Venezuela: Billy Six weiter in Haft – wenig Solidarität mit „neurechtem“ Journalisten in Deutschland

Journalist Billy Six ist weiterhin in Venezuela inhaftiert.Foto: wikimedia commons, mariab35, Bildlizenz: CC BY-SA 4.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Aleman_Billy_Six.jpg
Als im April 2007 im türkischen Side der 17-jährige Schüler Marco W. unter dem Verdacht des Kindesmissbrauchs in Untersuchungshaft genommen wurde, weil er im Urlaub sexuellen Verkehr mit einer 13-jährige Britin gehabt haben soll, herrschte in Deutschland Geschäftigkeit bis in höchste Regierungsetagen.
Zeitungen brachten das Schicksal von Marco wochenlang auf den Titelseiten, Uelzener Schüler schrieben Gedichte und Musikstücke, vom damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier über den späteren EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker bis hin zum EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn ließ es sich kaum ein hochrangiger Politiker nehmen, zu intervenieren.
Die Verhaftung des „Welt“-Journalisten Deniz Yücel in der Türkei am 14. Februar 2017 unter anderem wegen des Verdachts der „Terrorunterstützung“ zog ebenfalls breite Berichterstattung, politische und diplomatische Offensiven, Solidaritätskonzerte, Autokorsos und eine Reihe von Kampagnen nach sich. Yücel wurde etwas mehr als ein Jahr später, am 16. Februar 2018, freigelassen. Kritische Stimmen in Deutschland meinten, die Bundesregierung habe sich die Freilassung mit einem groß angelegten Waffendeal erkauft.
„Die Freiheit des Wortes gilt oder gilt nicht“
Am Tag von Yücels Freilassung wurden in Istanbul sechs Personen zu lebenslanger Haft unter „erschwerten Bedingungen“ verurteilt – es waren Journalisten und Polizeibeamte aus dem Gülen-Netzwerk, denen eine Beteiligung am Putschversuch im Juli 2016 zur Last gelegt wurde.
Deutlich weniger Aufmerksamkeit findet demgegenüber die Inhaftierung des freien Journalisten Billy Six, der bereits in mehreren Krisengebieten als Berichterstatter tätig war und am 17. November 2018 unmittelbar nach seiner Einreise aus Kolumbien in Venezuela verhaftet wurde. Seit dieser Zeit hält das sozialistische Regime in Caracas ihn in Untersuchungshaft wegen angeblicher „Spionage“. Six soll zudem ohne Journalistenvisum eingereist sein und bei einem früheren Besuch den Präsidenten Nicolás Maduro bei einer Wahlkampfveranstaltung ohne Erlaubnis fotografiert haben.
Immerhin war Deniz Yücel einer der ersten Prominenten in Deutschland, die Six ihre Solidarität zusicherten und seine Freilassung forderten. Auf Twitter schrieb er am 24. Dezember:
„Die Freiheit des Wortes gilt oder gilt nicht. Sie ist unteilbar. Darum selbstverständlich: #FreeBilly. Und happy birthday, Billy Six!“
Reporter ohne Grenzen und taz weisen auf „problematische“ Rolle von Six hin
Mittlerweile hat der Journalist nach fast zwei Monaten auch Besuch durch den deutschen Botschafter in der Haft erhalten. Wie die „Junge Freiheit“ berichtet, war es ihm bei dieser Gelegenheit auch möglich, mit seinen Eltern zu telefonieren.
„Wir haben erfahren, dass es Billy den Umständen entsprechend gut geht. Er bekommt genug zu essen und wird gut behandelt“, erklärten die Eltern gegenüber der JF. Er habe in seiner Einzelzelle im Geheimdienstgefängnis El Helicoide in Caracas ein Bett und eine Toilette. Seit Neuestem habe er auch einen Tisch und einen Stuhl. Auch ein Frisörbesuch sei ihm vor dem Besuch des Botschafters erlaubt gewesen.
Das Auswärtige Amt teilte der „Jungen Freiheit“ mit, dass man sich auch weiterhin intensiv um konsularische Betreuung bemühen werde. Man habe die venezolanischen Behörden zudem an die völkerrechtliche Verpflichtung erinnert, Zugang zu Six zu erhalten und dafür „auf hoher politischer Ebene demarchiert“.
Auch Reporter ohne Grenzen sicherte Six „wie jedem anderen Journalisten unsere Unterstützung zu“, denn, so äußert sich Geschäftsführer Christian Mihr gegenüber der „taz“:
Bisher erscheint es uns plausibel, dass er journalistisch gearbeitet hat, als er aufgegriffen wurde.“
Jedoch nutzt der Verein wie auch die taz selbst die Gelegenheit, darauf hinzuweisen, dass Billy Six „als Auslands- und Krisenreporter für verschiedene rechte und neurechte Medien“ gearbeitet habe – wozu Autor Peter Weissenberger sogar den kryptokommunistischen russischen Auslandssender RT Deutsch zählt.
Nicht-Werktage zählen nicht als Haft
Auch Mihr weist darauf hin, dass Six „in der Vergangenheit durch problematischen Aktivismus gegen die Presse in Deutschland aufgefallen“ sei. Er weist auf das Eindringen des Reporters und eines britischen Bloggers in die Berliner Büroräume des Recherchenetzwerks Correctiv im Jahr 2016 hin. Dort habe er gefilmt.
„Die beiden Männer sahen die Berichterstattung von Correctiv zum Malaysia-Airlines-Flug MH17 als antirussische Propaganda. Six bedient ein rechtsalternatives Publikum, das ‚die Medien‘ für gleichgeschaltet und etablierte Journalist*innen für korrupt hält“, weiß Weissenburger zu berichten.
Six sei damit sowohl aktivistisch als auch journalistisch tätig. Im konkreten Fall, so heißt es bei „Reporter ohne Grenzen“, sei jedoch davon auszugehen, dass sein journalistisches Handeln im Vordergrund gestanden habe.
Bis 2. Februar hat die Militärstaatsanwaltschaft, die hinter der Verhaftung steckt, laut venezolanischem Gesetz Zeit, eine Anklage gegen Six zu erheben. Dabei hat man die Bestimmung, es gäbe eine Frist von 45 Tagen, bereits vorsorglich in 45 „Werktage“ umdefiniert – Wochenenden und Feiertage gelten demnach in Venezuela offenbar als staatliche Bonus-Beherbergungsdienstleistungen. Rechtsstaatlichkeit im Sozialismus ist nicht selten mit einem kreativen Umgang mit Begrifflichkeiten verbunden.
- 07:18Steinmeier vor Europawahl: "Sirenenrufe des Nationalismus werden lauter"
- 07:08Trump schließt Abzug von US-Truppen aus Südkorea aus
- 06:54Grenze zu Mexiko: Trump droht mit Veto gegen Resolution zu Ende des Notstands
- 06:48Klimaziele bis 2030: Union verärgert über Alleingang der Umweltministerin
- 06:34Modedesigner Karl Lagerfeld in Frankreich eingeäschert
- 06:25Nach Grünen-Protest: Keine Sperrklausel bei der Europawahl 2019
- 05:10Bayern können mit BVB gleichziehen - Heidels Rückkehr
- 04:50Weltmeister Frenzel: «Den Druck scheine ich zu brauchen»
- 04:40Das bringt der Wintersport am Samstag
- 22:32VfB Stuttgart erkämpft Punkt bei Werder Bremen
- 22:30Lieder-Seelen - Von Conrad Ferdinand Meyer
- 22:28VfB Stuttgart erkämpft Punkt bei Werder Bremen
- 22:261. Bundesliga: Bremen und Stuttgart unentschieden
- 22:15Trump und chinesischer Unterhändler verlängern Handelsgespräche bis Sonntag
- 21:50Sudans Präsident verhängt einjährigen Ausnahmezustand
- 21:30Kardinal zu sexuellem Missbrauch: "Die ganze Kirche muss ehrlich hinschauen, rigoros urteilen und...
- 21:1084 Millionen Nigerianer zu Präsidentschafts- und Parlamentswahlen aufgerufen
- 20:52Musik am Abend: 13 Bläser von Mozart
- 20:50Paris am Samstag: Neue Proteste der "Gelbwesten" in Frankreich erwartet
- 20:30Bundespräsident will Elektroautos anschaffen
- 20:27„Die Verführer im Priestergewand“ ein Thema in Rom – Bis Sonntag tagen Bischöfe,...
- 20:242. Bundesliga: Union gegen Bielefeld nur unentschieden
- 20:23Deutscher Vorentscheid zum Eurovision Song Contest in Berlin
- 20:10Nordkorea bittet UN wegen Lebensmittelknappheit um Hilfe
- 19:57Jürgen Fritz: Rechtsbruch durch den neuen Verfassungsschutzpräsidenten?
- 19:50UNO: 2,7 Millionen Menschen seit 2015 aus Venezuela geflohen
- 19:30Bundesregierung scheitert mit Sperrklausel für Europawahl an den Grünen
- 19:10"Die schwarze Null ist ein Fetisch" – Ökonomen fordern neue Schuldenpolitik
- 19:00Rein Statistisch: Jeder in Deutschland trank 2018 etwas über 20 Liter Wein
- 18:50Die neueste KI-Entwicklung in China: Eine Roboterfrau!
- 18:30Einfachere Unterstützung für die Landwirtschaft: EU hebt Grenze für staatliche Krisenhilfen für...
- 18:26Kunde verlangte Neuwagen wegen Diesel-Software – Bundesgerichtshof stärkt Position der VW-Kunden