Schwedische Zentralbank: Vorwärts zum Bargeld

Ist es möglich, allen Bürgern jederzeit und überall einen sicheren Zugang zu digitalen Zahlungsmitteln zu bieten? Nein. Ein Plädoyer der schwedischen Zentralbank für das Bargeld.
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Die neue schwedische Fünf-Kronen-Münze aus dem Jahr 2016. Sie ist viel kleiner als die alte Münze.Foto: iStock
Von 9. Mai 2024

Schwedens Zentralbank, die Riksbank, ist einen bemerkenswerten Schritt gegangen. Im „Payments Report 2024“ vom März 2024 heißt es, dass Bargeld eine unverzichtbare Rolle für sichere und jeden zugängliche Zahlungssysteme spielt.

Dabei wollte Schweden innerhalb der nächsten zehn Jahre komplett auf Bargeld verzichten und zur bargeldlosen Gesellschaft werden. Die Aufwertung des Bargeldes stellt einen gravierenden Schwenk in der Strategie der Zahlungsmittel des Landes dar.

Nicht jeder hat Zugang

Auch in Schweden ist Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel. Das bedeutet jedoch nicht, dass Verbraucher in allen Situationen das Recht haben, mit Bargeld zu bezahlen. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung für Geschäftsteilnehmer, Bargeld zu akzeptieren.

Händler und Kunden versuchten, sich dem anzupassen. Bargeld und manuelle Zahlungsdienste wurden durch Karten, Mobiltelefone und Internetdienste ersetzt. In ihrem aktuellen Jahresbericht zieht die Zentralbank nun ihre Konsequenzen aus der flächendeckenden Digitalisierung der Zahlungsmittel.

Ein Ergebnis lautet: Es ist nicht möglich, für alle Bürger jederzeit und überall einen sicheren Zugang zu digitalen Zahlungsmitteln zu bieten. Manchmal kommen Menschen auch nicht damit zurecht.

Digitale Zahlungen in Krisen nicht sicher

Ein anderes Problem: Die Funktionsfähigkeit digitaler Zahlungen bei unvorhergesehenen Ereignissen, wie Stromausfällen, nach Naturkatastrophen oder auch in kritischen Situationen wie einer Cyberattacke, kann nicht gewährleistet werden. Digitalisierung macht Geld anfälliger für Cyberangriffe und Störungen des Stromnetzes und der Datenübertragung.

Gleichzeitig, so der Bericht, erforderten die geopolitischen Entwicklungen der letzten Jahre, dass Schweden eine starke Zivilverteidigung habe. Und Zahlungen sollten auch in Krisenzeiten und Zuständen erhöhter Alarmbereitschaft möglich sein.

Fazit: Mit den bestehenden Systemen sei die notwendige Stabilität und Resilienz des Geldes nicht möglich. Das könne bisher nur Bargeld und daher soll die Infrastruktur des Bargeldes aufrechterhalten werden.

Was schlägt die Zentralbank vor?

Bargeld soll daher ein fester Teil des Zahlungsmittelmix bleiben. Die Riksbank fordert von der Politik einen entsprechenden rechtlichen Rahmen. Drei Maßnahmen hält die Riksbank für notwendig:

  1. Banken und andere Zahlungsdienstleister müssen ihre Dienste an die Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen.
  2. Die Regierung sollte eine Untersuchung einleiten, um die Möglichkeit zu untersuchen, lebenswichtige Güter bar zu bezahlen.
  3. Der Reichstag (Riksdag) und die Regierung sollten eine Verpflichtung für Banken einführen, Bargeldeinzahlungen von Privatpersonen entgegenzunehmen.

„Wir brauchen Gesetze, die sicherstellen, dass Bargeld für Zahlungen verwendet werden kann“, sagt der Präsident der Zentralbank, Erik Thedéen. „Die Banken müssen auch dafür sorgen, dass mehr Kunden Zugang zu Zahlungskonten haben. Dies sind wichtige Voraussetzungen dafür, dass jeder heute und in Zukunft bezahlen kann.“

Die Bank verlangt, dass Händler wieder Bargeld akzeptieren. Das erfordert jedoch die Lösung des Transportproblems. Derzeit gibt es in Schweden nur ein privates Unternehmen, welches Bargeld zu vernünftigen Preisen zu und von Einzelhändlern transportiert, so die schwedische Epoch Times.

Parallel arbeitet die Riksbank auch an der E-Krona als Central Bank Digital Currency (CBDC) weiter. In Schweden und mit anderen Zentralbanken wie der EZB laufen verschiedene Zentralbankgeldprojekte, darunter auch der digitale Euro. Wie ist der Stand? „Die Arbeit am technischen E-Krona-Pilotprojekt ist abgeschlossen, und die Riksbank konzentriert sich nun auf grundlegende Design- und politische Fragen für eine mögliche E-Krona“, erklärt die Bank.

13 Euro für eine Überweisung am Schalter

Die Riksbank bilanziert im „Payments Report 2024“, dass sich der Zugang zu grundlegenden Zahlungsdiensten in Schweden verschlechtert hat.

So schrieb 2023 das County Administration Board of Dalarna, dass 15 von 21 Bezirksverwaltungen der Ansicht sind, dass der Zugang zu grundlegenden Zahlungsdiensten für Privatpersonen im Allgemeinen unbefriedigend ist.

Göteborg, Schweden, 2019: Geldautomaten im Zentrum des Einkaufszentrums Nordstan. Foto: iStock

Einige Beispiele: Ein Bankkunde, der eine Rechnung über einen Schalter in einer Bankfiliale bezahlt, muss damit rechnen, 150 schwedische Kronen pro Rechnung draufzulegen. Das sind rund 12,80 Euro.

Diesen Service gibt es jedoch nur an 139 Standorten im Land, davon sind 113 Sparkassenfilialen. Banken sind bisher nicht verpflichtet, ihren Kunden zu helfen, bar zu bezahlen.

Banken sind gleichfalls nicht verpflichtet, Bargeldeinzahlungen anzunehmen – im gesamten Land gibt es für die 10,4 Millionen Einwohner laut der Karte von Bankomat AB im Februar 2024 noch 391 Einzahlungsautomaten. In der drittgrößten Stadt des Landes, Malmö, mit rund 360.000 Einwohnern, sind es neun. Diese Automaten akzeptieren nur Banknoten, keine Münzen.

Etwa ein Zehntel der erwachsenen Bevölkerung, so eine Schätzung, hat keinen Zugang zur E-Identifikation und damit keine Möglichkeit, ein (Online-)Konto zu eröffnen.

Menschen erkennen gefälschte Banknoten nicht mehr

Auf ein eher unerwartetes Problem wies am 2. Mai Michael Johansson, leitender Kriminalist am Nationalen Zentrum für Kriminaltechnik (NFC), hin.

Viele Menschen hätten die Fähigkeiten verloren, gefälschte Banknoten zu erkennen. Zudem sei es immer einfacher geworden, gefälschte Banknoten herzustellen. „Jeder, der älter als ein Schulkind ist, kann sie herstellen“, so Johansson. Verkauft werden die gefälschten Banknoten oft über die sozialen Medien.

In den letzten vier Jahren stieg der Wert der beschlagnahmten gefälschten schwedischen Banknoten auf mehr als das doppelte der vorherigen vier Jahre, so die Zahlen der Riksbank und des NFC.

Die Hälfte wollte etwas bar bezahlen, konnte es aber nicht

Tatsache ist, dass viele Schweden digital bezahlen. Doch immer mehr Bürger sehen den Niedergang des Bargeldes kritisch. Im Jahr 2023 waren es 44 Prozent, verglichen mit 36 Prozent im Jahr 2022. Der Anteil derjenigen, die angeben, dass sie ohne Bargeld nicht zurechtkommen könnten, ist im Vergleich zu 2022 ebenfalls gestiegen.

Eine Umfrage von 2023 zeigte, dass es in bestimmten Situationen nötig ist, bar bezahlen zu können. Als Beispiele wurden Vereine, kleine Geschäfte und Flohmärkte genannt. Manche der Befragten betonten, dass die Verwendung von Bargeld es ihnen erleichtert, den Überblick über ihre Finanzen zu behalten. Ältere Menschen hielten es für zudem deutlich schwieriger, ohne Bargeld klarzukommen als jüngere Menschen.

In der Umfrage gaben 50 Prozent der Befragten an, dass sie etwas bar bezahlen wollten, aber das Geschäft es nicht akzeptiert habe. Ein Jahr zuvor war es etwas mehr als ein Drittel der Befragten gewesen.

Wie viele Geschäfte Bargeld annehmen, darüber gibt es keine umfassenden Statistiken. Laut dem schwedischen Handelsverband wird Bargeld eher in Lebensmittelgeschäften akzeptiert als beim Kauf langlebiger Güter.

Die Riksbank hat ihrerseits begonnen, mit gutem Beispiel voranzugehen: Sie bietet neue Büros an, in denen Unternehmen Bargeld abholen und einzahlen können.



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