Bischof und Brückenbauer – Robert Zollitsch wird 80

Er ist Erzbischof im Ruhestand und war Chef der katholischen Bischöfe in Deutschland: Robert Zollitsch wird 80 Jahre alt. Der als liberal geltende Kirchenmann verstand sich als Brückenbauer. Und sorgt sich heute um den Zusammenhalt in der…
Epoch Times8. August 2018
Robert Zollitsch war sechs Jahre lang Gesicht und Stimme der katholischen Kirche in Deutschland. Als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz musste der damalige Freiburger Erzbischof den Skandal um Kindesmissbrauch durch katholische Geistliche managen. Er holte den Papst nach Deutschland, öffnete die katholische Kirche für die Ökumene und initiierte einen Dialogprozess. Am Donnerstag (9. August) wird der als liberal geltende Kirchenmann 80 Jahre alt.«Ich genieße es, nach arbeitsreichen Jahren etwas mehr Ruhe finden zu können», sagt Zollitsch im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Der im heutigen Serbien geborene Katholik war von Juni 2003 bis Mitte 2014 Erzbischof von Freiburg, er leitete eine der größten Diözesen Deutschlands. Von 2008 bis 2014 stand er zudem an der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz, bis er in den Ruhestand ging. Seinen Wohnsitz in Freiburg, direkt neben Münster und Ordinariat, hat der Geistliche behalten. Die badische Universitätsstadt ist ihm Heimat seit mehr als einem halben Jahrhundert. «Ich habe mir einen geregelten Tagesablauf beibehalten und nutze den Tag», sagt Zollitsch. Er wirkt an Gottesdiensten mit und engagiert sich bei Firmungen. «Das Schöne ist, dass nach den Gottesdiensten nicht schon, wie früher, der nächste Termin ruft. Ich kann mir also die Zeit nehmen, zum gemeinsamen Essen und zu Gesprächen zu bleiben.» So sei er nun näher bei den Menschen: «Dies erlebe ich mit großer Freude.»Der Erzbischof war im Februar 2008 der Überraschungsnachfolger, als Kardinal Karl Lehmann nach 21 Jahren als Chef der deutschen Bischöfe abtrat. Zollitsch bezeichnete sich als Brückenbauer, er suchte Konsens statt Konfrontation. In Predigten und Interviews meldete er sich gerne zu gesellschaftlichen Themen zu Wort, vermied jedoch ideologisch überhöhte Debatten.Bewähren musste er sich als Krisenmanager. Der Missbrauchsskandal erschütterte die Kirche und forderte den Chef der Bischöfe heraus. «Die schwierigste Phase meiner Amtszeit», erinnert er sich.Zollitsch blieb zunächst sprachlos. Er brauchte Zeit, um Worte zu finden. Dann jedoch traf er den richtigen Ton, wie später selbst seine Kritiker einräumten: Er gab Fehler der Kirche zu, entschuldigte sich bei Missbrauchsopfern, kündigte Entschädigungen an und installierte mit dem Trier Bischof Stephan Ackermann einen Missbrauchsbeauftragten. Zudem stieß er eine Verschärfung der kirchlichen Leitlinien an sowie eine Diskussion über die Sexualmoral der katholischen Kirche.Auf die Einladung von Zollitsch kam 2011 Papst Benedikt XVI. nach Deutschland, unter anderem nach Freiburg: «Sein Besuch war einer der Höhepunkte meiner Amtszeit. Es war ein großes und gemeinsames Fest des Glaubens, das mich persönlich sehr berührt hat.» Ins Zentrum stellte der Freiburger Erzbischof den Ausbau der Ökumene. Mit Erfolg: Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) habe in dem Katholiken einen ehrlichen und fairen Partner gefunden, heißt es dort. Die katholische Reformbewegung «Wir sind Kirche» lobt zwar den vergleichsweise offenen Umgang des Erzbischofs mit Kirchenkritikern. Bei strittigen Themen sei es dem Mann aus Freiburg jedoch nicht gelungen, sich gegen stark traditionelle Bischöfe durchzusetzen.Glückwünsche zum Geburtstag kommen nun unter anderem von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. «Wir verdanken Ihnen wichtige geistige Impulse: für die wissenschaftliche Theologie ebenso wie für das Zusammenleben der Konfessionen und Religionen», schrieb das Staatsoberhaupt am Mittwoch. Als Vorsitzender der Bischofskonferenz sei Zollitsch «immer ein Mann klarer Worte» gewesen, «der bei aller Nachdenklichkeit und Konzilianz auch die politische Kontroverse nicht scheute, wenn es um zentrale Fragen des Zusammenlebens in Staat und Gesellschaft ging».Seinen Geburtstag feiert Zollitsch zunächst privat, am 15. August dann mit einem großen Gottesdienst im Freiburger Münster. Körperlich und geistig agil verfolgt er das Geschehen. «Ich sehe mit Sorge, dass unsere Gesellschaft auseinanderdriftet», sagt er. Wachsender Egoismus und Populismus seien eine Gefahr. Dagegen müsse die Kirche angehen.

(dpa)


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