Bundesrat billigt mehr als 30 Gesetze – vom Chancen-Aufenthalt bis zum Wählen mit 16

In seiner letzten Sitzung des Jahres machte der Bundesrat für 31 Gesetze den Weg frei. Daneben standen noch andere Punkte auf der Tagesordnung.
Blick in den Deutschen Bundesrat in Berlin.
Blick in den Deutschen Bundesrat in Berlin.Foto: Demy Becker/dpa
Von 19. Dezember 2022

Eine Marathonsitzung hatte der Bundesrat am Freitag (16.12.) zu absolvieren, als er zum letzten Mal in diesem Jahr zusammentrat. Am Ende machte er den Weg frei für 31 Gesetze, wobei den Bremsen für Gas- und Strompreise die größte Aufmerksamkeit zuteilwurde.

Darüber hinaus ging es jedoch auch um Themen wie das Chancen-Aufenthaltsrecht und das Wählen mit 16 Jahren. Dieses wird ab 2024 bei den Wahlen zum EU-Parlament möglich. Auf zusätzliche Finanzspritzen können sich Kitas und der öffentliche Nahverkehr freuen.

Keine Mehrheit fand hingegen ein Vorstoß des Landes Hamburg zur Deckelung sogenannter Indexmieten. Von Bayern kamen Initiativen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit von Windparks in Süddeutschland und zur Anpassung des „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes“.

Kritik im Bundesrat an Detailregelungen zur Preisbremse

Die für Verbraucher bedeutsamste Nachricht war zweifellos das grüne Licht für die Strom- und die Gaspreisbremse. Allerdings regte sich aus einigen Ländern Kritik an Details. Diese bezog sich beispielsweise darauf, dass einige Maßnahmen aus gesetzestechnischen Gründen in Einrichtung von Ländern und Kommunen nicht greifen. Gemeint sind jene, die nicht Sozialversicherungsträgern unterstehen, etwa solche der Eingliederungs- oder der Kinder- und Jugendhilfe.

Auch decke das Maßnahmenpaket nicht alle Kostensteigerungen bei voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen ab. Dies beziehe sich vor allem auf solche, die auf weitergegebene Energiekosten von Drittanbietern zurückgehen. Der Bundesrat beschränkte sich darauf, in der dazugehörigen Beschlussdrucksache Empfehlungen auszusprechen.

Ab 2024 dürfen 16-Jährige zur EU-Wahl gehen

Im Zusammenhang mit dem sogenannten Chancen-Aufenthaltsrecht verzichtete die Länderkammer darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Anfang Dezember hatte der Bundestag das dazugehörige Gesetz verabschiedet. Dieses soll gut integrierten Ausländern, die bis dahin geduldet waren, ein reguläres Bleiberecht eröffnen.

Vorerst geht es dabei um eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer von 18 Monaten. Wer in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und die deutsche Sprache hinreichend beherrscht, soll diese erlangen können. Zudem muss der Betreffende einen gültigen Identitätsnachweis vorlegen können.

Der Bundesrat hat in seiner Freitagssitzung auch die Europa-Wahlordnung geändert. Bei den EU-Wahlen im Frühjahr 2024 sollen erstmals auch 16- und 17-Jährige, die ins Wählerverzeichnis eingetragen sind, teilnehmen können.

Mehr Kostenwahrheit in der stationären Pflege?

Das Krankenhauspflegeentlastungsgesetz, das ebenfalls am Freitag durch den Bundesrat ging, soll unter anderem Pädiatrie und Geburtshilfe finanziell stärken. Der Pflegeaufwand für Hebammen in Krankenanstalten soll ab 2025 vollständig im Pflegebudget Abbildung finden.

Zudem soll es in geeigneten Fällen erweiterte teilstationäre Behandlungen geben, die Patienten Übernachtungen zu Hause ermöglichen. Gleichzeitig verpflichtet die Neuregelung Krankenhäuser, für eine ausreichende Anzahl an Pflegekräften Sorge zu tragen.

Eine Milliarde Euro mehr vom Bund gibt es für die Länder für das Jahr 2022 zur Finanzierung des Regionalverkehrs. Die Dynamisierungsrate für die entsprechenden Zuwendungen steigt ab 2023 um drei statt wie bisher um 1,8 Prozent.

Mietpreisindex soll Alternative zu Verbraucherpreisbindung werden

Keine Mehrheit fand demgegenüber die Initiative Hamburgs, die sogenannten Indexmieten zu deckeln. Der Stadtstaat wollte eine gesetzliche Begrenzung auf 3,5 Prozent erreichen. Diese, so argumentierte das Land, vermeide mögliche Auswirkungen der zuletzt massiven Mieterhöhungen auf den Mietenspiegel.

Zuletzt hatten sich die Mieterhöhungen infolge höherer Energiekosten als Inflationstreiber erwiesen. Der Verbraucherpreisindex war aufgrund der hohen Lebenshaltungskosten im Oktober 2022 im Vergleich 2021 um 10,4 Prozent gestiegen.

Indexmieten sind an die Entwicklung des Verbraucherpreisindex gekoppelt. Neben gesteigerten Betriebskosten müssten Mieter im Fall solcher Vereinbarungen auch die inflationsbedingten Mehrkosten bewältigen.

Allerdings fasste der Bundesrat eine Entschließung, wonach es für Gemeinden künftig eine erweiterte Möglichkeit für Mietspiegelanpassungen geben solle. Diese sollten künftig einen Mietpreisindex verwenden können, statt an den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts gebunden zu sein. Damit ging dieses Thema zurück an die Bundesregierung.

Bundesrat fordert modernes Gesundheitsdatenschutzgesetz

Der Bundesrat forderte die Bundesregierung außerdem dazu auf, ein Gesundheitsdatenschutzgesetz vorzulegen. Dieses soll eine „beschleunigte, aber rechtssichere Digitalisierung im Gesundheitswesen“ und die „sektorübergreifende Nutzung von Gesundheitsdaten“ ermöglichen.

Maßstab für die Datennutzung und deren Weiterentwicklung solle dabei das Patientenwohl sein. Die „elektronische Patientenakte“ für alle Bürger solle einer „niederschwelligen und unkomplizierten“ Datennutzung dienen. Eine Möglichkeit zum Opting-Out soll es dabei geben, gleichzeitig solle es um optimierte Sicherungsvorkehrungen für die Daten und angemessene Sanktionen für Missbrauch gehen.

Das angeregte Gesetz soll ebenso die Nutzung von Gesundheitsdaten für Forschungszwecke erleichtern. Im Entschließungstext heißt es, in der Industrie entwickelte Innovationen verbesserten die Versorgung und trügen so zum Gemeinwohl bei. Zugleich solle es Maßnahmen zur Verbesserung der Digitalkompetenz aufseiten aller Beteiligten geben.

Bayern will Aussetzung des Lieferkettensorgfaltsgesetzes und Hilfe für Windparks

In die Ausschüsse verwies der Bundesrat zwei Initiativen des Freistaates Bayern. Dieser forderte eine Aussetzung des Inkrafttretens des sogenannten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Diese soll Unternehmen in die Pflicht nehmen, „Menschenrechtsverletzungen in globalen Lieferketten zu verhindern“ und hohe Standards einzuhalten.

Bayern weist jedoch darauf hin, dass deutsche Unternehmen dazu ohnehin beitrügen, indem sie Know-how, Wissensgesellschaft, technologische Standards und Wohlstand in Entwicklungsländern verbesserten. Dies zeige ein hohes Maß an unternehmerischer Verantwortung. Bayern fordere angesichts der derzeitigen Krisenlage nun ein „Belastungsmoratorium für die deutsche Wirtschaft“.

Außerdem präsentierte Bayern noch einen Entschließungsantrag zur „Stärkung der Wirtschaftlichkeit von Windenergieprojekten in Süddeutschland“. Darin heißt es, dass diese „aufgrund der durchschnittlich deutlich schlechteren Windbedingungen oftmals nicht wirtschaftlich umsetzbar“ seien.

Die Abschöpfung sogenannter Zufallsgewinne im Zuge der Strompreisbremse, die vor allem erneuerbare Energieträger treffe, beeinträchtige deren Lage zusätzlich. Stattdessen solle es Maßnahmen geben, um die Konkurrenzfähigkeit erneuerbarer Energieprojekte im Süden Deutschlands zu stärken.



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