Blitzableiter aus Licht: Forscher lenken Blitze mit Laserstrahlen

Laserlicht und Blitze taugen beide als grandiose Lichtschau. Nun zeigen Forscher, dass Laser Blitze beeinflussen und in eine gewünschte Richtung leiten können. Damit ließen sich künftig Flughäfen und Startrampen vor Unwettern schützen – oder Blitze gezielt zünden.
Blitze über dem Kölner Dom.
Blitze über dem Kölner Dom.Foto: iStock
Von 18. Januar 2023

Weltweit schlagen pro Sekunde 40 bis 120 Blitze ein. Sie verursachen jährlich Schäden in Milliardenhöhe und über 4.000 Todesfälle. Den besten Schutz bietet – noch – der Blitzableiter, den der amerikanische Erfinder Benjamin Franklin bereits 1749 entwickelte.

Mehr als ein Vierteljahrtausend später ist es Forschern um Aurélien Houard, Physiker an der Pariser Hochschule für Ingenieure (Ensta), gelungen, den einfachen Metallstab zu ersetzen. Stattdessen verwendeten sie Licht, genauer gesagt Laserstrahlen. An einer Versuchsanlage in der Schweiz konnten sie so Blitze auf eine gewünschte Bahn lenken.

Der ungreifbare Blitzableiter eigne sich insbesondere für wichtige Einrichtungen wie Flughäfen oder Startrampen für Raketen. Ihr entscheidender Vorteil: Flugzeuge können durch sie hindurchfliegen. Laut Houard könnte die Technik jedoch auch eingesetzt werden, um Blitze überhaupt erst auszulösen. Die Anwendungen dafür sind vielfältig, sowohl im zivilen als auch im militärischen Bereich.

Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher Mitte Januar in der Fachzeitschrift „Nature Photonics“.

Strom durch Licht lenken

Ein Blitz ist eine Entladung statischer Elektrizität, die sich in Gewitterwolken oder zwischen Wolken und dem Boden aufgebaut hat. Wenn sie sich entlädt, bildet sich in der Luft ein Plasmakanal, dessen Aufleuchten wir als Blitz wahrnehmen. Ein ähnliches Prinzip nutzten die Forscher, um dem Blitz den Weg zu bahnen. Dadurch gelang es ihnen erstmals unter realen Bedingungen, Strom durch Licht zu lenken.

Der verwendete Laser heizt die Luft in seinem Strahl auf, sodass viele Luftmoleküle in die kühlere Umgebung entweichen. Dadurch entsteht wiederum ein Kanal mit geringerer Luftdichte, ein sogenanntes Filament. Die Luft wird „teilweise leitfähig und daher ein bevorzugter Weg für den Blitz“, erklärt Houard. Ein ebenfalls bevorzugter Weg für Blitze ist der 124 Meter hohe Sendemast auf dem Berg Säntis in der Schweiz. Der Turm wird von jährlich etwa 100 Blitzen getroffen und von mehreren Forscherteams zur Untersuchung von Blitzen benutzt.

Sendeturm auf dem Säntis mit dem Laser gegen Blitze.

Sendeturm auf dem Säntis mit Blitzableiter aus Licht. Foto: Houard et al. (2022); doi.org/10.1038/s41566-022-01139-z; CC BY 4.0

Neben diesen mit verschiedenen Messinstrumenten ausgerüsteten Turm platzierten die Forscher ihren Laser. Der leicht geneigte Laserstrahl war so ausgerichtet, dass er der Turmspitze nahekam. Auf diese Weise war der optische Blitzableiter in Greifweite (für Blitze) des metallischen an der Turmspitze. Außerdem installierten Houard und Kollegen zwei Hochgeschwindigkeitskameras, die die Blitzeinschläge mit bis zu 24.000 Bildern pro Sekunde aufzeichnen sollten.

„Wir wollten zeigen, dass der Laser einen Einfluss auf den Blitz haben kann – und dass es einfach ist, ihn zu lenken“, so Houard.

Sekundenbruchteile für die Zukunft

Aufgrund ihrer Entfernung von 1,4 und 5 Kilometern von der Turmspitze lieferten die Kameras nur bei guter Sicht brauchbare Ergebnisse. Das Glück war den Forschern hold und sie erhielten Bilder von einem von vier Blitzen. Darauf ist zu sehen, dass sich der Blitz mehr als 50 Meter lang um den Laserstrahl herumwindet, bevor er in den Blitzableiter des Turms einschlägt.

Ein Blitz folgt dem Laser über mehrere Dutzend Meter.

Ein Blitz folgt dem Laser über etwa 50 Meter, bevor er in den Blitzableiter des Sendeturms einschlägt. Foto: Houard et al. (2022); doi.org/10.1038/s41566-022-01139-z; CC BY 4.0

Vergleiche mit und ohne Laser-Blitzableiter zeigen zudem, dass der Blitz durch die Führung des Lasers tatsächlich sehr viel zielgenauer den Blitzableiter des Turms trifft. In Zahlen ausgedrückt, um 60 Prozent genauer. Das Fazit der Studienautoren fällt entsprechend positiv aus:

„Die Ergebnisse […] liefern Indizienbeweise dafür, dass Filamente, die durch kurze und intensive Laserpulse gebildet werden, Blitzentladungen über beträchtliche Distanzen leiten können“. Diese vorläufigen Ergebnisse sollen zukünftig durch weitere Versuchsreihen mit neuen Konfigurationen bestätigt werden.

Mit Laser (oben) ist der Weg des Blitzes vorgezeichnet.

Mit Laser (oben) ist der Weg des Blitzes vorgezeichnet. Unten zum Vergleich ohne Laser. Foto: Houard et al. (2022); doi.org/10.1038/s41566-022-01139-z; CC BY 4.0

Anwendungen nicht nur friedlich

Die Idee, Laser für den Blitzschutz einzusetzen, ist bereits knapp 50 Jahre alt. Erstmals umgesetzt wurde sie Ende der 1990er-Jahre unter Laborbedingungen. Versuche im Freien scheiterten sowohl 2004 im US-Bundesstaat New Mexico und 2011 in Singapur.

Dass die Experimente am Säntis im Jahr 2021 erfolgreich verliefen, führen die Wissenschaftler auf die Lasertechnologie zurück. So verwendeten sie extrem kurze Laserpulse mit der Dauer einer Picosekunde, – einem Millionstel einer Millionstel-Sekunde. Im Gegenzug ließen sie den Laser 1000 Mal pro Sekunde aufblitzten. Zum Vergleich, das menschliche Auge nimmt bereits 25 Blitze pro Sekunde als durchgängiges Leuchten wahr.

Hinsichtlich der Anwendung der neuen Technik sind die Forscher zuversichtlich und hoffen, dass die Technik zum Schutz vor tödlichen Blitzen eingesetzt werden kann. So könnten wichtige Einrichtungen wie Flughäfen oder Raketenabschussrampen besser geschützt werden.

Wie Houard jedoch erklärte, könnte der Laser-Blitzableiter auch dafür eingesetzt werden, Blitze zu einem gewählten Zeitpunkt zu zünden. In Verbindung mit bereits existierenden Laserwaffen ist damit selbst eine militärische Nutzung nicht ausgeschlossen.

Anders als der grüne Laser auf dem Säntis kämen dann jedoch vermutlich unsichtbare Laserstrahlen zur Anwendung. Diese werden bereits auf einigen Marineschiffen eingesetzt, um Angreifer abzuwehren, indem die Laserstrahlen berührungslos und auf Hunderte Meter Entfernung Bootsmotoren überhitzen und dadurch Maschinenschäden verursachen.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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