Karlsruhe rügt Gesetzgeber wegen Atomgesetznovelle scharf und gibt Vattenfall-Klage wegen Atomausstiegs statt

Wegen des beschleunigten Atomausstiegs nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima hat der Energiekonzern Vattenfall bereits das zweite Mal in Karlsruhe geklagt. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht darüber entschieden.
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Vattenfall.Foto: Arno Burgi/dpa
Epoch Times12. November 2020

Der finanzielle Ausgleich für bestimmte Kraftwerksbetreiber wegen des beschleunigten Atomausstiegs nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima muss noch einmal komplett neu geregelt werden.

Die Gesetzesänderung von 2018 sei unzureichend und außerdem wegen formaler Mängel nie in Kraft getreten, entschied das Bundesverfassungsgericht nach einer Klage des Energiekonzerns Vattenfall, wie in Karlsruhe mitgeteilt wurde.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber im Zusammenhang mit von den Richtern bereits vor Jahren eingeforderten Änderungen am Atomgesetz scharf gerügt.

Die 16. Novelle des Atomgesetzes aus dem Jahr 2018 sei „ungeeignet“, die 2016 vom Gericht „festgestellte Grundrechtsverletzung zu beheben“, erklärten die Karlsruher Richter am Donnerstag (12. November) und gaben einer Klage des Energiekonzerns Vattenfall statt. Zudem sei die Novelle wegen fehlender Genehmigung durch die EU-Kommission gar nicht in Kraft getreten. (Az. 1 BvR 1550/19)

Im Dezember 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Energiekonzerne für Reststrommengen entschädigt werden müssen, die ihren Kernkraftwerken beim ersten Atomausstiegsbeschluss 2002 zugeteilt, 2011 aber gestrichen und durch feste Abschalttermine ersetzt wurden.

Der Bundestag verabschiedete daraufhin 2018 die 16. Novelle des Atomgesetzes, in der es unter anderem heißt, dass die Betreiber sich zunächst ernsthaft um „eine Übertragung der Strommenge“ auf andere Atomkraftwerke bemühen müssten, bevor sie Anspruch auf Kompensation hätten.

Dies sei „unzumutbar“ und kein angemessener Ausgleich, entschied das Bundesverfassungsgericht nun. Ein Energiekonzern könne nicht wissen, auf welche Bedingungen er sich dabei einlassen müsse. Der Gesetzgeber müsse nachbessern.

Zudem entschied das Gericht, dass die Novelle entgegen der Ansicht der Bundesregierung ohnehin noch gar nicht in Kraft getreten sei, weil keine verbindliche Mitteilung der EU-Kommission dazu vorliege.

Linken-Chef kritisiert Karlsruher Atom-Urteil

Linken-Chef Bernd Riexinger hat das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Atomausstieg scharf kritisiert. „Dass Vattenfall Recht bekommt, ist ein Witz“, schrieb Riexinger am Donnerstag bei Twitter. „Die Allgemeinheit muss für den Atommüll und die Endlager Jahrtausende zahlen. Aber Konzerne, die den Müll verursachen und damit Abermilliarden verdienten, bekommen noch mehr Geld.“

Das sei „einfach absurd“, so der Linken-Chef weiter. Die Karlsruher Richter hatten zuvor geurteilt, dass der finanzielle Ausgleich für Kraftwerksbetreiber bei der Umsetzung des beschleunigten Atomausstiegs noch einmal neu geregelt werden muss. Der Bundesgesetzgeber habe seine Verpflichtung zur Beseitigung bestimmter Verfassungsverstöße im Atomrecht trotz Ablaufs der dafür geltenden Frist noch nicht erfüllt, heißt es in einem Beschluss. (dpa/afp/dts/sza)



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