Wie abhängig ist die deutsche Wirtschaft von China?

Computer, Chips, Rohstoffe, Vorprodukte, Maschinenbau – die Wirtschaft von China und Deutschland ist miteinander verflochten. Es gibt durchaus riskante Abhängigkeiten. Doch wie eng sind die einzelnen Branchen verflochten?
Deutsche Elektroindustrie weiter stark auf China angewiesen
Luftbild von Containerschiffen im Hafen von Hongkong. Deutschland ist noch von vielen chinesischen Produkten abhängig.Foto: iStock
Von 25. Januar 2023

Die deutsche Elektroindustrie ist wie keine zweite Branche im Land von Vorleistungen aus China abhängig. Das zeigt eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Demnach ist die Sparte der Datenverarbeitungsgeräte, elektronischen und optischen Erzeugnisse bei 19,4 Prozent aller Vorleistungen aus dem Ausland auf chinesische Zulieferer angewiesen. Mit 16,1 Prozent liegt die Herstellung von elektrischer Ausrüstung auf dem zweiten Platz.

Insgesamt sei China als Lieferant und Abnehmer von Vorleistungen für die deutsche Industrie im Durchschnitt zwar bedeutsam, aber nicht in einem überragenden Ausmaß, heißt es in der Studie. So stammten im Schnitt 6,6 Prozent aller Vorleistungslieferungen, die die deutschen Industrieunternehmen aus dem Ausland beziehen, aus China.

In absoluten Zahlen ist mit 90.000 Jobs der Maschinenbau als Arbeitgeber am abhängigsten vom Export nach China.

Deutsche Elektroindustrie: Noch knapp 20 Prozent Abhängigkeit von China

Deutsche Industriebranchen und ihre Vorleistungsabhängigkeit von China. Foto: Epoch Times, Quelle: IW-Report 5/23

Bei der Studie geht es nicht darum, wie stark die deutsche Wirtschaft auf einzelne chinesische Produkte angewiesen ist. Vielmehr stünde die Abhängigkeit ganzer Branchen insgesamt im Fokus.

So ergab kürzlich das aktuelle Jahresgutachten des Sachverständigenrats, dass beim Blick auf einzelne Produkte jene mit den größten Abhängigkeiten zu 45,1 Prozent aus China importiert werden. Den Wirtschaftsweisen zufolge lassen sich 208 Produkte aus China kaum anderswo beschaffen.

Abhängigkeit im Vergleich moderat

Gegenüber dem „Handelsblatt“ relativierte Jürgen Matthes, Leiter der Abteilung Globale und regionale Märkte am Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) und Mitautor der Analyse, die Ergebnisse.

„Insgesamt betrachtet ist die deutsche Industrie im internationalen Vergleich nicht besonders abhängig von Importen aus China. Wenn man jedoch die einzelnen Branchen betrachtet, gibt es dort durchaus riskante Abhängigkeiten, insbesondere in der Elektroindustrie.“

Mit seinem Branchendurchschnitt von 6,6 Prozent Vorleistungsabhängigkeit liegt Deutschland im Vergleich zu zehn anderen wichtigen Industrienationen im niedrigeren Bereich.

Als das am stärksten von China abhängige Land führt die IW-Analyse Japan auf. Mit einem Industrieschnitt von fast 20 Prozent aller Vorleistungsimporte übertrifft es alle anderen Nationen. An zweiter Stelle folgt Russland mit 16,5 Prozent und auch die Industrie der USA ist mit 13,9 Prozent in der Gesamtheit abhängiger von Vorleistungen aus China als die deutsche Industrie. Das französische verarbeitende Gewerbe kommt hingegen lediglich auf 3 Prozent.

Deutsche Elektroindustrie: Noch knapp 20 Prozent Abhängigkeit von China

Durchschnittsanteil Chinas an Vorleistungslieferungen aus dem gesamten Ausland. Foto: Epoch Times, Quelle: IW-Report 5/23

Die noch bestehende Abhängigkeit einzelner deutscher Branchen stuft Matthes aber dennoch als bedenklich ein.

„Im Falle eines geopolitischen Konfliktes oder anderen Störungen der Lieferketten stellt diese Exponiertheit ein Risiko dar“, warnte der IW-Experte. „Daher sollten Unternehmen einseitige, kritische Abhängigkeiten durch mehr Diversifizierung beseitigen.“

Abhängigkeit von China schränkt Politik ein

Einige große deutsche Unternehmen wie VW, Mercedes oder BMW ließen sich in den vergangenen Jahren wegen aussichtsreicher Geschäfte auf eine Kooperation mit China ein. Die hohe Abhängigkeit dieser Unternehmen vom chinesischen Absatzmarkt betrachten die Leiter der IW-Analyse allerdings weiterhin als kritisch.

„So hohe Abhängigkeiten drohen auch den Handlungsspielraum der Politik einzuschränken“, warnte Matthes. China habe in der Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt, dass es wirtschaftliche Abhängigkeiten skrupellos auszunutzen versucht, um Regierungshandeln auch hierzulande zu beeinflussen. Diese Bedenken teilt auch die Bundesregierung.

Matthes erklärt: „Unternehmen sollten geopolitische Risiken einpreisen, etwa das Szenario einer Taiwan-Invasion.“ Mögliche Verluste in einem solchen Fall dürften nicht zum Konkurs führen und auch nicht dazu, dass der Staat einspringen müsse.

Auch Christina Raab von der Unternehmensberatung Accenture warnte kürzlich eindringlich vor einer solchen Eskalation im südchinesischen Meer. Das wäre „ein wesentlich größerer Schock für die Weltwirtschaft als der aktuelle Konflikt mit Russland“.

Taiwan beherbergt wichtige Hightechfirmen, wie etwa TSMC, UMC, Acer, HTC, MSI, ASRock, Asus, BenQ, Foxconn, um nur einige zu nennen. TSMC ist beispielsweise drittgrößter Halbleiterproduzent der Welt und gleichzeitig der größte unabhängige Auftragsfertiger für Halbleiter weltweit. Bei einer Taiwan-Invasion durch China könnte das bei etlichen Unternehmen zu gravierenden Liefer- und somit Produktionsproblemen führen.

(Mit Material von dts)



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