Bistum will Kirche in Krefeld schließen – Muslimische Gemeinde will Gotteshaus erhalten

Das Bistum Aachen will die Kirche der Gemeinde St. Johann Baptist in Krefeld dauerhaft schließen. Ein Förderverein zweifelt an der Notwendigkeit dazu. Die muslimische Gemeinde bietet nun Hilfe an.
Lehre Bände während eines Gottesdienstes: Immer mehr Menschen nehmen Abstand von der Kirche.
Leere Bänke in einer Kirche.Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 27. Juli 2023

Seit Anfang Juli finden die Gottesdienste der katholischen Gemeinde St. Johann Baptist in Krefeld in einem Zelt statt. Dieses steht vor der eigentlichen, bis dahin dafür benutzten Kirche. Diese ist seit Ende Juni geschlossen und soll nach dem Willen des Bistums Aachen profaniert werden. Ein Förderverein will dies verhindern – und die muslimische Gemeinde der Stadt will ihm im Einsatz für den Erhalt des Gotteshauses helfen.

Muslimische Gemeinde solidarisch mit Förderverein im Kampf um Kirche

Wie die „Westdeutsche Zeitung“ berichtet, hat die „Union der türkischen und islamischen Vereine in Krefeld und Umgebung“ dem Förderverein ihre Solidarität bekundet. Dem Verband gehören in der Region 13 Vereine mit mehr als 20.000 Mitgliedern an.

Der Vorsitzende der muslimischen Gemeinde, Salih Tufan Ünal, hat sich dazu gegenüber der „Rheinischen Post“ geäußert. Man sei bereit, sowohl finanzielle als auch organisatorische Hilfe zu leisten, sollte das Bistum die Kirche dem Förderverein übertragen. Dies sei auch der Wunsch der katholischen Gemeinde selbst.

Jedes Gotteshaus gleich welcher Religion sei auch für die Muslime ein Gotteshaus, das respektiert und offengehalten werden müsse, betont Ünal. Außerdem sei auch die muslimische Gemeinde daran interessiert, dass die soziale und karitative Arbeit in St. Johann Baptist aufrecht bleibe. Unter der Leitung von Pfarrer Joachim Schwarzmüller findet dort regelmäßig Obdachlosenseelsorge für mehr als 100 Personen statt. Die Kirche engagierte sich auch im Bereich der Betreuung von Drogensüchtigen.

Bistum will Kosten für Kernsanierung nicht tragen

Wie die „Catholic News Agency” (CNA) berichtet, steht die Profanierung des Gotteshauses bereits seit sieben Jahren im Raum. Der Kirchenvorstand der Pfarrei Maria Frieden, zu der die Gemeinde seit 2010 gehört, hatte bereits 2016 einen solchen Antrag gestellt.

Das Bistum Aachen geht von einem „sehr hohen Instandsetzungsbedarf“ des Kirchengebäudes aus und beruft sich auf das Gutachten eines Architekturbüros. Dieses hatte 2014 eine Schadensermittlung durchgeführt und war von Kosten in Höhe von 1.770.000 Euro ausgegangen. Mittlerweile rechnet man im Bistum mit einem Aufwand von bis zu drei Millionen Euro für eine Kernsanierung.

Seit der Antragstellung durch den Kirchenvorstand finden auch keine anstehenden Reparaturen und Wartungsarbeiten mehr statt. Ende Juni fand die Schließung der Kirche statt – und diese soll nach dem Willen des Bistums dauerhaft sein.

Förderverein hält gezielte Reparaturen für ausreichend

Der Förderverein hingegen hält eine Kernsanierung gar nicht für erforderlich. Er geht davon aus, dass es ausreiche, über einen Zeitraum von 15 bis 20 Jahren bestimmte Reparaturen auszuführen. Diese seien jedoch mit überschaubaren Mitteln zu beheben und stellten die grundsätzliche Bausubstanz nicht infrage.

Die erforderlichen Investitionen schätzt der Förderverein über den gesamten Zeitraum verteilt auf weniger als 500.000 Euro. Ein Gutachten, das man bei der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständige Inga Bellwinkel in Auftrag gegeben habe, stützte diese Schätzung.

Der Förderverein schlug die Herauslösung des Gebäudes aus der Pfarrei und die Übertragung an eine juristische Person innerhalb der Kirche vor. Beispiele wie die St.-Clemens-Kirche in Berlin oder die Trappistenabtei Mariawald zeigten, dass ein solcher Ansatz funktioniere.

Ein Gesprächsprozess zwischen dem Bistum und dem Förderverein endete jedoch ergebnislos. Im Rahmen der Moderation kam es demnach zu unterschiedlichen Auslegungen in Bezug auf das geltende Kirchenrecht. Daraufhin erfolgte ein Abbruch der Gespräche. Zuletzt habe es jedoch wieder Signale der Gesprächsbereitschaft gegeben, äußerte die Pressestelle des Bistums gegenüber CNA.

Gönner soll sich zur Übernahme bereit erklärt haben

Der Förderverein führt zur Untermauerung seiner Position an, dass er bereits Mittel in sechsstelliger Höhe für die Durchführung seines Konzepts eingeworben habe. Man will sogar die Zusage eines reichen Gönners haben, der bereit wäre, die Übernahme in Eigenregie zu stemmen.

Zudem gebe es Gelder, die in den vergangenen Jahren nicht investiert worden seien und nun bereit lägen. Ein weiteres Thema seien öffentliche Förderungen. Der örtliche Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling habe das Vorhaben befürwortet und seinen Einsatz für das Vorhaben zugesagt.

Das Generalvikariat hält eine Übertragung der Kirche St. Johann Baptist an den Förderverein kirchenrechtlich nicht für möglich. Eine Profanierung des Gebäudes bedarf jedoch der Unterschrift des Bischofs.

Übernahme von Kirchen durch muslimische Gemeinden bislang noch selten

Reaktionen der Kirchenführung auf das Angebot der muslimischen Gemeinde in Krefeld gibt es bislang noch nicht. Eine Übernahme der Kirche durch die muslimische Gemeinde ist nach derzeitigem Stand jedoch kein Thema. In den vergangenen Jahren hatte die katholische Kirche in Deutschland etwa 500 ihrer Kirchen entweiht. Auch die evangelische Kirche musste sich von mehreren Gebäuden trennen, die zuvor für Gottesdienste Verwendung fanden.

Islamische Gemeinden übernahmen die Kirchen bislang jedoch nur selten. Die Hamburger Al-Nour-Moschee war zuvor die evangelische Kapernaumkirche. Die muslimische Gemeinde, in deren Eigentum das Gebäude nun steht, hatte dieses auf dem freien Markt erworben.

In Ländern wie Großbritannien oder Kanada ist es jedoch schon häufiger vorgekommen, dass muslimische Gemeinden ehemalige Kirchen übernommen hatten. Die Debatte, ob eine Übertragung an islamische Vereine einer Profanierung vorzuziehen sei, dürfte die Kirchen jedoch weiter beschäftigen. Darauf deutet die erheblich schwindende Zahl an Mitgliedern und Gottesdienstbesuchern hin.



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