Zweites Bauernfrühstück: Was ist los in Holland?

Farmers Defence Force ist die treibende Kraft hinter den teilweise heftigen Protesten der Bauern in Holland. In einem Film der Journalistin Rebecca Sommer informieren Sieta van Keimpema und Jos Ubels nicht nur die norddeutschen Bauern darüber.
Von 14. Dezember 2022

Im Film „Bauernfrühstück II“ von Rebecca Sommer kommen vor allem die führenden Köpfe von „Farmers Defence Force“ aus Holland, Sieta van Keimpema und Jos Ubels, zu Wort. Inzwischen sind die teilweise heftigen Proteste der Bauern in Holland weltweit bekannt.

Im ersten „Bauernfrühstück“ von Rebecca Sommer vom 23. September 2022 hatten zwölf deutsche Bauern ihre Lage dargelegt. „Farmers Defence Force“ informiert in diesem zweiten Frühstück fünf Bauern aus Norddeutschland darüber, warum sie auf die Straße gehen. Aus Deutschland nahmen teil: Jann-Harro Petersen, Frauke Bielefeld, Cord Meyer, Stefan Wendtland und Thomas Schneekloth.

Sie sprechen auch davon, warum die Bevölkerung hinter ihnen steht. Farmers Defence Force ist in Holland die treibende Kraft hinter den Landwirten.

Die Bauern sprechen für sich

Jos Ubels aus Holland berichtet, dass sie diskutierten, warum man in Deutschland fast nichts vom Holland-Bauernprotest mitgekriegt hat. Wie sie dann fast als Radikale dargestellt wurden, hätte zwei Ursachen. Eine, weil es ihren Gegenparteien gefällt, sie so darzustellen. Aber da sei noch eine weitere: Sie hätten nur noch wenige Bauern in Holland. Zwei Prozent der Menschen des Landes produzieren die Lebensmittel für die gesamte Gesellschaft.

Wir sind eine kleine Minderheit: Wir gehen auf die Straße. Wir sind wütend, weil uns Unrecht angetan wird. Aber dem Journalisten, der nur sein Essen im Laden einkauft, dem kann man doch nicht böse sein, weil er blöd über Kühe berichtet. Der versteht doch gar nichts von Kühen. Woher sollte er das wissen? Ja, und das ist wirklich das Problem.“

Die Anwendung der Vorschriften aus der EU in den Verordnungen aus Brüssel erscheinen vielen niederländischen Bauern zu eng gefasst und auch nicht ausreichend zu Ende gedacht.

Sieta van Keimpema aus Holland erklärt die Lage: „In Holland rechnen sie die Naturgebiete zur Landwirtschaft. Sie messen die Qualität des Wassers in Flüssen, im Boden, in Naturgebieten und die Werte sind viel zu hoch. Und dann sagen sie, es ist die Landwirtschaft.

So entsteht eine politisches Narrativ, dass man sagt, die Hälfte der Bauern muss gehen und auch die Hälfte der Tiere, und dann importieren wir für die Ernährung alles, was wir haben müssen.“

Im Film vergleicht ein anderer Landwirt, Jann-Harro Petersen, die Situation in Holland mit der in Deutschland. Hier gebe es ähnliche Probleme: „Wenn wir jetzt aber unsere Nahrungsmittel nicht mehr hier produzieren, dann importieren wir halt nicht das Futter für die Tiere, die wir dann essen, sondern wir importieren das Essen, das wir dann essen. Was ist damit gewonnen? Das ist ja auch kein Kreislauf.“

Man müsse dann „konsequenterweise“ sagen, dass das Land zu dicht besiedelt sei. Es dürften nicht nur keine Menschen mehr aufgenommen werden; es müsste auch ein Auswanderungsprogramm starten in die dünn besiedelten Regionen der Welt. Dort könnten die Leute sich selbst ernähren. „Dann haben wir ja den nachhaltigen Kreislauf. Ja genau, so wäre es dann doch eigentlich richtig.“

Der Green Deal „das geht jetzt nicht“

Durch den Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und Lücken in den Lieferketten könnten manche Vorschriften nicht einmal so schnell befolgt werden, wie sie von der EU erlassen würden. Gleichzeitig werde jedoch die Bevölkerung aufmerksamer; und weil das Essen teurer würde, schauten sie auch auf das Leben der Bauern und solidarisierten sich häufiger mit ihnen. Das berichten die Gäste aus Holland.

Sieta van Keimpema aus Holland sagt: „So gehen wir von Krise zu Krise, nichts wird gelöst. Und ja, ich denke, dass die Politik nicht lange mehr so durchhalten kann. Es gibt schon viele politische Parteien auf EU-Ebene, die sagen: ‚Ja, liebe Leute, der Green Deal ist schön und gut, aber das geht jetzt nicht.‘ Viele denken, wir importieren dann alles, was wir benötigen. Aber das bedeutet, dass man sehr viel Natur woanders außerhalb der EU zur EU-Landwirtschaftsfläche macht. Oder man kauft das Essen, das eigentlich zu anderen Regionen und Menschen gehen muss und dann verursacht man Hunger in anderen Teilen der Welt. Es ist ein Sozialist, der jetzt den Green Deal gemacht hat, aber das ist nicht sozial.“

Und naturnahe sei es auch nicht, wenn man die Planungen für die Milchwirtschaft betrachtet, meint Milchbäuerin Frauke Bielefeld aus Deutschland: „Auch dass der Bauer demnächst den Bioreaktor kontrollieren soll, oder wenn es um Vitro-Fleisch geht oder Vitro-Milch, dann sollen die Ställe leergeräumt werden, dann sollen diese Bioreaktoren rein und dann sollen wir uns auf einmal nicht mehr um Tiere kümmern, sondern um Bioreaktoren. Ich finde das so was von gruselig.“ Sieta van Keimpema bringt den Begriff dafür: „Lab Meat, Laborfleisch.“

Alle Teilnehmer an diesem Gespräch stellen fest, dass die EU-Vorschriften ähnliche Probleme in den EU-Ländern schaffen, anstatt sie zu lösen.

Flächenversiegelung gegen Eigenverantwortung

„Wie ist das bei euch in Holland mit der Flächenversiegelung? Bei uns ist das ein Riesenthema“, fragt Jann-Harro Petersen aus Deutschland. „In 30 Jahren, in Deutschland, ist eine Fläche versiegelt worden so groß wie das ganze Bundesland Schleswig Holstein, 950.000 Quadratkilometer. Und dann haben wir ja auch noch die Ausgleichsflächen. Das heißt für jeden Hektar, der versiegelt wird, müssen auch Ausgleichsflächen aufgekauft werden, das geht also auch aus der Landwirtschaft raus. Das sind über zwei Millionen Hektar. Auf diesen Flächen passiert nichts.“

Das ist für die Bauern unerträglich, deren Familien manchmal seit 500 Jahren den Boden sinnvoll und ertragreich bewirtschaften. Jann-Harro Petersen: „Wir müssten eigenverantwortlich grundsätzlich jeden Quadratmeter nutzen, um Nahrungsmittel zu produzieren. Über die Intensität können wir uns im zweiten Schritt ja unterhalten. Aber wir können niemals infrage stellen, dass wir uns selbst eigenverantwortlich um unsere Nahrung kümmern. Das sehe ich einfach als Riesenproblem. Und wenn das dann mit so unsinnigen Regeln jetzt kommt wie mit dem Stickstoff-Gesetz, da ist ja die Rede von bis zu 95 Prozent reduzieren in Naturschutzgebieten. Das ist doch gar nicht machbar.“ Die Sorge, wie sie ihre Höfe wirtschaftlich überhaupt noch erhalten können, schwingt immer im Hintergrund mit.

Energiekosten machen das Ganze ungemütlich

Wenn das Schlagwort „Bio“ fällt, dann zuckt Cord Meyer aus Deutschland zusammen und stellt zu diesem weiteren Thema fest, das auf dem Verordnungsweg tief in das Marktgeschehen eingreifen soll: „Wir werden massiv unter Druck gesetzt. In Deutschland will man uns per Dekret 30 Prozent Bio verordnen. Das fällt als erstes den Biobauern auf die Füße, weil es den Markt dafür nicht gibt. Wobei es genauso wie bei euch ist. So ist es auch bei uns und keiner hört hin. Ich habe keine Ahnung, was die umtreibt. Ich glaube das Ziel ist, da sind wir wieder beim Globalismus, im globalen Bereich minderwertige Lebensmittel gegen hochwertige Industrieprodukte zu tauschen. Das fällt natürlich auch flach.

Denn wenn wir mit diesen Energiekosten weiter wirtschaften sollen, dann wird es auch hochwertige Industrieprodukte aus Deutschland nicht mehr geben, aus den Niederlanden wahrscheinlich auch nicht.

Dann haben wir nichts mehr zum Tauschen und dann wird es irgendwann ungemütlich, das Ganze.“ Manchmal kommt es den Bauern so vor, als hätten manche Politiker zu oft in Astrid Lindgrens „Pippi Langstrumpf“ geschaut und handelten nach deren Motto:

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“

Dazu stellt Sieta van Keimpema fest: „Ich glaube tatsächlich, was wir jetzt erleben, haben wir schon sehr oft in der Welt gesehen. Idealistenträume. Ich weiß nicht, wie man diese Leute nennen soll, die denken, dass die Welt und auch die Natur beherrschbar ist und dass die Bauern dafür sorgen müssen, dass die Welt nach diesen Vorstellungen entstehen muss. Jetzt haben wir Idealisten, die nichts von der Landwirtschaft verstehen. Auch gibt es heutzutage viele Anti-Viehhalter, die haben eine ganz andere Agenda. Die bekämpfen uns jetzt von Brüssel aus, aber auch von Den Haag.“

Fast ratlos schauen die Bauern daneben auf andere Geschehnisse am Markt, die durch Freihandelsabkommen gedeckt sind. Das erwähnt fast nebenbei Jann-Harro Petersen aus Deutschland: „Gerade letzte Woche noch wurden wieder dank CETA insgesamt 75.000 Tonnen Fleisch im Freihandel zollfrei aus Kanada nach Europa geholt. Uns wird erzählt, wir sollen unsere Tierhaltung um 50 Prozent reduzieren. Und im gleichen Atemzug stellt man den Freihandel aus Kanada frei, um hier im großen Stil Schweinefleisch, Geflügelfleisch und Rindfleisch zu liefern. Das ist tatsächlich eine Spirale nach unten und wir stellen im Grunde genommen unsere effiziente Landwirtschaft ein.“

Jetzt ist fertig und jetzt machen wir nicht mehr mit

Entschlossen wendet sich Sieta van Keimpema aus Holland an ihre Mitkämpfer: „Ja, und wie machen wir das in Holland? Demonstrieren und protestieren und nicht aufhören. Sobald die Bauern wieder zu Hause bleiben, ist der Einfluss weg. Du bekommst nur eine Stimme, wenn du sichtbar bist, und die Bauern sind ja wirklich sehr lange nicht sichtbar gewesen. Die haben nur gearbeitet, nur Produkte gemacht. Und so weiter. Und jetzt ist fertig und jetzt machen wir nicht mehr mit.“

Gestärkt durch einige Erfahrungen der letzten Jahre schlägt Jos Ubels aus Holland neben den Protesten auch hoffnungsvolle Töne an: „Du musst aufstehen für dein Recht und sehen lassen, wo die Probleme sind. Und wenn man das auf gutem Platz, zu guter Zeit mit ganz vielen Freunden macht, dann wird man gehört und dann kriegst du einen Sitz am Tisch.

Man braucht die Leute, die da immer schon gesessen haben, die müssen nicht weg, denen muss geholfen werden, ein bisschen in eine gute Richtung zu gehen. Und denen kann man ganz gut helfen. Und die sind auch offen dafür, nicht alle, aber die, die dabei sind.“

Die Polen hätten das gleich so gemacht, sie seien mit 70.000 Bauern in Warschau auf die Straße gegangen. Jetzt hätten sie den großen Media Kanal in Polen für Agrar,  sie sprächen mit dem Premierminister und anderen.

„Ich habe niemals gedacht, dass Trecker fahren auf der Straße so viel bringt“, kommentiert der niederländische Landwirt an Sieta van Keimpema gewandt: „Ich sage jetzt den Bauern, die sagen, das bringt uns nichts:

Aber wenn wir noch ein paar Jahre weiter sind, bringt Fahren auf das Feld auch nichts mehr. Da kann man besser einmal auf die Straße fahren und versuchen, dass es was bringt. Ich habe es erfahren. Es bringt wirklich was.“

Engagement für traditionelle Familienbetriebe

Alle Bauern an diesem Bauernfrühstückstisch engagieren sich seit Jahren über ihre Arbeit im eigenen Hof hinaus für das Überleben von traditionellen bäuerlichen Familienbetrieben. Sie sind aktiv im Bauernwiderstand – gegen das „grüne Landgrabbing“ und das politisch forcierte Bauernsterben in Deutschland, den Niederlanden und Europa.

Es lohnt sich, die 83 Minuten des „Bauernfrühstück II“ anzuschauen, um neben vielen weiteren Fakten auch die innere Kraft und konzentrierte Ausstrahlung der Beteiligten kennenzulernen und ihr Bemühen um friedliche und vernünftige Lösungen. Sehenswert!

Hier der Film von SommerFilms „Bauernfrühstück II – Farmers Defence Force: Was ist los in Holland?“

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Hier der 1. Film zum Thema „Bauernfrühstück“ von Rebecca Sommer mit zwölf deutschen Bauern.



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