China manipuliert Meinungen im Internet

In China stellt das Regime Web-Kommentatoren ein für die „Übermittlung öffentlicher Meinung“ im Internet
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Ein Internet-Benutzer in China an einem Computer. Ein aktuelles, umfangreiches Interview enthüllt die Einzelheiten einer Internet-Täuschungs-Kampagne, bei der "Web-Kommentatoren" von der KPCh dafür bezahlt werden, unterstützende Propaganda im Internet zu verbreiten.Foto: China Photos/Getty Images.

Seit mehreren Jahren kursieren Berichte über die Internet-Polizei der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh). Die Mitglieder dieser sogenannten „50 Cent Partei“ sollen angeblich jedes Mal, wenn sie einen Internet-Beitrag zur Verherrlichung der KPCh veröffentlichen oder gegen jene argumentieren, die „falsche“ Gedanken bezüglich des Regimes äußern, diesen Betrag erhalten. Bis heute war wenig über die inneren Vorgänge dieser Internet-Polizei bekannt: wie viel sie wirklich bezahlt bekommen, wie ihre Arbeit aufgeteilt ist, was für Techniken sie einsetzen und wie sie in den Beruf einsteigen.

Ein umfangreiches Interview zwischen dem seit Anfang April gefangen gehaltenen chinesischen Künstler Ai Weiwei und einem Mitglied dieser Armee von „Web-Kommentatoren“ ist vor einigen Wochen aufgetaucht. Es zeigt ausführlich, wie die aufwendige Täuschungs-Operation, oder in den Worten von Parteichef Hu Jintao, „Übermittlung öffentlicher Meinung“, sich über das Internet abspielt.

Ein Teil der Übersetzung des Interviews wurde vom „China Media Project“, einem Journalismusprojekt der „University of Hong Kong“, zur Verfügung gestellt, während The Epoch Times die anderen Teile aus dem chinesischem Original übersetzt hat.

Das Interview zeigt auf, dass die „50 Cent“-Web-Kommentatoren täglich Aufgaben erteilt bekommen, entweder durch „QQ“, einem chinesischen Chat-Programm, oder per E-Mail. Es werden zum Beispiel Propagandamaßnahmen vorgeschlagen, gezielt auf konkrete Vorfälle wie Beschwerden über die Inflation oder eine Naturkatastrophe.

Eine Einzelperson oder eine kleine Gruppe trägt die Verantwortung für bestimmte Webseiten. Der junge Mann, der von Ai Weiwei befragt wurde, genannt „W.“, ist für elektronische Anschlagbretter zuständig. Da „W.“ seiner Arbeit wegen einen Großteil seiner Zeit online verbringt, passt der Teilzeit-Propaganda-Job zu seinen Fähigkeiten und in seinen Zeitplan. Durch einen Freund kam er zu dieser Teilzeitbeschäftigung und verdient jetzt für mehrere Stunden Arbeit am Tag bescheidene 600 Yuan (EUR 66) im Monat.

Hochrangige Parteimitglieder bestimmen die gewünschte „ideologische Richtung“ der Diskussionen. „Du kanalisierst die Ideen der Web-Benutzer in die gewünschte Richtung, du änderst den Fokus der Web-Benutzer oder du manipulierst die Emotionen der Web-Benutzer [über ein bestimmtes Thema]“, erklärte W. in dem Interview.

Sobald die Richtung festgesetzt ist, beginnt der Kommentator nach Nachrichten oder Argumenten zu suchen, die seine Richtung verstärken können. „Das erfordert viel Geschick. Du musst deine eigene Identität verbergen. Und du kannst auch nicht in einer zu offiziellen Weise schreiben“, sagte W.

Diese Aufgabe kann den Agitator selbst schizophren machen. „Du musst Artikel in vielen verschiedenen Stilen verfassen. Manchmal bedeutet das, mit dir selber zu reden, zu kämpfen, und zu streiten. Im Wesentlichen geht es um die Erstellung einer Fassade, um die Web-Benutzer anzulocken. Die Kunst, das zu erreichen, ist ziemlich umfassend“, sagte er.

In einem bestimmten Fall hatte er sich drei Hüte aufgesetzt: als Führer, Mitläufer und Beobachter. Für jeden musste eine individuelle Stellung in der Diskussion erschaffen werden. W., als Drahtzieher, kontrollierte sorgfältig die Sprache und Argumente der einzelnen Rollen, um die Glaubwürdigkeit zu bewahren.

Nachdem eine langwierige Diskussion geführt wurde, tritt der „Führer“ mit „überzeugendem Beweis“ auf, die letztendlich die öffentliche Meinung auf seine Stellungnahme ziehen soll. Diese Stellungnahme ist eigens dafür entworfen, um die Propagandaziele der Kommunistischen Partei zu unterstützen.

„Manchmal habe ich das Gefühl, als ob meine Persönlichkeit gespalten ist“, bemerkte W.

In erster Linie gilt es, „die Leitideologie deiner Vorgesetzten deutlich zu verstehen.“ Das beeinflusst die restlichen Aktivitäten des Web-Kommentators.

W. schätzt, dass er 60 bis 70 Prozent seiner Zeit damit verbringt, die Beschwerden über lokale Themen zu dämpfen. Es geht um Antragsteller, Mitbürger, die Beamte wegen Missbrauch zu verklagen versuchen, und andere Fragen im Zusammenhang mit „sozialer Stabilität“.

„China Media Project“ beobachtet, dass die Strategie der Verwendung von Web-Kommentatoren eine spezielle Entwicklung der Propaganda und Medienpolitik von Hu Jintao ist.

Somit greift das kommunistische Regime nicht nur auf die eher einfachen sowie stumpfen Techniken der Internetzensur und Sperrung des Internetzugangs zurück, welche immer noch in einem gewaltigen Umfang stattfinden. Chinas kommunistische Führer können mit dieser Art der „Übermittlung öffentlicher Meinung“ einen pluralistischen Anschein im Internet gewährleisten, der zugleich zu ihren Gunsten manipuliert werden kann.

 



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