Juli-Umfrage unter Einwohnern im Gazastreifen: Wie sie über die Hamas denken

Wie denkt die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen über die Hamas? Eine Umfrage im Juli ergab, dass fast die Hälfte der Bewohner von Gaza der Aussage zustimmte, dass „es für uns besser wäre, Teil Israels zu sein, als in den von der Palästinensischen Autonomiebehörde oder der Hamas regierten Gebieten zu leben“.
Palästinenser warten am Grenzübergang zwischen dem Gazastreifen und Ägypten im Süden des abgeriegelten Gebiets.
Palästinenser warten am Grenzübergang zwischen dem Gazastreifen und Ägypten im Süden des abgeriegelten Gebiets.Foto: Hatem Ali/AP/dpa
Von 20. Oktober 2023

Im Juli waren 72 Prozent der Bewohner des Gazastreifens der Meinung, dass „die Hamas nicht in der Lage war, das Leben der Palästinenser in Gaza zu verbessern“. Das war ein erheblich höherer Anteil als im Westjordanland, wie die Ergebnisse der ähnlichen Frage an die dortigen Bewohner ergab. Dort sagten das 46 Prozent über die Palästinensische Autonomiebehörde.

Die Meinung der Menschen spielt normalerweise für die Hamas kaum eine Rolle. Die Umfrage wurde zunächst gestartet, um herauszufinden, ob die Palästinenser für die Möglichkeit, frei auf der Straße zu demonstrieren, empfänglich sind. Später befasste sie sich auch mit der Meinung der Gaza-Bewohner über ihre Regierung, die Hamas.

Palästinenser gingen damals aufgebracht auf die Straße, weil die Stromversorgung im Sommer auf sechs Stunden pro Tag begrenzt wurde. Wie bei früheren Demonstrationen im Jahr 2019 beendete die Hamas die Proteste schnell und inhaftierte eine Reihe beteiligter Demonstranten, berichtet das Fikra-Forum.

Abkehr von der Hamas – „für uns ist es besser, Teil Israels zu sein“

Laut der Umfrage hatten immerhin 58 Prozent der Einwohner von Gaza eine positive Meinung von der Hamas. Die Bewohner des Gazastreifens sprachen sich damals sehr für „freie und faire Wahlen“ aus und über zwei Drittel – 70 Prozent – unterstützten den Vorschlag, dass „die Palästinensische Autonomiebehörde Beamte und Sicherheitspersonal nach Gaza entsendet, um dort die Verwaltung zu übernehmen, während die Hamas auf ihre separaten bewaffneten Einheiten verzichtet“.

Angesichts dieser Abneigung gegen die Hamas-Regierung wollten sich zwei Drittel der Palästinenser im Gazastreifen an arabische Regierungen wenden – wobei Ägypten und Jordanien als Beispiel genannt wurden –, um „unsere Situation zu verbessern“.

Ebenso wünschte sich die Mehrheit der Gaza-Bewohner, dass mehr israelische Arbeitsplätze in Gaza und im Westjordanland angeboten werden. Etwa die Hälfte der Bevölkerung in Gaza ist arbeitslos.

Schließlich ergab die Umfrage, dass fast die Hälfte der Bewohner von Gaza (47 Prozent) der Aussage zustimmte, dass „es für uns besser wäre, Teil Israels zu sein, als in den von der Palästinensischen Autonomiebehörde oder der Hamas regierten Gebieten zu leben“.

Drei von vier Gaza-Bewohnern haben ein Einkommen von maximal 352 Euro

Laut Fikra-Forum sind diese Ergebnisse unter anderem auf die „desolate wirtschaftliche Lage“ im Gazastreifen zurückzuführen. Besonders auffällig sind die Einkommensunterschiede zwischen den Bewohnern von Gaza und den im Westjordanland oder in Ostjerusalem lebenden Palästinensern: Drei Viertel der Befragten in Gaza gaben an, dass das Gesamteinkommen ihres Haushalts 1.500 Schekel (352,82 Euro, Wechselkurs vom 19.10.) oder weniger betrage. Nur ein bis zwei Prozent der Befragten im Westjordanland oder in Ostjerusalem gaben das Gleiche an.

Als Konsequenz daraus erklärten zwei Drittel der Gaza-Bewohner, dass „die Palästinenser sich im Moment auf praktische Fragen wie Arbeitsplätze, Gesundheitsversorgung, Bildung und tägliche Stabilität konzentrieren sollten und nicht auf große politische Projekte oder Widerstandsoptionen“.

Die Umfrage erfolgte vom 8. bis 27. Juli 2023. Befragt wurden 1.572 erwachsene Palästinenser (18 Jahre und älter), die im Westjordanland, in Gaza und Ostjerusalem wohnten. Organisator war das Palästinensische Zentrum für öffentliche Meinung. Die Ergebnisse wurden auf dem Fikra-Forum veröffentlicht, einer Initiative des Washington Institute, die 2010 während des Arabischen Frühlings ins Leben gerufen wurde. Diese hat das Ziel, Perspektiven und Hintergrundinformationen zu den dringlichsten aktuellen Ereignissen im Nahen Osten zu liefern, so das Washington Institute.

Der Artikel erschien zuerst in der französischen Epoch Times unter dem Titel: „En juillet dernier, 72% des habitants de Gaza estimaient que le Hamas a ‚été incapable d’améliorer la vie des Palestiniens‘“. (deutsche Überarbeitung ks)



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