Asylverfahren dauern in Deutschland bis zu vier Jahre

Von den politisch angestrebten drei Monaten Asylverfahrensdauer in Deutschland sind die Behörden auch 2022 noch weit entfernt. Auch bei den Abschiebungen gab es nur geringfügige Veränderungen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) steht beim Ampel-Partner FDP wegen ihrem Umgang mit irregulärer Migration in der Kritik.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) steht beim Ampelpartner FDP wegen ihres Umgangs mit irregulärer Migration in der Kritik.Foto: Carsten Koall/dpa
Von 14. April 2023

Die Zahlen zur Dauer von Asylverfahren vom letzten Jahr zeigen, dass das politische Ziel einer dreimonatigen Verfahrensdauer erneut weit verfehlt wurde. Die durchschnittliche Asylverfahrensdauer, also bis zu einer unanfechtbaren (gerichtlichen) Entscheidung, hat sich im Vergleich mit den Vorjahren nur geringfügig verändert. Das geht aus einer Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion bei der Bundesregierung hervor.

Während es 2016 im Durchschnitt noch 8,7 Monate dauerte, waren es 2018 schon 17,6 Monate und im ersten Halbjahr 2021 sogar 24 Monate. Im ersten Halbjahr 2022 sank die Zeit etwas auf 21,8 Monate Asylverfahrensdauer. Zum Gesamtjahr 2022 liegen noch keine Zahlen vor.

Die durchschnittliche Asylverfahrensdauer bis zu einer behördlichen Entscheidung betrug im Jahr 2021 6,6 Monate – 2022 waren es durchschnittlich 7,6 Monate. Das zeigt, dass sich durch langwierige Gerichtsverfahren die Asylentscheidung hinauszieht.

Ein Asylverfahren dauert besonders lange, wenn zunächst eine Überstellung in einen anderen EU-Mitgliedstaat versucht wurde, die Asylprüfung dann aber doch in Deutschland vorgenommen wurde.

Asylverfahrensdauer reicht von fünf Monaten bis zu fast vier Jahren

Werden die 15 wichtigsten Herkunftsländer untersucht, dann ist der Unterschied groß. Betrachtet wird die Dauer bis zu einer unanfechtbaren Entscheidung, was gegebenenfalls heißt: inklusive eines Gerichtsverfahrens, das sich an das behördliche Verfahren anschließt.

Dabei ging es noch am schnellsten bei Asylanträgen aus Bosnien-Herzegowina (5 Monate), Moldau (5,5 Monate), Montenegro (6,5 Monate), Serbien (8,1 Monate) Albanien (9,4 Monate), Algerien (10,4 Monate).

Im Mittelfeld liegen Syrien (13,1), Georgien (13,2), Tunesien (13,9), Marokko (14,2), Eritrea und Nordmazedonien (14,7), Kosovo (19,4), Türkei (22,7), Ghana (24,2), Irak (24,5), Somalia (25,5), Senegal (28,0) und Afghanistan (28,1; 2021: 38,3 Monate).

Das Schlusslicht bilden Iran (35,1), Nigeria (35,4) Pakistan (38,1) und die Russische Föderation (44,1 Monate; 2021: 42,5).

2021: Einer von drei Asylbescheiden fehlerhaft

Am 1. Januar 2023 trat ein Gesetz zur Beschleunigung der Asylgerichtsverfahren und Asylverfahren in Kraft. Es soll insbesondere die gerichtlichen Verfahren beschleunigen. Dazu gehört die Abschaffung der anlasslosen Widerrufsprüfungen und die Einführung der Videokonferenztechnik für Asylanhörungen beziehungsweise zur Gewährleistung einer Übersetzung in Anhörungen.

Aus Sicht der Linken-Fraktion liegt der Grund für die langwierigen Asylgerichtsverfahren in der großen Zahl mangel- oder fehlerhafter Bescheide des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge. 36 Prozent der inhaltlich von den Gerichten überprüften Bescheide erwiesen sich im Jahr 2021 als fehlerhaft beziehungsweise rechtswidrig.

Auf die Frage, warum Asylklageverfahren 2021 in Rheinland-Pfalz mit durchschnittlich 6,6 Monaten viermal schneller abgeschlossen wurden als im allgemeinen Durchschnitt (26,9 Monate) und noch deutlich schneller als zum Beispiel in Brandenburg (44,6 Monate), verwies die Bundesregierung auf die womöglich unterschiedliche personelle Ausstattung. „Die personelle und sachliche Ausstattung der Verwaltungsgerichte und Oberverwaltungsgerichte bzw. Verwaltungsgerichtshöfe ist Sache der Länder“, heißt es in der Regierungsantwort.

Bund verwirft „AnkER-Zentren“

Das Konzept der sogenannten „AnkER-Zentren“ wird durch die Bundesregierung zukünftig nicht mehr „aktive vorangebracht“. Das habe eine Prüfung ergeben. Die „AnkER-Zentren“ wurden eingeführt, um die Asylverfahren zu beschleunigen.

Zukünftig wolle man „die bewährte Bund-/Länder-Zusammenarbeit in den Aufnahmeeinrichtungen in Übereinstimmung mit dem Koalitionsvertrag fortsetzen“. Was genau die Gründe sind, „AnkER-Zentren“ nicht mehr zu betreiben, wurde nicht gesagt. Die Zahlen belegen, dass Asylverfahren in den „AnkER-Zentren“ durchschnittlich länger dauerten als außerhalb.

So dauerten im Jahr 2020 die Asylverfahren in „AnkER“-Zentren rund 8,4 Monate (allgemeiner Durchschnitt 8,3 Monate), im Jahr 2021 7,3 Monate (Durchschnitt 6,6) und 2022 8,2 Monate im Vergleich zum allgemeinen Durchschnitt mit 7,6 Monaten.

Insgesamt waren 2022 schon 124.623 Asylklageverfahren anhängig. In absteigender Reihenfolge sind das bei den 15 wichtigsten Herkunftsländern: Irak 21.368, Syrien 18.182, Türkei 11.193, Iran 8.239, Afghanistan 7.273, Russische Föderation 6.827, Nigeria 5.963, Georgien 4.924, ungeklärt 2.649, Somalia 2.431, Pakistan 2.349, Äthiopien 1.935, Nordmazedonien 1.853, Guinea 1.664 und Aserbaidschan 1.551.

Nach Bundesländern geordnet (in absteigender Reihenfolge) waren diese Asylklageverfahren anhängig in: Nordrhein-Westfalen (28.261), Niedersachsen (17.515), Bayern (14.140), Hessen (11.976), Berlin (10.238), Baden-Württemberg (9.964), Sachsen (7.839), Brandenburg (7.241), Schleswig-Holstein (4.682), Thüringen (3.006), Hamburg (2.729), Mecklenburg-Vorpommern (2.058), Sachsen-Anhalt (1.883), Bremen (1.284), Rheinland-Pfalz (1.216), Saarland (565), unbekannt (26).

Typische Abschiebeländer: Georgien, Albanien, Serbien, Nordmazedonien

Doch wie sieht es bei den Abschiebungen aus? Gibt es dort Veränderungen? Hier ist ebenfalls eine kleine Veränderung zu sehen. So wurden im Zeitraum Januar bis November 2022 insgesamt 11.970 Personen (2021: 10.975) abgeschoben, erklärte das Bundesinnenministerium. Darunter waren neun Gefährder und drei relevante Personen aus dem Phänomenbereich Islamismus.

Verglichen mit dem Jahr 2021: Damals wurden 22 Gefährder und sechs relevante Personen aus dem Phänomenbereich Islamismus abgeschoben.

Die zehn häufigsten Zielländer für Abschiebungen aus Deutschland waren 2022: Georgien (817), Albanien (782), Serbien (763), Nordmazedonien (755), Spanien (605), Polen (572), Frankreich (530), Österreich (519), Moldau (516), Italien (491).

Im Jahr 2021 lauteten die zehn häufigsten Zielländer für Abschiebungen: Georgien (1.014), Albanien (831), Serbien (573), Pakistan (472), Frankreich (469), Moldau (438), Italien (435), Polen (421), Rumänien (389), Kosovo (350).

Mehr Dublin-III-Abschiebungen

Bei den Abschiebungen nach Dublin-III-Verordnung gab es eine deutliche Erhöhung. Laut Bundesregierung sind im Jahr 2022 4.158 und im Jahr 2021 2.656 Personen nach der Dublin-III-Verordnung in den für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat überstellt worden.

Geordnet nach den zehn häufigsten Mitgliedstaaten der Überstellungen sind das: Österreich (885), Frankreich (598), Spanien (549), Italien (362), Polen (315), Schweden (252), Niederlande (239), Schweiz (157), Belgien (147), Slowenien (98).

2021 lauteten die zehn häufigsten Mitgliedstaaten für Überstellungen: Frankreich (455), Österreich (363), Schweden (323), Niederlande (309), Italien (287), Spanien (183), Schweiz (123), Polen (121), Rumänien (118), Belgien (116).



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