ der deutschen Wirtschaft entstehen in Polen, unter anderem Lithium-Ionen-Batterien oder Wärmepumpen. Diese im östlichen Nachbarland herzustellen, hat jüngst Bosch angekündigt.

Bei einigen weiteren Produkten, die Deutschland auf seinem Weg in die „Klimaneutralität“ helfen sollen, befindet sich aber auch China auf der Überholspur. Neben Solarmodulen und Bauteilen für Windkraftanlagen erobern zunehmend auch E-Autos von dort den deutschen Markt. Das angekündigte Verbrennerverbot in der EU und die gezielte Unterstützung eigener Exporteure durch das KP-Regime in Peking machen es chinesischen Anbietern nicht schwerer.



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