Polit-Krise: Drohte „Chinas Wagner-Moment“?

Nach der Absetzung des Außenministers: Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping entfernt die beiden obersten Spitzen der Raketentruppen. Die Krise in der Führungsetage der Kommunistischen Partei nimmt weiter Fahrt auf. Eine Analyse.
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Xi Jinping 2017 bei einer Militärinspektion.Foto: Dale De La Rey/AFP via Getty Images
Von 11. August 2023

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Nicht nur im chinesischen Außenministerium hat sich der Chefposten personell verändert. Auch bei dem für Chinas Raketen zuständigen Truppenteil änderte sich etwas an der Spitze. Offenbar hat der Regimechef Xi Jinping Probleme mit Teilen seiner Truppen. Dabei wollte er doch gerade mit seiner umfassenden Militärreform seit einigen Jahren derartigen Problemen vorsorgen. Doch Experten zufolge befindet sich Xi mittlerweile in einem „Teufelskreis“ und hat große Personalprobleme.

Rocket-Force-Spitze durch „Auswärtige“ ersetzt

Die Absetzung der beiden obersten Kommandeure für Chinas Atomwaffenarsenal und die ballistischen Raketen überhaupt deutet an, was wohl in der militärischen Führungsetage Chinas vor sich gehen mag.

Xi Jinping, Chinas Oberster Führer (Partei, Staat, Militär), hatte am 31. Juli General Li Yuchao, den Kommandeur der People’s Liberation Army Rocket Force (PLARF), seines Postens enthoben, ebenso den Politischen Kommissar der PLARF, General Xu Zhongbo. Doch Xi Jinping formte die neue Spitze nicht aus den Reihen der Rocket Force. Der neue Kommandeur dieser Truppen ist der vorherige Vizekommandeur der Marine, Wang Houbin, und der neue Polit-Kommissar Xu Xisheng, zuvor Generalleutnant der Luftwaffe.

Wie die US-Epoch-Times berichtet, ist der momentane Aufenthaltsort der beiden ehemaligen Raketen-Generäle unbekannt. Ebenso gibt es über den Grund ihrer Entlassung keine offiziellen Angaben. Medienberichten zufolge soll es aber um Ermittlungen der Anti-Korruptionsbehörde gehen. Man geht davon aus, dass es um den Verrat militärischer Geheimnisse an die USA geht.

Der Fall um General Li soll auch mit der kürzlichen Absetzung von Außenminister Qin Gang zu tun haben. Dieser hatte sich nach Insiderinformationen durch eine Intervention in dem Fall das Misstrauen von Xi Jinping zugezogen. Wochenlang war Qin Gang verschwunden, was die Gerüchteküche brodeln ließ. Auch der Tod zweier ranghoher Generäle vor wenigen Monaten nährt die Spekulationen um eine Säuberung in Chinas Raketentruppen.

Drohte „Chinas Wagner-Moment“?

Der deutsche Chinaexperte und politische Analyst, Frank Lehberger, bringt einen weiteren Aspekt ins Spiel: die Wagner-Meuterei Ende Juni in Russland. Er vermutet, dass dies Xi Jinping bis ins Mark erschüttert haben könnte. Kurz darauf fanden große Veränderungen in der Führungsspitze der Rocket Force statt. Obwohl dies unbestätigt ist, merkte Frank Lehberger an, dass „der besondere Zeitpunkt und die Eile, mit der der Austausch innerhalb der PLA stattgefunden hat“, den Spekulationen eine gewisse Glaubwürdigkeit verleihe.

„Daher bezeichnen einige Kommentatoren die ganze Angelegenheit als ‚Chinas Wagner-Moment‘“, meinte der China-Experte. Lehberger erinnerte daran, dass die Bewaffnung der Wagner-Putschisten gegen Putin aus normalen Waffen bestanden habe. Hingegen könnten hypothetische chinesische Putschisten (der Rocket Force) Xi mit Raketen „eliminieren“, da von ihnen „die meisten (nicht nuklearen) Präzisionsraketen“ kontrolliert werden könnten.

Lehberger verwies auf Xi Jinpings Reden seit dem 24. Juli und verschiedene Leitartikel in den Staatsmedien des chinesischen KP-Regimes, wonach vier Hauptprobleme des chinesischen Militärs hervorgehoben worden seien: Mangel an Ethik, mangelnde Aufsicht, Bildung von Fraktionen und aktive Offenlegung von Militärgeheimnissen. „Diese vier Punkte bestätigen meine Einschätzung, dass diese ganze Angelegenheit nicht nur auf Korruption oder Verhalten oder ethisches Fehlverhalten zurückzuführen ist, sondern dass auch Xis Status als autokratischer Führer Chinas bedroht ist“, sagte China-Experte Frank Lehberger.

Xi Jinping im „Teufelskreis“

Claude Arpi, ist ein in Indien ansässiger französischer Historiker und Tibet-Experte. Er sagte gegenüber The Epoch Times: „In den jüngsten Veränderungen in der PLA Rocket Force steckt mehr, als man auf den ersten Blick sieht.“ Der Experte äußerte seine Ansicht bezüglich der Ernennung der beiden Außenseiter in die Rocket-Force-Spitze. „All dies zeigt, dass Xi Jinping nicht nur ein großes Problem mit der Disziplin innerhalb der PLA hat, sondern auch ernsthafte Probleme, Beamte zu finden, denen er vertrauen kann.“

China-Experte Lehberger glaubt, dass mit dem neuen Rocket-Force-Kommandeur Wang Houbin interne Probleme entstehen werden. Laut seiner Biografie ähnele seine Karriere eher der eines Bürokraten ohne praktische Erfahrung. „Wang wurde nur dafür gelobt, dass er ein loyaler, fügsamer und fleißiger […] Offizier im Stabshauptquartier war. Paradoxerweise waren es diese Eigenschaften, gepaart mit seinem völligen Mangel an technischem oder beruflichem Know-how, die bei der Auswahl von Xi eine entscheidende Rolle spielten.“

Xi Jinpings umwälzende Militärreformen treffen auf große Probleme: „Dies wird durch die Tatsache bestätigt, dass Xi, abgesehen von einer Handvoll hochrangiger VBA-Offiziere, die er seit Jahrzehnten persönlich kennt, niemandem innerhalb des VBA-Offizierkorps vertraut“, so Lehberger. Chinas Führer besetze die Posten „mit handverlesenen Beamten […], die sorgfältig auf ihre Loyalität ihm persönlich gegenüber überprüft wurden“.

Ein „Neuling und Außenseiter wie General Wang Houbin“ werde beim Offizierskorps der Rocket Force und der Basis „nur wütende Verachtung und Ungehorsam hervorrufen“. Dies verstärke aber nur umso mehr Xi Jinpings „Misstrauen und Paranoia“, was ein „Teufelskreis“ sei.



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