Sigmar Gabriel als China-Berater von Fleischkonzern Tönnies bezahlt – 10.000 Euro Honorar pro Monat
Der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel ist einem Medienbericht zufolge seit März 2020 bis mindestens Ende Mai 2020 für den Tönnies-Konzern als China-Berater tätig gewesen. Zu einem monatlichen Pauschalhonorar von 10.000 Euro im Monat kam noch ein zusätzliches vierstelliges Honorar für jeden Reisetag. Anfang 2015 kritisierte Gabriel als Bundeswirtschaftsminister das System der Ausbeutung in der deutschen Fleischindustrie als "Schande für Deutschland".

Der frühere SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel.
Foto: Wolfgang Kumm/dpa/dpa
Der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel ist einem Medienbericht zufolge vom Fleischproduzenten Tönnies als Berater bezahlt worden. Der frühere Bundeswirtschaftsminister sei seit März 2020 bis mindestens Ende Mai 2020 für den Konzern tätig gewesen, berichtete das ARD-Magazin „Panorama“ am Donnerstag. Demnach erhielt Gabriel bislang offenbar ein Pauschalhonorar von 10.000 Euro im Monat sowie ein zusätzliches vierstelliges Honorar für jeden Reisetag. Die Tätigkeit sollte laut „Panorama“ auf zwei Jahre angelegt sein.
Auf „Panorama“-Anfrage teilte Gabriel dem Bericht zufolge mit, dass seine privatwirtschaftlichen Tätigkeiten keiner Veröffentlichungspflicht unterlägen. Er habe bei Auskünften an Medien immer auch Interessen Dritter zu wahren. Trotzdem bestätigte er, dass er ab 1. März 2020 für Tönnies tätig gewesen sei. Er habe das Unternehmen im Rahmen von drohenden Exportproblemen im Zusammenhang mit der Afrikanischen Schweinepest beraten.
Gabriel stellte Beratertätigkeit aufgrund gesundheitlicher Probleme vorerst ein
Gabriel erklärte, er habe seine Arbeit mittlerweile beendet: „Diese Tätigkeit musste ich aufgrund einer schwierigen Erkrankung und einer dadurch für mich notwendig gewordenen komplizierten Operation zum 31. Mai 2020 beenden“. Für ihn sei zum damaligen Zeitpunkt nicht klar gewesen, ob und auch wann er seine beruflichen Tätigkeiten wieder aufnehmen könne.
Weder er noch seine Geschäftspartner sähen die frühere Beratungstätigkeit für die Firma Tönnies als problematisch an, erklärte der ehemalige Minister. Er habe die „Panorama“-Anfrage „aufgrund des besonderen öffentlichen Interesses im vorliegenden Fall“ beantwortet.
Gabriel’s China-Kontakte sollten Tönnies nützen
Nach „Panorama“-Recherchen hatte sich Firmenchef Clemens Tönnies persönlich um die Personalie Gabriel gekümmert. Wie aus Unterlagen hervorgeht, die dem Magazin vorliegen, sollte der ehemalige Minister „seine weiten Kontakte für die Tönnies Gruppe zur Verfügung stellen und aktiv Projekte begleiten“. Dabei sei es insbesondere um den chinesischen Markt gegangen.
2019 hat Tönnies als größter Schlachtkonzern Deutschlands mit seinem chinesischen Partner zusammen rund 500 Millionen Euro in die Provinz Sichuan (China) investiert, um künftig zusammen mit einem dortigen Partner jährlich sechs Millionen Schweine zu schlachten, berichtet „topagrar Online“.
„Wir sind stolz gemeinsam mit unserem Partner der Dekon Group ein neues Kapitel der Unternehmensgeschichte aufzuschlagen“, erklärt Tönnies CEO Andres Ruff, bei der Unterzeichnung auf der Handelsmesse Western China International Fair. „Mit unserem Know-How in der Schlachtung und Zerlegung von Schweinen sowie dem Wissen über Voraussetzungen, Sicherheit und Hygiene bei der Produktion von Lebensmitteln, können wir die Schweinefleischproduktion für den chinesischen Markt weiter stärken.“
Durch die afrikanische Schweinepest musste in Teilen des Landes ein großer Schweine-Bestand getötet werden. Kleinstbetriebe und Hinterhofhaltungen werden nun ersetzt durch landwirtschaftliche Großbetriebe samt Großschlachtereien nach Art der Tönnies-Betriebe in Deutschland.
Tönnies steht massiv unter Druck, nachdem es am Hauptstandort des Fleischkonzerns in Rheda-Wiedenbrück in Nordrhein-Westfalen einen massiven Corona-Ausbruch gegeben hatte. Der Betrieb wurde vorübergehend geschlossen und ein erneuter Lockdown für die Kreise Gütersloh und Warendorf angeordnet.
2015 kritisierte Gabriel als Bundeswirtschaftsminister Ausbeutung in der deutschen Fleischindustrie
Anfang 2015 hatte Sigmar Gabriel – damals noch als Bundeswirtschaftsminister – das System der Ausbeutung in der deutschen Fleischindustrie als „Schande für Deutschland“ bezeichnet. Nach der Kritik verpflichteten sich die sechs großen Fleischkonzerne Deutschlands unter Federführung Gabriels, die Arbeitsbedingungen ihrer Beschäftigten in Deutschland zu verbessern.
Gabriel ist seit November 2019 nicht mehr Mitglied des Bundestags. Er war von 2013 bis 2017 Bundesminister für Wirtschaft und Energie und bis März 2018 Bundesaußenminister. (afp/er)
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