Regierungsberater stellt Konzept zur Wohnungsumverteilung in Deutschland vor

Prof. Steffen Sebastian schlägt eine Reihe von Maßnahmen vor, wie man ältere Menschen aus ihren Wohnungen bekommt, wenn diese auf zu vielen Quadratmetern wohnen.
Titelbild
Der Frust bei Rentnern sitzt tief. Trotz erfüllter Arbeitspflicht bleibt oft nur wenig übrig (Symbolbild).Foto: iStock
Von 5. Mai 2023

Prof. Steffen Sebastian ist Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung sowie stellvertretender Geschäftsführer des IREBS (International Real Estate Business School) Instituts für Immobilienwirtschaft der Uni Regensburg. Er ist ebenfalls Berater der deutschen Bundesregierung.

Prof. Sebastian hat jetzt eine Teamarbeit aus seinem Haus vorgelegt, die bundesweit ein starkes Medienecho bekam. Darin werden Vorschläge gemacht, wie der Wohnungsnot in Deutschland entgegengetreten werden könnte. Für die Experten naheliegend war hier nicht etwa der Neubau von Wohnraum, sondern eine Umnutzung des vorhandenen – Stichwort „Umverteilung“.

Was auf der oppositionellen Ebene als linker Kampfbegriff verstanden wird, wird in Regensburg mit wissenschaftlicher Nüchternheit sozialökologisch dargelegt.

Das Team von Prof. Sebastian möchte unter anderem Mieten erhöhen und Mieterschutzinstrumente wie die Kappungsgrenze und den Bestandsschutz abschaffen. Hauptziel solcher Maßnahmen soll es sein, ältere Mieter, deren Kinder ausgezogen und deren Partner verstorben ist, dazu zu bewegen, in kleinere Wohnungen umzuziehen, um Platz für jüngere Familien zu machen.

Importierter Wohnbedarf

Tatsächlich haben Millionen Migranten und Flüchtlinge aus der Ukraine, die in wenigen Jahren nach Deutschland gekommen sind und hier ansässig werden wollen, diese Wohnungsnot erst entstehen lassen, wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ Mitte Februar dieses Jahres feststellte: „Der Wohnungsmangel und die steigende Zahl von ukrainischen Kriegsflüchtlingen sowie Asylbewerbern stellen die Kommunen vor immer größere Herausforderungen.“

Die Zeitung berichtete über einen Fall in Lörrach, wo vierzig Mieter in Alternativwohnungen umgesiedelt werden sollten, „um eine kommunale Anschlussunterbringung für Kriegsflüchtlinge zu schaffen“. Die Schlagzeile lautete damals „Mieter sollen ausziehen, damit Flüchtlinge einziehen“.

„Rentner im Visier“

Von dieser Problematik ist allerdings in den über die Arbeit aus Regenburg berichtenden Medien kaum etwas zu lesen. Der „Focus“ beispielsweise titelte: „Regensburger Forscher: Radikaler Vorschlag gegen Wohnungsnot zielt auf Mietpreise für ältere Verträge“. Die „Münchner Tageszeitung“ (tz) sah sogar den „Rentner im Visier“:

„Damit würde man diejenigen, die in zu großen Wohnungen leben, aber wegen der günstigen Miete nicht in eine kleinere Wohnung ziehen wollen, quasi dazu zwingen. Wenig überraschend: Der Vorschlag kommt nicht gut an.“

Diesem Ansatz folgte auch das „Handelsblatt“, das sich die Vorschläge aus Regensburg genauer anschaute und irritiert fragte: „Massive Mieterhöhungen für fairen Immobilienmarkt?“

Überraschender ist hier ein Vorstoß, der im Vorfeld der Arbeit aus Regensburg von der Partei „Die Linke“ kam. Laut „Spiegel“ war dies ein „einschneidende Vorschlag“, um einen Wohnungstausch zwischen Senioren und jungen Familien im Mietrecht zu fördern.

Experten hätten die Linkspartei anschließend erst darauf hinweisen müssen, schreibt das Hamburger Magazin weiter, dass so ein Umzug gerade für Senioren „den Verlust sozialer Kontakte und der gewohnten Umgebung bedeuten“.

Systemwechsel vor, weg vom Schutz günstiger Mieten

Die „Welt“ fasst zusammen, um was es beim Vorschlag der Immobilienfachmänner der Uni Regensburg im Kern geht:

„Er sieht einen kompletten Systemwechsel vor, weg vom Schutz günstiger Mieten hin zum Wohngeld für sehr viel mehr Menschen als bisher. Durch zumindest annähernd marktgerechte Mieten sollen Menschen „motiviert“ werden, sich mit weniger Fläche zu begnügen. Oder sie sollten den Luxus ihrer großen Behausung eben zu fairen Konditionen bezahlen, jenen also, mit denen auch Neumieter konfrontiert sind.“

Hier lohnt es einmal weiter zurückgehen: Zu Beginn der Migrationskrise im Jahr 2015 machte der damalige SPD-Parteichef und Vizekanzler Siegmar Gabriel den Bürgern auf einer Migrationskonferenz des „Tagesspiegel“ ein Versprechen:

„Die Integration derer, die hier leben, und derer, die da kommen, darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.“ Flüchtlinge und Arme dürfe man nicht gegeneinander ausspielen.

Wie kann man Einsamkeit im Alter begegnen?

Noch ein älteres Ereignis kommt in der Debatte um die Vorschläge aus Regensburg zu kurz: Im Koalitionsvertrag der vierten Merkel-Regierung von 2017 zwischen der Union und der SPD wurde der Einsamkeit im Alter der Kampf angesagt.

In besagter Vereinbarung heißt es auf Seite 118:

„Gesellschaft und Demokratie leben von Gemeinschaft. Familiäre Bindung und ein stabiles Netz mit vielfältigen sozialen Kontakten fördern das individuelle Wohlergehen und verhindern Einsamkeit. Angesichts einer zunehmend individualisierten, mobilen und digitalen Gesellschaft werden wir Strategien und Konzepte entwickeln, die Einsamkeit in allen Altersgruppen vorbeugen und Vereinsamung bekämpfen.“

Dafür wurden Millionen Euro bereitgestellt. Auf Anfrage, was daraus geworden sei, antwortete das Familienministerium zwei Jahre später, es würde schon „seit längerer Zeit verschiedene Projekte“ fördern, „die auch einsamen Menschen helfen, wie z.B. die 540 Mehrgenerationenhäuser“.

Eine Auskunft, die lediglich an der Oberfläche kratzt. Die Frage, was es mit alten Menschen macht, wenn sie nach Jahrzehnten ihrer gewohnten Umgebung entrissen werden, erfassen besonders solche Menschen, die für ihre Alten den Weg ins Seniorenheim organisieren müssen.

Die „Welt“ schrieb vor ein paar Jahren dazu: „Das Altenheim ist ein angstbesetzter Ort. Neun von zehn Deutschen, ergab erst jüngst wieder eine Umfrage des Bayerischen Rundfunks, fürchten sich davor.“

Der Hamburger Psychiater Klaus Dörner forderte gegenüber der Zeitung sogar eine Abschaffung der Altenheime, weil diese gegen die Menschenrechte verstoßen würden.

Erinnerungsstücke als Leitplanken des Lebens

Jetzt ließe sich einwenden, dass die Uni Regensburg demgegenüber lediglich einen Umzug älterer Bürger in eine kleinere Wohnung vorschlägt. Aber ist das wirklich humaner?

Der Volksmund sagt dazu: „Einen alten Baum soll man nicht entwurzeln.“ Und aus der Geriatrie weiß man längst, wie wertvoll die gelernte Umgebung gerade für das psychische Wohlbefinden alter Menschen ist.

Der oft beobachtete rapide Abbau der geistigen Fähigkeiten beim Umzug in ein Seniorenheim lässt befürchten, dass das bei einem zwangsweisen Wechsel in eine kleinere Wohnung ebenfalls der Fall ist.

Mal ganz davon abgesehen, dass ältere Menschen nicht zuletzt auch deshalb noch ein paar Jahre in einer eigentlich viel zu großen Wohnung bleiben, weil hier die Erinnerungen an einen verstorbenen Partner lebendig bleiben. Solche Erwägungen haben in der Arbeit der Fachmänner aus Regensburg keinen Platz bekommen.

 



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