„Regenbogenkampf“ gegen Ungarns Regierung – 38 Botschafter kamen zur Unterstützung von Pride

Am Wochenende war ein Stück von Budapest in Regenbogenfarben getaucht. Anlässlich der „Pride-Parade“ drückte eine Vielzahl von Botschaftern seine Bedenken gegenüber der ungarischen Regierung aus. Wie reagierte diese?
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Die Pride in Budapest zog 35.000 Besucher an.Foto: Miguel Medina/AFP/Getty Images
Von 18. Juli 2023

Das Pride Festival fand dieses Jahr zum 28. Mal in Budapest statt. Nach Angaben der Organisatoren nahmen 35.000 Menschen am 15. Juli an der Parade teil. Laut den Unterstützern der Veranstaltung werden Mitglieder dieser Gemeinschaft in Ungarn „unterdrückt“, vor allem im Zusammenhang mit dem jüngsten international beachteten Kinderschutzgesetz.

Viele Diplomaten haben sich nun zugunsten der großen Demonstration geäußert: 38 Botschaften und fast ein Dutzend Kultureinrichtungen gaben eine gemeinsame Erklärung ab. Darin äußern sie sich über die ungarische Gesetzgebung, die ihrer Meinung nach erheblich zur Stigmatisierung der LGBTQ-Gemeinschaft beiträgt.

„Wir sind besorgt über die Gesetzgebung und die politische Rhetorik, auch in Ungarn, die den Grundsätzen der Nichtdiskriminierung, den internationalen Menschenrechtsgesetzen und der Menschenwürde widersprechen und zur Stigmatisierung der LGBTQI+-Gemeinschaft beitragen“, heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme.

Zu den Unterzeichnern gehören neben den USA und Deutschland auch das Vereinigte Königreich, Australien, Neuseeland und die Ukraine. Dazu kommt eine Reihe von EU-Ländern, darunter auch das konservativ geführte Italien. Polen, ebenfalls unter konservativer Regierung, und Serbien haben nicht unterzeichnet.

Wie reagierte die ungarische Regierung?

Budapest: „Die Politik befasst sich nicht mit Privatangelegenheiten“

Die ungarische Regierung sieht den Pride-Marsch nicht als politisches Thema an, erklärte der Regierungssprecher, es sei eine Privatangelegenheit der Teilnehmer. Die Politik befasse sich nicht mit Privatangelegenheiten. Nach Erreichen der Volljährigkeit könne jeder sein Leben so leben, wie er möchte, zitierte die konservative Zeitung „Magyar Nemzet“ einen Regierungsvertreter.

Allerdings betonte der Sprecher der Regierung ausdrücklich, dass die Staatsführung „die sexuelle Propaganda, die sich an Kinder richtet, für schädlich und gefährlich hält“. So durfte Werbung für die Veranstaltung in Ungarn nur im Nachtfernsehen gezeigt werden.

Scharfe Reaktion der ungarischen Regierung gegenüber den Botschaftern

Gleichwohl reagierten ungarische Politiker mittels verschiedener Medien auf die Veranstaltung. Tamás Menczer, Staatssekretär des ungarischen Außen- und Handelsministeriums, reagierte beispielsweise auf seiner Social-Media-Seite auf die Proteste der Botschafter. Er erklärte vor allem, dass sich die Regierung für den Schutz ungarischer Kinder gegenüber LGBTQ-Propaganda einsetzt und stellte eine Reihe Gegenfragen an die Botschafter.

  • So zum Beispiel dem französischen Botschafter: „Brennen die 12.000 Autos, die während der Migrantenunruhen in Brand gesteckt wurden, immer noch?“
  • Dem schwedischen Botschafter: „Wie viele Teenager wurden diese Woche bei Bandenkriegen in Schweden erschossen?“
  • Dem niederländischen Botschafter: „Sind die Niederlande immer noch ein Drogenstaat?“ Dazu fügte er an, dass der Präsident der niederländischen Polizeigewerkschaft sein eigenes Land so bezeichnete.
  • Er fragte auch den slowakischen Botschafter: „Können Sie sich an einen Tag erinnern, an dem es in Ihrem Land keine Regierungskrise gab?“
  • Und dem deutschen Botschafter: „Sind Sie nicht besorgt über den Zustand der deutschen Demokratie, da das Wahlgesetz nur mit einer halben Mehrheit geändert wurde?“

Er schloss seine Fragen mit der Andeutung, dass die ungarische Regierung nicht verstehen könne, warum sich Vertreter der Länder, die die Erklärung verfasst haben, in die inneren Angelegenheiten Ungarns einmischen. Vor allem „trotz der ernsten demokratischen Probleme in ihren eigenen Ländern, wie oben erwähnt“.

Menczers Fazit ist: Es sei noch nicht zu spät, „den Weg des gegenseitigen Respekts einzuschlagen“. Dabei würden auch die Botschafter in Budapest willkommen geheißen.

Die „beunruhigende“ ungarische Gesetzgebung

Ein Kinderschutzgesetz steht im Mittelpunkt der Debatte. Ursprünglich gegen Pädophilie ausgerichtet, wurde das Gesetz von den betroffenen Gemeinschaften und Oppositionsparteien auch als „schwulenfeindlich“ bezeichnet.

Jene Vorschriften besagen, dass es für die Entwicklung von Kindern gefährlich sei, wenn sie vor dem Alter von 18 Jahren Informationen über verschiedene sexuelle Orientierungen erhalten. So verbietet der Gesetzgeber die Förderung und Darstellung von Sexualität um deren Selbstzweck willen, Homosexualität sowie Geschlechtsumwandlung bei Kindern unter 18 Jahren.

Nach dem Wortlaut der Verordnung ist es verboten, Produkte auszustellen oder anzubieten, die von der Identität des Geburtsgeschlechts abweichen. Genau das Gleiche gilt für Produkte, welche das Geschlecht verändern, sofern die Zielgruppe unter 18 Jahre alt ist. Diese Produkte dürfen nur in geschlossenen Verpackungen und getrennt von anderen Produkten vermarktet werden.

Vor allem diese Passagen haben in regierungskritischen Kreisen zu heftigem Widerstand geführt. Laut „telex.hu“, das die Oppositionspresse vertritt, „ist die Mehrheit der Wissenschaftler der Meinung, dass diese Dinge Menschen, die nicht homosexuell veranlagt sind, nicht schwul machen, aber die, die es sind, unterstützen können“.

Die Bedeutung des Pride-Marsches in den Augen der Linken

Viele der Redner und Demonstranten des diesjährigen Pride-Marsches sprachen über eine politische Unterdrückung in Ungarn – so wie der Bürgermeister von Budapest, Gergely Karácsony. „In einer Stadt, in der LGBTQ-Menschen, die Romaleute und Schüler nicht frei sind, ist niemand frei“, sagte er. Und: „Wir setzen uns für alle ein, die von den Machthabern mit Füßen getreten oder ins Visier genommen werden.“

Ádám Csernus, einer der Organisatoren von Budapest-Pride, meint, er glaube, dass große Ergebnisse erzielt wurden. Im Jahr 1997 seien nur „ein paar Hundert Leute“ entlang der Route des Demonstrationszuges marschiert. Heute habe die Veranstaltung 35.000 Menschen erreicht und viele Partner hätten sich ihnen angeschlossen, wie das Portal „24.hu“ ihn zitiert.

Auch US-Botschafter David Pressmann war unter den Demonstranten. Der Botschafter ist für seine regelmäßige Kritik an der Regierung von Viktor Orbán bekannt. Das bringt ihn in eine ständige Gegenposition zur ungarischen Führung. Letztere ist der Meinung, dass die USA in Ungarn einen Kulturkrieg führen, bei dem Pressmann einer der Hauptakteure sein könnte.

 



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