Berlin macht dicht: Kommt jetzt der bundesweite Shutdown im Kampf gegen das Coronavirus?
Party in Berlin – das war einmal. Ab Dienstag werden Clubs und Kneipen der Hauptstadt unter dem Eindruck der Bedrohung durch das Coronavirus vorerst bis einschließlich 19. April schließen. Es ist davon auszugehen, dass die übrigen Bundesländer bald nachziehen werden.

Das Brandenburger Tor in Berlin.
Foto: iStock
Ausgerechnet Berlin – die Stadt, die sich sonst selbst gerne als günstige und nie zur Ruhe kommende Party-Metropole empfiehlt – wird zum ersten deutschen Bundesland, das sich angesichts der Ausbreitung des Coronavirus ein Beispiel an Italien oder Österreich nimmt. Ab Montag soll dort die geordnete Stilllegung weiter Teile des sozialen Lebens in der Stadt beginnen. Die damit zusammenhängenden Maßnahmen gelten vorerst befristet bis einschließlich 19. April.
Wie der „Tagesspiegel“ berichtet, werden in einem ersten Schritt ab Montag die Schulen und Kitas stufenweise ihren Betrieb einstellen. Wie der Regierende Bürgermeister Michael Müller am gestrigen Freitag (13.3.) mitteilte, werden die Oberstufenzentren am Montag als Erste schließen, einen Tag später alle übrigen Einrichtungen. Brandenburg wird es der Hauptstadt ab Dienstag gleichtun.
Berlin bietet in vielen Bereichen nur noch Notversorgung
Zudem werden auch Clubs und Kneipen ab Dienstag schließen. Der Umstand, dass sich von 48 Corona-Infizierten, die die Stadt am Montag gezählt hatte, der Senatsverwaltung zufolge mehr als ein Drittel in einem einzigen Club angesteckt hatten, dürfte zu diesem Schritt in entscheidendem Maße beigetragen haben.
Speisegaststätten können unter bestimmten Auflagen und innerhalb eines bestimmten Rahmens geöffnet bleiben. Müller sprach von der Gewährleistung einer „Nahrungsmittelgrundversorgung“. Details dazu werden noch bekanntgegeben. Stillgelegt werden hingegen alle kommunalen Einrichtungen von Schwimmbädern über Bibliotheken, Museen, Spielstätten für Musik und Theater, aber auch der Spielbetrieb des Berliner Fußball-Verbands.
Müller verkündete, dass „das öffentliche Leben und Sozialkontakte“ in Berlin „soweit wie möglich eingeschränkt“ werden sollen. Es werde eine Notfallversorgung für Kita- und Schulkinder geben, wenn die Eltern in wichtigen Gesundheitsbereichen tätig sind und keine Betreuung organisieren können.
„Allen muss klar sein, wir haben hier eine Krise zu bewältigen, die sich nicht in den nächsten Tagen, wahrscheinlich auch nicht in den nächsten Wochen oder Monaten lösen lässt“, zitiert der „Focus“ den Regierenden Bürgermeister – und wirft die Frage auf, ob dieser „Shutdown“ der Auftakt für eine flächendeckende Einführung ähnlicher Maßnahmen im gesamten Bundesgebiet sein wird.
Keiner will jetzt der Letzte sein
Die Wahrscheinlichkeit, dass exakt das passieren wird, ist hoch. Nicht nur, weil die Maßnahmen in Italien und Österreich, wo Menschen dazu aufgefordert wurden, ihre Häuser und Wohnungen nur noch im Fall unaufschiebbarer Handlungen zu verlassen, auch hierzulande breite Aufmerksamkeit gefunden haben. Auch Polen hat mittlerweile das öffentliche Leben weitgehend stillgelegt, Spanien dürfte in Kürze folgen.
In Deutschland ist der Föderalismus auch im Bereich der Krisenbewältigung stark ausgeprägt. So liegt die Verantwortung für wesentliche Veranlassungen wie das Schließen von Schulen, die Absage von Großveranstaltungen oder das Anhalten von Zügen bei den lokalen Gesundheitsämtern.
Dieses System mag flächendeckende Einigungen auf bundesweiter Ebene erschweren – und dies kann schon in Randlagen relevant werden, wo Partybegeisterte einfach auf Clubs in angrenzenden Bundesländern umsteigen können. Andererseits weckt es aber auch den Ehrgeiz der jeweiligen Landesfürsten. Da keiner von diesen als Zauderer dastehen möchte, der nicht rasch und entschlossen genug zum Wohle der Gesundheit seiner Bürger handelt, kann das Handeln eines Landes einen Dominoeffekt auslösen.
Erste Erfolge in der Lombardei
Und danach sieht es auch jetzt aus: Am Freitagmorgen kündigten Bayern und das Saarland die Schließung von Schulen und Kitas an, 12 weitere Länder zogen noch im Laufe desselben Tages nach. In Schleswig-Holstein sind schon seit heute, 0 Uhr, alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt und es ruht der Betrieb in Clubs, Fitnessstudios und kommunalen Freizeit- und Kultureinrichtungen.
Unterdessen meldet Italien erste Erfolge seines strengen Quarantäne-Regimes. In der norditalienischen Provinz Lodi, von der aus sich das Coronavirus über das Land verbreitete und die am stärksten betroffen ist, gab es am Freitag erstmals keine Neuinfektionen mehr. Der Gouverneur der Lombardei, Attilio Fontana, führt dies darauf zurück, dass dort schon Ende Februar die ersten strikten Abriegelungsmaßnahmen verhängt worden waren. Der „Focus“ zitiert ihn mit den Worten:
„Die strenge Quarantäne, die dort eingeführt wurde, ist beispielhaft und der Beweis dafür, dass wir die Maßnahmen streng anwenden müssen.“
Auch RKI stimmt Bevölkerung auf weitere Schritte gegen das Coronavirus ein
Auch in den Provinzen Emilia Romagna und Veneto, wo früh mit einschneidenden Maßnahmen reagiert worden war, sinkt die Ansteckungsrate in überdurchschnittlichem Ausmaß. Grund ist die „soziale Distanzierung“, die damit einhergehe, erklärt Gesundheitsexperte Nino Cartabellotta auf Twitter.
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, riet am Freitag gegenüber dem Fernsehsender n-tv, ähnliche Schritte ins Auge zu fassen. Es könne sein, „dass wir in manchen Regionen weitreichendere Quarantäne-Maßnahmen fahren müssen“, betonte der Institutsleiter. Man versuche zwar, dass zu verhindern, aber ausschließen könne man Schritte dieser Art nicht.
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Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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