Wissenschaftler stellen Brennstoff vor, der nicht brennt

Brennende Tankstellen und explodierende Tanklager könnten künftig der Vergangenheit angehören. Ermöglichen soll das ein neuer Brennstoff für jede Art Fahrzeug, der aber in seiner Rohform gar nicht brennt.
Es ist nicht der Brennstoff, der brennt, sondern flüchtige Gase. Kann man diese kontrollieren, kann man auch die Verbrennung steuern.
Verdunstet Benzin, kann es sich leicht entzünden. Ein neuer Kraftstoff könnte künftig das Risiko senken, er verdunstet nicht.Foto: iStock
Von 14. Oktober 2023

Chemieingenieure der kalifornischen Universität Riverside (UCR) haben einen Treibstoff entwickelt, der sich nur beim Anliegen von elektrischem Strom entzündet. Da er nicht auf Flammen reagiert und während der Lagerung oder des Transports keine versehentlichen Brände auslösen kann, handelt es sich um einen „brandsicheren Flüssigbrennstoff“.

„Der Kraftstoff, den wir normalerweise verwenden, ist nicht sehr sicher. Er verdampft und könnte sich entzünden, und das ist schwer zu verhindern“, sagt Yujie Wang, Doktorand der UCR im Bereich Chemieingenieurwesen und Mitautor der neuen Studie. Um die Entflammbarkeit des neuen Kraftstoffs zu kontrollieren, müsse man einfach nur die elektrische Spannung regeln – kein Strom, keine Flamme.

In ihrer Veröffentlichung im „Journal of the American Chemical Society“ beschreiben Wang und Kollegen, wie sie den Brennstoff entwickelt haben. Weitere technische Details sind in einem von ihnen eingereichten Patent enthalten.

Voraussetzung einer Verbrennung kontrollieren

Bei der Verbrennung von Kraftstoff verbrennt nicht die Flüssigkeit selbst, auch Holz brennt nicht selbst. Stattdessen sind es die flüchtigen Moleküle, die über dem Brennstoff schweben und sich bei Kontakt mit Sauerstoff und Flamme entzünden. Somit gibt es drei Grundvoraussetzungen für Feuer: brennbares Material, Wärme und Sauerstoff. Wird auch nur eine von ihnen entfernt, erlischt die Flamme. So nutzen Feuerwehren beispielsweise Wasser, um die Temperatur zu senken, oder Schaum, um die Sauerstoffzufuhr zu unterbrechen.

„Wenn man ein Streichholz in eine Benzinlache auf dem Boden wirft, verbrennt der Dampf des Gases. Riecht man diesen Dampf, weiß man sofort, dass er flüchtig ist“, sagte Prithwish Biswas, ebenfalls Doktorand an der UCR und Erstautor der Studie. „Wenn man die Dämpfe kontrollieren kann, kann man auch kontrollieren, ob der Brennstoff brennt.“

Die Grundlage des neuen Brennstoffs ist eine ionische Flüssigkeit, eine Art verflüssigtes Salz. „Es ähnelt dem Salz, das wir zum Aromatisieren von Lebensmitteln verwenden, nämlich Natriumchlorid“, so Wang. „Das Salz, das wir für dieses Projekt verwendet haben, hat einen niedrigeren Schmelzpunkt als Kochsalz, einen niedrigen Dampfdruck und ist organisch.“

Im Labor änderte das Team die Formel der ionischen Flüssigkeit und ersetzte das Chlor durch Perchlorat. Anschließend testeten sie mit einem Feuerzeug, ob die entstandene Flüssigkeit brennt. „Die Temperatur eines normalen Feuerzeugs ist hoch genug, und wenn es brennen würde, würde es brennen“, sagte Wang.

Stromausfall als Notausschalter

Als Nächstes versuchte das Team, eine Spannung anzulegen und den Kraftstoff anschließend zu entzünden. Mit Erfolg: Dieselbe Feuerzeugflamme entzündete die Flüssigkeit. „Sobald wir den Strom abschalteten, war die Flamme verschwunden, und wir konnten diesen Vorgang immer wieder wiederholen – Spannung anlegen, Rauch sehen, den Rauch anzünden, damit er brennt, und dann abschalten“, zeigte sich Wang begeistert von dem System, „das wir sehr schnell starten und stoppen konnten“.

Wenn man der Flüssigkeit mehr Spannung zufügt, entstehen größere Flammen mit mehr Energieausstoß, so die Forscher weiter. Der Ansatz könne somit auch wie ein Dosier- oder Drosselungssystem in einem Motor funktionieren.

„Man kann die Verbrennung auf diese Weise messen, und das Absenken der Spannung funktioniert wie ein Notausschalter – ein Sicherheitsmerkmal, das eine Maschine automatisch abschaltet, wenn der Bediener außer Gefecht gesetzt wird“, so Michael Zachariah, angesehener Professor für Chemietechnik an der UCR und Autor der Studie.

Anwendung möglich, Wettbewerbsfähigkeit fraglich

Theoretisch könne der ionische Flüssigtreibstoff in jeder Art von Fahrzeug verwendet werden. Allerdings müssen noch einige Fragen beantwortet werden, bevor er kommerziell genutzt werden kann. Der Kraftstoff müsste in verschiedenen Motorentypen getestet und seine Effizienz ermittelt werden.

Eine interessante Eigenschaft der ionischen Flüssigkeit ist, dass sie mit konventionellem Kraftstoff gemischt werden kann und sich trotzdem so verhält, wie sie es von sich aus tut. „Es muss jedoch noch weiter geforscht werden, um herauszufinden, welcher Prozentsatz gemischt werden kann und trotzdem nicht entflammbar ist“, sagte Zachariah.

Obwohl es noch eine Reihe von Bereichen gibt, in denen die Flüssigkeit weiter erforscht werden muss, freut sich das Team, einen Brennstoff hergestellt zu haben, der vor versehentlichen, unbeabsichtigten Bränden sicher ist. „Dies wäre definitiv teurer als die derzeitige Herstellung von Brennstoffen. Diese Verbindungen werden normalerweise nicht in großen Mengen hergestellt, aber wenn dies der Fall wäre, würden die Kosten sinken“, sagte Zachariah.

„Wie wettbewerbsfähig wäre das? Ich weiß es nicht. Aber wenn Sicherheit wichtig ist, dann ist das ein wichtiger Aspekt der Sache. Wenn man etwas sicher macht, hat man einen Vorteil, der über das Endergebnis hinausgeht“, sagte Zachariah.

(Mit Material der University of California, Riverside)



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