Cannabis-Legalisierung: Kabinett beschließt Eckpunkte – Umsetzung noch ungewiss

Die Ampelregierung hat Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung verfasst. Ob die Pläne tatsächlich umgesetzt werden können, ist jedoch fragwürdig. Apothekerverbände und die Opposition warnen indes vor den „Gefahren der Droge“ und „Drogentourismus“.
Cannabis-Legalisierung: Deutliche Kritik für beschlossene Eckpunkte
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bei einer Pressekonferenz zur kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene in Berlin am 26. Oktober 2022.Foto: JOHN MACDOUGALL/AFP via Getty Images
Epoch Times27. Oktober 2022

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch die Eckpunkte für eine Cannabis-Legalisierung in Deutschland beschlossen. Nach den Plänen der Ampel-Koalition sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel gelten. Das ist im Ampelkoalitionsvertrag festgehalten.

Die Bundesregierung will den Verkauf an Erwachsene in „lizenzierten Fachgeschäften“ und möglicherweise auch in Apotheken ermöglichen. Allerdings seien diesem Vorhaben laut dem Apothekerverband Nordrhein zahlreiche Apotheken abgeneigt. Auch die Opposition warnt vor den Gefahren der Legalisierung.

Umsetzung vorerst fraglich

Ob es also dazu kommt, ist somit noch offen. Vor allem internationale und europarechtliche Regeln zum Umgang mit Cannabis könnten der Legalisierung in Deutschland entgegenstehen. Der rechtliche Rahmen biete „begrenzte Optionen, das Koalitionsvorhaben umzusetzen“, heißt es auch in dem vom Kabinett beschlossenen Eckpunktepapier.

Dieses nennt in dem Zusammenhang unter anderem das sogenannte Schengener Durchführungsübereinkommen. Ein konkreter Gesetzentwurf soll deshalb erst vorgelegt werden, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt.

Die Eckpunkte

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Eckpunkte sehen zunächst Folgendes vor:

  • Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) sollen künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel gelten.
  • Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm „Genuss-Cannabis“ zum Eigenkonsum sollen straffrei sein – unabhängig vom konkreten THC-Gehalt.
  • Die Ampel erlaubt privaten Eigenanbau in begrenztem Umfang. Die Halter müssen Kinder und Jugendliche vor dem Zugriff schützen.
  • Der Verkauf soll in „lizenzierten Fachgeschäften“ – Zutritt erst ab 18 – und eventuell Apotheken möglich sein. Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, wird begrenzt. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben.
  • „Wegen des erhöhten Risikos für Cannabis-bedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz“ will der Bund prüfen, ob es für unter 21-jährige Käufer eine THC-Obergrenze geben soll.
  • Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine gesonderte „Cannabissteuer“ geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet.
  • Cannabis-Produkte zum Rauchen und Inhalieren oder zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen will der Bund zum Verkauf zulassen.
  • Die Regierung will Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote ausbauen.
  • Begleitend sollen Daten zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe erhoben und analysiert werden. Besonders im Fokus stünden dabei der Gesundheits-, Kinder- und Jugendschutz sowie die Straßenverkehrssicherheit.

Opposition warnt vor „Drogentourismus nach Deutschland“

Die bayerische Landesregierung sagte, die Pläne der Bundesregierung stellten „nicht nur für Deutschland, sondern auch für ganz Europa ein gefährliches Signal dar“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der „Augsburger Allgemeinen“ (Mittwoch). Der Konsum von Cannabis berge „wesentliche und teils irreversible gesundheitliche und soziale Risiken“. Holetschek warnte zudem vor einem „Drogentourismus nach Deutschland“.

Auch Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, äußerte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagsausgaben) seine Bedenken. „Die gravierenden gesundheitlichen Gefahren des Cannabis-Konsums werden in den Eckpunkten nur ungenügend berücksichtigt.“ Irreversible Schäden würden dabei billigend in Kauf genommen.

Hier wird Ideologie vor Gesundheit gestellt“, sagte Sorge.

Auch beim Schutz von Kindern und Jugendlichen gebe es eklatante Lücken. Wie bei einem straffreien Eigenanbau zu Hause verhindert werden solle, dass Kinder Zugang zu den Cannabis-Pflanzen haben, bleibe völlig offen.

Apothekerverband gegen Cannabis-Legalisierung

Thomas Preis, Chef des Apothekerverbands Nordrhein, rechnete laut „RP-Online“ nicht mit einer schnellen Umsetzung eines Gesetzgebungsverfahrens. „Denn die größte Hürde bleibt nach wie vor das internationale und das EU-Recht“, sagte er.

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) habe sich bereits eindeutig gegen die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken ausgesprochen und vor den gesundheitlichen Gefahren des Cannabiskonsums gewarnt. „Die Apotheken sehen sich bei der geplanten Cannabis-Legalisierung in einem heilberuflichen Konflikt.“

Besonders kritisch wird eine mögliche Wettbewerbssituation mit rein kommerziellen Anbietern gesehen“, sagte er.

Der Apothekerverband habe mit der Abgabe von Cannabis seit 2017 sehr viel Erfahrung. „Dabei versorgen wir aber Patienten aus therapeutischen Gründen gemäß einer ärztlichen Verordnung. Jetzt zweigleisig zu fahren und auch noch Cannabis zu Genusszwecken zu verkaufen, lehnen aktuell noch zahlreiche Apotheken ab“, sagte Preis.

Bundesärztekammer rechnet mit mehr Psychosen und Unfalltoten

Die Bundesärztekammer lehnt die geplante Legalisierung von Cannabis ebenfalls vehement ab. Es sei „erschreckend, dass sich ein Gesundheitsminister, der zugleich Arzt ist, für die Legalisierung einer Droge einsetzen muss“, sagte Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstagausgaben).

„Der Konsum von Cannabis kann Depressionen und Psychosen auslösen sowie zu Abhängigkeiten und Entwicklungsstörungen führen – gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen.“

Dringend benötigt würden deshalb laut Reinhardt effektive Präventions- und Therapieprogramme für Konsumenten. Die Erwartung, dass durch die Regulierung, Legalisierung und Entkriminalisierung der Schaden verringert werde, den Drogen anrichten, sei nicht belegt, sagte Reinhardt den Funke-Zeitungen.

Erfahrungen aus anderen Ländern würden zudem darauf hindeuten, dass ein erhöhter Konsum zu mehr Cannabis-bedingten Notaufnahmen und einem steigenden psychiatrischen Behandlungsbedarf führt.

Auch müsse man nach der Freigabe mit mehr tödlichen Verkehrsunfällen unter Cannabis-Einfluss rechnen. „Der Hinweis auf höhere Steuereinnahmen durch den legalen Cannabis-Verkauf ist in diesem Zusammenhang geradezu ein zynisches Argument“, so Reinhardt. (dpa/dts/mf/nh)



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