Anti-Ungarn Propaganda in Schweden, Kulturkampf hinter den Kulissen

Ein Film sorgt für Verstimmung zwischen Schweden und Ungarn. Budapest wirft Stockholm vor, der in den öffentlichen Schulen eingesetzte Lehrfilm verbreite ein einseitiges Bild über die Lage in Ungarn.
Titelbild
Das schwedische Parlamentsgebäude.Foto: iStock
Von 21. September 2023

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Zwischen Ungarn und Schweden hängt der Haussegen schief. Einerseits möchte Schweden, dass Budapest endlich den Beitritt Schwedens zur NATO ratifiziert. Andererseits wurde nun ein Unterrichtsvideo aus schwedischen öffentlichen Schulen publik, welches für Empörung in Ungarn sorgt.

Der 11-Minuten-Film aus der Sicht linksradikaler Aktivisten und anti-ungarischer EU-Politikern vermittle den Schülern ein völlig verzerrtes Bild von Ungarn, so die ungarische Regierung. Und es trage zu einem regelrechten Kampf der Kulturen bei.

Schwierigkeiten für den NATO-Beitritts Schwedens

Ungarns Außenminister Péter Szijjártó reagierte jüngst auf den Film. Laut dem Außenminister werde es „schwierig für Schweden, der NATO beizutreten“. Der Film habe das Anliegen der Schweden – dass Ungarn ebenfalls dem Beitritt zur NATO zustimmt – „nicht gerade in eine positive Richtung gelenkt“.

Am 14. September wandte sich Szijjártó mit einem offiziellen Brief an seinen schwedischen Amtskollegen Tobias Billström. „Diese Anschuldigungen haben den demokratischen Charakter unseres politischen Systems und die Reife der Ungarn, über die Zukunft ihres Landes zu entscheiden, in Frage gestellt.“

Er sehe einen gewissen Widerspruch darin, dass die Schweden „die Abgeordneten Ungarns drängen, den Beitritt Schwedens zur NATO zu ratifizieren, während sie die selben ungarischen Parlamentarier beschuldigen, die Demokratie in Ungarn zu zerstören“.

Was ist in dem Film zu sehen?

Der Film beginnt mit einem Clip über einen der schärfsten Kritiker der Orbán-Regierung, den ungarischen Linkspolitiker Márton Gulyás. Gulyás sagt in dem Video unter anderem, dass es seit der Wahl Orbáns im Jahr 2010 in Ungarn keine Demokratie mehr gebe. Die Regierung schränke die Pressefreiheit und die Meinungsfreiheit ein. Sie habe sogar ein Dekret zur Abschaffung der Verbreitung der Gender-Ideologie erlassen.

In dem Video ist auch die ehemalige Europaabgeordnetin Judith Sargentini zu sehen, die durch ihren früheren Bericht, in dem sie Ungarn verurteilte, bekannt wurde. Guy Verhofstadt, der frühere belgische Premierminister, der für seine anti-ungarischen Tiraden bekannt ist, erscheint. 

Darüber hinaus kritisieren auch bekannte schwedische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens den „diktatorischen Charakter“ der Orbán-Regierung.

Es wird behauptet, dass die Regierung Orbán „seit 2010 die Demokratie stetig abbaut“ und eine der renommiertesten Universitäten „verjagt“ hat. Junge Menschen hätten das Gefühl, das Land verlassen zu müssen.

Auch ein ungarisches Schulbuch wird kritisiert, weil auf einer Buchseite die Bedeutung des Gedankens des Vaterlandsliebe hervorgehoben wird. Warum dies problematisch sein könnte, wird nicht diskutiert.

Der Film enthält jedoch kein einziges Argument von Seiten der Regierung. Es kommt niemand zu Wort, der auch nur eine neutrale Einschätzung der Situation abgeben oder die Punkte aus Sicht der Regierung erklären würde.

Produziert wurde der Film von der schwedischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt UR. Das Unternehmen soll laut Wikipedia „unbestechlich und unabhängig“ sein, so die ungarische Zeitung „Magyar Nemzet“, die über den Fall berichtete. Entdeckt hat das schon seit 2019 als Bildungsmaterial des öffentlichen Bildungswesen Schwedens verwendete Video ein in Schweden lebender Ungar.

Widersprüchliche Inhalte

Weder die ungarische Regierung noch Analysten sind amüsiert. Milán Pálfalvi, ein bekannter ungarischer Analyst, sprach in einem Interview mit der Nachrichtenseite „Origo“ das Thema an.

Pálfalvi verwundert es nicht, dass in den westeuropäischen Ländern ein solches Video in den Lehrplan der Schulen aufgenommen werden konnte – angesichts dessen, „welche anderen Ideologien sie fördern“ und „wen sie in ihren Ländern sprechen lassen“. 

Der Film enthalte jedoch einen Widerspruch in sich, so der Analyst. Schließlich könne Márton Gulyás seine Meinung äußern. Gulyás habe zudem einen linksextremen YouTube-Kanal mit Hunderttausenden von Zuschauern, der ebenfalls in Ungarn aktiv sein darf.

Für eine rege Demokratie spreche auch, dass die großen Anti-Regierungs-Demonstrationen des letzten Jahrzehnts tatsächlich vor dem ungarischen Parlament stattfanden. Sie wurden im Film angeführt. „Diese konnten zu Recht vor dem Parlament in der Hauptstadt stattfinden.“

Tausende Ungarn demonstrierten zum Beispiel am 1. Mai 2017 in Budapest und skandieren „Europa, nicht Moskau“, für die Unterstützung der EU und gegen den ungarischen Premierminister, dem die Demonstranten eine zu große Nähe zu Russland vorwerfen. Foto: ISTVAN HUSZTI/AFP/Getty Images

Die Schweden hätten offensichtlich nicht berücksichtigt, dass die ungarischen Wähler die Regierung zum vierten Mal mit einer Zweidrittelmehrheit unterstützt haben, so Pálfalvi. Und er erinnert: „EU und Brüssel unterstützen in Ungarn aktivistische Organisationen, die ständig daran arbeiten, die ungarische Regierung zu stürzen.“

Dahinter steht ein größerer Kulturkampf

Pálfalvi, der auch Leiter des regierungsnahen „Nézőpont“ Forschungs- und Analyseinstituts ist, sieht dahinter ein anderes Phänomen, das dem Geschehen – europäisch betrachtet – ein besonderes Gewicht verleiht.

Er vergleicht das Vorgehen der Europäischen Union mit einem „Kulturkrieg“, der Ähnlichkeiten mit dem politischen „Feldzug“ gegen den früheren US-Präsidenten Donald Trump aufweist.

Es sei nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Ländern, sondern handle sich vielmehr um ein Aufeinandertreffen von Ideologien, legt Pálfalvi nahe. Eine neue Dimension sei, dass die einseitige Berichterstattung Einzug in den Lehrplan eines westlichen Landes gehalten habe.  – was das Denken der jungen Menschen grundlegend beeinflussen dürfte.

Ähnliches sprach Steve Bannon, der ehemalige Chefstratege von Trump, bereits im Jahr 2018 an. Bei einem Besuch in Budapest sagte er in seiner Rede: Donald Trump wisse, „dass in Europa die ungarische und die polnische Regierung einen großen Kampf um die nationale Souveränität führen“.

Sowohl die US-amerikanischen als auch die internationalen bürgerlichen Medien würden sowohl Trump als auch Viktor Orbán und seine Regierung „ständig verdrehen“ und „verleumden“.

Im Grunde genommen handele es sich um einen Kulturkampf, einen Kampf der Werte. Auf der einen Seite liberale Ideale, Migration und Globalisierung. Auf der anderen Seite die Verteidigung nationaler Interessen und die Bewahrung von Tradition, religiöser und kultureller Identität.

Mit dem Unterrichtsfilm steht diese kulturelle, ideologische Kluft, zwischen Schweden und Ungarn nun neu auf der Tagesordnung.



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