Oberst: Hohe Anzahl von Ex-NATO-Soldaten in der Ukraine

Der österreichische Oberst Markus Reisner hat erklärt, wie NATO-Soldaten in der Ukraine kämpfen können, ohne dass der Bündnisfall ausgelöst wird: Es genügt offenbar, die Uniform auszuziehen, zu kündigen und als „Vertragsbediensteter“ loszuziehen. Genau das finde offenbar schon in hoher Zahl statt: „Das ist die Lösung, die wir sehen.“
Von links: Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend, Moderator Roland Adrowitzer und der österreichische Oberst des Generalstabs, Markus Reisner. Foto: Screenshot YouTube/Diplomatische Akademie Wien
Von links: Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend, Moderator Roland Adrowitzer und der österreichische Oberst des Generalstabs, Markus Reisner.Foto: Screenshot YouTube/Diplomatische Akademie Wien
Von 6. Februar 2023

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Wann ist die Grenze zur Kriegspartei überschritten? Nach dem Rechtsverständnis von Prof. Matthias Herdegen, dem Direktor des Instituts für Völkerrecht der Universität Bonn, ist der Punkt gekommen, wenn ein Land „mit eigenen Soldaten, mit eigenen Streitkräften unmittelbar in den Konflikt“ eingreift. Ähnlich sieht es Generalleutnant Andreas Marlow vom Kommando Heer in Strausberg: Gemäß der UN-Charta seien „dritte Nationen, die Unterstützung leisteten, aber nicht in den Konflikt vor Ort eingriffen, nicht Kriegspartei“.

Wie man trotzdem persönlich vor Ort eingreifen kann, ohne völkerrechtlich zur Kriegspartei zu werden, hat der Oberst des österreichischen Generalstabs, Markus Reisner, kürzlich auf einer Podiumsdiskussion in der „diplomatischen akademie“ in Wien erklärt:

Sie brauchen keine NATO-Soldaten in die Ukraine schicken. Ich ziehe meine Uniform aus, unterschreibe einen Vertrag und gehe in die Ukraine. Ich bin kein Angehöriger der österreichischen Streitkräfte mehr, sondern Vertragsbediensteter. Das ist die Lösung, die wir sehen.“

Reisner räumte ein, man könne daraus schließen, dass sich bereits „eine hohe Anzahl ausländischer Söldner […] in der Ukraine“ befinde. Diese seien aber eben offiziell keine „NATO-Soldaten“. (YouTube: Kurzvideo oder Mitschnitt der gesamten Veranstaltung)

Man sei immer zu der Übereinkunft gekommen, „dass man diesen Krieg beenden“ wolle, sagte Reisner. Über „das Wie“ aber sei man sich „nicht so einig, auch in Europa nicht“. Dies sei eine „politische Frage“.

Fasslabend: Es gibt keine niedergeschriebene Zielsetzung

Für Werner Fasslabend, den ehemaligen österreichischen Bundesminister für Landesverteidigung, ist für das pro-ukrainische Bündnis eines eindeutig: „Es gibt zweifelsohne keine klare Zielsetzung und keine niedergeschriebene Zielsetzung“, sagte er bei der gleichen Veranstaltung. „Das, was man feststellen kann, ist, dass es eine strategische Zielsetzung des Westens gibt, die lautet: Russland darf mit seiner militärischen Aggression keinen Gewinn heimfahren“.

Dazu gingen die Auffassungen der Ukraine und „der anderen“ allerdings auseinander, räumte Fasslabend ein: Die Ukraine bestehe darauf, dass das Territorium des gesamten Landes zurückerobert werden müsse. Andere meinten, der Status 2014, kurz „nach der Krim“, sei der relevante.

Man müsse realistischerweise zugeben, dass die Eroberung des Donbass, also der Regionen Donezk und Luhansk, „für die Ukraine äußerst unwahrscheinlich“ sei, so der Ex-Verteidigungsminister. „Bei der Krim ist dies ähnlich, wenn auch nicht in diesem Ausmaß“. Hier sei die Frage der strategischen Auswirkungen groß: Ein Verlust der Krim würde für Russland „ein Fiasko im Schwarzen Meer“ bedeuten.

Reisner: „Es braucht diese einigende Kraft“

Reisner skizzierte die beiden Lager, die es momentan innerhalb der NATO gebe. Die baltischen Staaten, die zentral- und osteuropäischen Staaten und Großbritannien neigten dazu, zu sagen: „Jetzt ist der Moment da. Jetzt werden wir den Russen zeigen, wo sie hingehören“. Deutschland, Italien und Frankreich aber verträten den Standpunkt, „nicht so weiter machen“ zu können.

Es herrsche derzeit ein „handfester Wirtschaftskrieg“, gab Reisner zu bedenken. Europa habe 42 Prozent seiner Rohstoffe aus Russland „konsumiert“, allein Österreich habe 83 Prozent seines Gases aus Russland importiert. Nun könne man nicht vom einen auf den anderen Moment „den Hahn abdrehen“ und sagen, es sei „nichts passiert“.

„Wir haben die Uhren, die Russen haben die Zeit“

Den Effekt spürten „wir nicht so“, weil es einen milden Winter gebe und die Regierung „die richtigen Maßnahmen getroffen“ habe, sagte Reisner. Nun aber brauche es „diese Führungsstärke, diese einigende Kraft“, die entscheiden müsse: „Entweder wir unterstützen die Ukraine mit allem, was dazu gehört“, oder „wir gestehen uns ein, ein Europa als postheroische Gesellschaften, dass wir dazu nicht bereit sind und versuchen diesen Krieg zu beenden. Auch wenn das heißt, Verhandlungen. Und auch, wenn das heißt die Situation wie in München 1938. Das Dazwischen wird uns nicht weiterhelfen“, prophezeite Reisner. Der „Zeitfaktor“ sei dabei „entscheidend“: „Wir haben die Uhren, die Russen haben die Zeit“.

„Wenn wir nicht ernsthaft versuchen, als Europa und auch in Österreich all die Maßnahmen zu treffen, die Vorsorge durchzuführen, um die nächsten Jahre zu überstehen, zum Beispiel im Hinblick auf die Rohstoffe, auf die wirtschaftliche Situation, auf die sicherheitspolitische, dann werden wir große Probleme bekommen“, sagte Reisner. Dies zu verhindern, seien „wir unseren Kindern und Enkelkindern schuldig“.

Geopolitische Interessen unklar

Reisner verwies auf den 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas (KPC). Dabei hätten der chinesische und der russische Außenminister in einer Abschlusserklärung verkündet, „dass niemand das Voranschreiten dieser beiden Völker aufhalten“ werde und „dass die Einigkeit des russischen Volkes nicht in Frage zu stellen“ sei. Andererseits glaubten noch viele Menschen, China stünde nicht auf der russischen Seite, weil KPC-Chef Xi Jinping und US-Präsident Joe Biden sich die Hände geschüttelt hätten.

„Wenn Sie in eine chinesische Tageszeitung hineinschauen, dann lesen Sie ganz andere Dinge als sie bei uns lesen“, erklärte Reisner.

Lage zwischen USA und China angespannt

Die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und China hatten sich zuletzt weiter verschärft: Ein mutmaßlicher chinesischer Überwachungsballon, der quer über die Vereinigten Staaten in Richtung Atlantik getrieben war, wurde nach einigem Zögern von Biden schließlich doch vom US-Militär abgeschossen und stürzte ins Meer. Kolumbien informierte unterdessen über das Eindringen eines Objekts mit „ähnlichen Eigenschaften wie ein Ballon“ in seinem Luftraum.

Göring-Eckardt für weitere Waffenlieferungen

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt erwartet nach ihrem Ukraine-Besuch vom Wochenende demnächst eine größere russische Offensive. Das berichtet der MDR. Sie setzte sich für weitere „möglichst schnelle“ Waffenlieferungen ein. Eine Liste der bisherigen „militärischen Unterstützungsleistungen“ der Bundesrepublik finden Sie auf den Webseiten der Bundesregierung.

Europa zögert

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins „Spiegel“ könnte Deutschland am Ende beinahe der einzige europäische NATO-Verbündete sein, der tatsächlich Kampfpanzer in die Ukraine entsendet. Nach Scholz‘ Zusage, die auch auf Druck Polens, Finnlands und Litauens zustande gekommen war, hätten vor dem Wochenende offizielle Zusagen aus anderen europäischen Ländern gefehlt, vermeldete das Nachrichtenmagazin. Lediglich Portugal habe bestätigt, eine eigene Lieferung fertigmachen zu wollen – sofern die „portugiesische Verteidigungsfähigkeit“ dadurch nicht gefährdet werde.

Demonstrationen für den Frieden

Am Wochenende war es überall in Deutschland erneut zu Demonstrationen und Friedensmärschen gegen den Ukraine-Krieg, gegen Kampfpanzer- und sonstige Waffenlieferungen gekommen. Das deutsche „Netzwerk Friedenskooperative“ sammelt die entsprechenden Aktionen für die kommenden Wochen. Auch die „Volksbewegung“ stellt unter dem Motto „Wir sind das Volk“ aktuelle Termine und Videos von den Friedensdemonstrationen bereit.



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