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Bei Sozialhilfe

Bundessozialgericht: Rollstuhlfahrer sollten an Angehörige untervermieten

Wie das Sozialamt die Mehrkosten einer behindertengerechten Wohnung bei auf Sozialhilfe angewiesenen Rollstuhlfahrern übernimmt, wurde vor Gericht geregelt.

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Rollstühle im Krankenhaus (Archiv)

Foto: via dts Nachrichtenagentur

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Wenn auf Sozialhilfe angewiesene Rollstuhlfahrer mit einem nicht behinderten Angehörigen zusammenwohnen, sollten sie dessen Mietanteil mit einem Untermietvertrag regeln.
Denn nur so besteht die Möglichkeit, dass das Sozialamt die üblichen Mehrkosten einer behindertengerechten Wohnung übernimmt, wie aus einem am Mittwoch verkündeten Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel hervorgeht. (Az.: B 8 SO 18/22 R)
Es wies damit eine erwerbsunfähige Rollstuhlfahrerin aus Essen ab. Im Streitzeitraum lebte sie zusammen mit ihrem Sohn in einer Wohnung mit 61 Quadratmetern. Beide wirtschafteten aus einem Topf, einen Untermietvertrag gab es nicht.

Rollstuhlfahrerin beantragte Kostenübernahme der halben Miete

Beim Sozialamt beantragte die Frau die Kostenübernahme von mehr als der halben Miete. Schließlich seien behindertengerechte Wohnungen besonders teuer. Nur sie sei aber auf eine solche Wohnung angewiesen, ihr Sohn nicht. Es sei nicht fair, wenn er sie pflege und sich dann auch noch an den höheren Kosten beteiligen müsse.
In der Vorinstanz sprach das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen der Frau 61 Prozent der Mietkosten zu. Weil in dem Essener Mietspiegel barrierefreie Wohnungen gesondert ausgewiesen seien, ergebe sich, dass diese elf Prozent teurer seien als normale Wohnungen.

Kopfteilprinzip bestätigt

Die Stadt beharrte aber auf einer hälftigen Teilung und bekam nun vor dem BSG recht. Dieses sogenannte Kopfteilprinzip entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und auch des BSG. Es diene der Verwaltungsvereinfachung. Üblich seien die Mehrkosten barrierefreier Wohnungen gar nicht feststellbar.
Ausdrücklich betonten die Kasseler Richter aber, dass die Mietkosten in solchen Fällen durch einen Untermietvertrag anders aufgeteilt werden könnten, soweit dies plausibel begründbar sei. Auch müssten nach bisheriger Rechtsprechung Rollstuhlfahrer eine aus Sicht des Sozialhilfeträgers zu teure barrierefreie Wohnung nur dann verlassen, wenn die Behörde eine günstigere vorweisen könne.
Im Streitfall zog der Sohn inzwischen in eine günstigere Wohnung in der Nähe, und seine auf den Rollstuhl angewiesene Mutter bewohnt die früher gemeinsame Wohnung allein. Die Stadt Essen übernimmt hierfür nun die vollen Kosten, weil sie eine günstigere Wohnung nicht vorweisen kann. (afp)

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