Krise in Tunesien: Italiens Ministerpräsidentin warnt vor 900.000 Migranten

Die Wirtschaftskrise in Tunesien hält an. Die Weltbank dreht den Finanzhahn zu. Präsident Saied spricht von einer orchestrierten Verschwörung zum Bevölkerungsaustausch. Was ist los in Nordafrika?
Titelbild
Migranten in Tunesien.Foto: FATHI NASRI/AFP/Getty Images
Von 25. März 2023

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Aufgrund anhaltender wirtschaftlicher Turbulenzen in Tunesien sieht Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni die Gefahr einer massiven Fluchtbewegung über das Mittelmeer gegeben.

Seit Januar wurden in Italien bereits 20.000 Bootsmigranten registriert, deutlich mehr als die jeweils 6.000 Registrierungen zu diesem Zeitpunkt in den Jahren 2021 und 2022. Doch trotz zahlreicher tödlicher Unglücksfälle im Mittelmeer wollen mehr und mehr Menschen nach Europa kommen – angetrieben von der Hoffnung nach einem besseren Leben.

Dieser Tage sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell: „Die Situation in Tunesien ist sehr, sehr gefährlich.“ Beim Treffen der EU-Außenminister am 20. März warnte der spanische Sozialdemokrat: „Wenn das Land wirtschaftlich oder sozial zusammenbricht, werden neue Migrantenströme nach Europa kommen. Diese Situation müssen wir vermeiden.“

Und das könnten nicht wenige Menschen sein. Ministerpräsidentin Meloni sagte auf dem EU-Gipfel in Brüssel eine Zahl. Bis zu 900.000 Menschen könnten sich aus Tunesien auf den Weg nach Europa machen. Es sei denn, die Lage im Land stabilisiere sich absehbar.

Doch danach sieht es offenbar nicht aus.

Am Geldhahn von IWF und Weltbank

Das nordafrikanische Land befindet sich in einer Wirtschaftskrise und ist hoch verschuldet. Tunesien braucht dringend Geld, um seinen diesjährigen Haushalt auszugleichen. AFP-Angaben zufolge liege die Inflation offiziell bei 10,4 Prozent und die Arbeitslosigkeit bei 15,2 Prozent.

Seit 2021 gibt es demnach Verhandlungen zwischen Tunesien und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein Rettungsdarlehen von zwei Milliarden Euro. Zudem setzte kürzlich die Weltbank, Tunesiens zweiter großer Kreditgeber, die Vergabe neuer Darlehen aus.

Seit der Wahl 2019 ist in Tunesien ein konservativer Präsident im Amt. Kais Saied war vorher Jurist und Professor für Verfassungsrecht.

Wie die Nachrichtenagentur berichtet, seien Saied jüngst rassistische Äußerungen gegen afrikanische Migranten aus der Subsahara zugeschrieben worden.

Präsident Saied: Tunesien droht Bevölkerungsaustausch

Doch was war es, das Saied gesagt haben soll? Nach Angaben der „Neuen Zürcher Zeitung“ hatte der Staatschef Ende Februar nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrates von Tunesien von einer Verschwörung gesprochen.

Es gebe orchestrierte kriminelle Bestrebungen gewisser Gruppierungen, die Geld dafür erhielten, „die demografische Zusammensetzung Tunesiens zu verändern“. Man wolle die Tunesier durch Migranten aus Subsahara-Afrika, früher bekannt als Schwarzafrika, ersetzen.

Man wolle die muslimisch-arabische Identität Tunesiens durch eine „Horde“ irregulärer Migranten aus Ländern südlich der Sahara auslöschen. Man wolle Tunesien rein afrikanisch machen. Diesem Phänomen müsse ein Ende bereitet werden, habe Präsident Saied noch gesagt, schreibt die NZZ.

Kritik afrikanischer Staaten

Mehrere afrikanische Staaten und die Afrikanische Union (AU) kritisierten dem Bericht nach die Aussagen von Präsident Saied und begannen mit Unterstützungsmaßnahmen zur freiwilligen Rückreise ihrer Staatsangehörigen aus Tunesien. Die für Mitte März in Tunis geplante panafrikanische Konferenz der AU wurde verschoben.

Die tunesische Regierung habe nach der massiven Kritik zurückgerudert und erklärt, dass man lediglich die in letzter Zeit stark angestiegene irreguläre Migration eindämmen wolle. Vorwürfe der Hassrede gegen Präsident Saied wies Außenminister Nabil Ammar indes zurück. Man werde alles tun, um die Sicherheit der afrikanischen Mitbürger zu garantieren, habe es geheißen.

50 Prozent illegale Migranten

NZZ-Angaben nach habe die tunesische Regierung die Zahl der irregulären Migranten aus der Subsahara-Region Afrikas mit rund 21.000 geschätzt. Viele kämen aus Libyen und Algerien und wollen eigentlich über das Mittelmeer nach Europa. Bei 21.000 soll auch die Zahl der offiziell registrierten Migranten aus der Subsahara-Region liegen. Bei der Hälfte von ihnen soll es sich um Studierende handeln, schreibt die Schweizer Zeitung.



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