Stuttgarter Polizeipräsident: „Nie dagewesene Dimension offener Gewalt gegen Polizeibeamte“

Bei den gewalttätigen Ausschreitungen in Stuttgart in der Nacht zu Sonntag wurden die Polizei-Einsatzkräfte mit Flaschen und Steinen beworfen. Mindestens 19 Polizeibeamte wurden den Angaben zufolge verletzt, zahlreiche Geschäfte wurden geplündert.
Epoch Times21. Juni 2020

Hunderte Menschen haben in der Nacht zum Sonntag in der Stuttgarter Innenstadt randaliert und Polizeibeamte angegriffen. Bei den gewalttätigen Ausschreitungen wurden die Einsatzkräfte mit Flaschen und Steinen beworfen. Mindestens 19 Polizeibeamte wurden den Angaben zufolge verletzt, zahlreiche Geschäfte wurden geplündert. Insgesamt 24 Tatverdächtige wurden vorläufig festgenommen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) verurteilten die Gewalttaten.

Um kurz vor Mitternacht habe sich die Lage in der Nähe des Schlossplatzes „aufgeschaukelt“, wo sich am Wochenende einem Polizeisprecher zufolge immer viele Menschen aufhalten. Die Polizei sprach von einer „Party- und Eventszene“, die sich am Wochenende in der Innenstadt treffe, sich betrinke und in den sozialen Medien inszeniere.

Polizei: Lage „sehr unüberschaubar“ gewesen

Ausgangspunkt der Krawalle war demnach die Polizeikontrolle eines 17-Jährigen wegen eines mutmaßlichen Drogendelikts. Umgehend hätten sich 200 bis 300 Feiernde mit dem Verdächtigen solidarisiert und die Beamten mit Steinen und Flaschen angegriffen, sagte Polizeivizepräsident Thomas Berger am Sonntag in Stuttgart. Die Menge sei dann auf bis zu 500 Personen angewachsen und in Kleingruppen durch die Innenstadt gezogen. Die Lage sei zunächst „sehr unüberschaubar“ gewesen.

Auf Videos im Onlinedienst Twitter war zu sehen, wie Menschen mit Gegenständen Scheiben von Polizeiwagen einschlugen und gegen die Einsatzfahrzeuge traten. Dabei wurden sie von Umstehenden angefeuert. Weitere Aufnahmen zeigten stark zerstörte Innenräume von Geschäften sowie Ware, die vor den Läden zerstreut auf dem Bürgersteig lag.

Polizei: Zwölf beschädigte Einsatzwagen – neun geplünderte Geschäfte

Insgesamt wurden nach Polizeiangaben zwölf Einsatzwagen beschädigt, bis hin zum Totalschaden. Bei 40 Ladengeschäften wurden Schaufenster beschädigt oder zerstört. Neun Geschäfte wurden geplündert. Erst nach Stunden habe sich die Lage beruhigt. Insgesamt waren rund 280 Polizisten im Einsatz.

Erste Vermutungen, dass es sich um eine Aktion der politisch linken Szene gehandelt habe, schließen die Ermittler mittlerweile aus. Baden-Württembergs Innenminister Strobl sagte, es handle sich um eine Partyszene, „die auch Drogen nimmt, wo viel Alkohol im Spiel ist“. „Es könnte auch sein, dass die Bilder, die uns aus Amerika erreicht haben, zu einer gewissen Aggression geführt haben“, sagte er.

Auch sollen nach letzten Erkenntnissen die Personen, die in der Nacht randalierten und sich gegen die Polizei stellten, keine Gruppe, gewesen sein die gemeinsam unterwegs war. Stattdessen sollen sich die Personen spontan solidarisiert haben, als der Mann im Schlossgarten am Eckensee auf Drogen kontrolliert wurde.

Polizeipräsident: „nie dagewesenen Dimension offener Gewalt gegen Polizeibeamte“

Stuttgarts Polizeipräsident Franz Lutz sprach von einer „nie dagewesenen Dimension offener Gewalt gegen Polizeibeamte“. Er kündigte eine deutlich höhere Polizeipräsenz in den kommenden Wochen an, um diese Form von Gewalt nicht mehr zuzulassen. Sieben der 24 vorläufig Festgenommenen sollten noch am Sonntag dem Haftrichter vorgeführt werden, der über eine Untersuchungshaft entscheiden sollte.

„Ich verurteile diesen brutalen Ausbruch von Gewalt scharf“, erklärte Ministerpräsident Kretschmann. Die Taten „gegen Menschen und Sachen sind kriminelle Akte, die konsequent verfolgt und verurteilt gehören“.

Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) bezeichnete die Krawalle in der Nacht auf Sonntag in Stuttgart als die schwersten in der Geschichte des Bundeslandes. „Die Ausschreitungen, die wir in der Nacht in Stuttgart erleben mussten, waren von einer in Baden-Württemberg bisher noch nie dagewesenen Qualität“, sagte er der „Welt“.

„Die Ermittlungen stehen derzeit noch ganz am Anfang, freilich kann ich schon jetzt sagen, dass wir gegen die Randalierer mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln des Rechtsstaates vorgehen werden“, sagte Strobl. „Solche Vorgänge werden wir in Baden-Württemberg nicht dulden.“ Am Polizeipräsidium Stuttgart wurde eine 40-köpfige Ermittlungsgruppe eingerichtet. Strobl will am Mittwoch außerdem den Innenausschuss des Landtags über die Vorgänge informieren.

Oberbürgermeister: „Es ist ein trauriger Sonntag für Stuttgart“

Auch Oberbürgermeister Kuhn zeigt sich „schockiert von dem Ausbruch an Gewalt, von den Angriffen auf die Polizei und den Zerstörungen. Es sei „ein trauriger Sonntag für Stuttgart“, erklärte der Grünen-Politiker. „Eines muss aber klar sein: Es darf keine rechtsfreien Räume in Stuttgart geben.“ Die SPD im Landtag von Baden-Württemberg sprach von „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“.

Die CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Baden-Württemberg, Susanne Eisenmann (CDU), hat die Gewaltausbrüche gegen Polizisten und Plünderungen in Stuttgart mit „Lust auf Gewalt“ begründet. „Es gibt Gruppen in unserer Gesellschaft, die einfach Lust auf Gewalt haben. Die Lust haben, gegen Personen vorzugehen, die Polizei anzugreifen und schlicht zu randalieren“, sagte sie der „Bild“.

Eisenmann verurteilte die „regelrechten Gewaltexzesse“ und sagte zu deren Entstehung: „Soweit wir bisher wissen, war der Auslöser eine Kontrolle, die dann völlig eskaliert ist.“ Es seien „regelrecht marodierende Truppen gewesen“, so die CDU-Politikerin.

CDU: „Generalverdacht gegen die Polizei, auch aus der Politik, ist sicher ein Fehler“

Eisenmann sieht in Polizei-kritischen Äußerungen aus der Politik einen Grund für das gesellschaftliche Klima: „Dieser Generalverdacht gegen die Polizei, auch aus der Politik, ist sicher ein Fehler und macht deutlich, dass Hemmungen sinken“, sagte Eisenmann. „Wir müssen uns ohne Wenn und Aber hinter die Polizei stellen“, sagte sie. Die Vorfälle hätten gezeigt, „welche Grundaggression in unserer Gesellschaft teilweise vorhanden zu sein scheint“.

Sie habe sich solche Szenen in ihrer Heimatstadt bisher nicht vorstellen können: „Das wäre für mich unvorstellbar bis heute Nacht gewesen, dass wir sowas in Stuttgart erleben. Und es muss definitiv Konsequenzen haben. Da kann man nicht einfach drüber hinweg gehen, da darf man auch nicht relativieren.“ Es gelte nun, deutlich zu machen, dass man solche Ausbrüche nicht dulden könne und werde.

AfD: „polizeifeindliche Kampagne linker Politiker und Journalisten, beeinträchtigen die Arbeit der Polizei“

Der AfD-Innenpolitiker Martin Hess, der früher Polizeibeamter in Baden-Württemberg war, sagte der „Welt“: „Vor zehn Jahren wären Ausschreitungen wie letzte Nacht unvorstellbar gewesen. Aber die verfehlte Sicherheitspolitik von Grün-Schwarz und die polizeifeindliche Kampagne linker Politiker und Journalisten, die unsere Polizisten unter Rassismus-Verdacht stellen, beeinträchtigen die Polizei massiv bei der Arbeit.“

Die innenpolitische Sprecherin der Grünen, Irene Mihalic, sagte der „Welt“: „Die Bilder aus der Stuttgarter Innenstadt zeigen ein erschreckendes Ausmaß blinder Zerstörungswut und Gewalt. Meine Gedanken sind bei den verletzten Polizeibeamten und geschädigten Geschäftsleuten. Nun müssen akribisch alle Erkenntnisse zusammengetragen werden, damit zügig geklärt werden kann, wer dahintersteckt und wie es überhaupt dazu kommen konnte.“

FDP: Gewaltausbruch „erschreckend“

Auch der FDP-Innenpolitiker Stephan Thomae bezeichnete den Gewaltausbruch als „erschreckend“. Es müsse die Frage erlaubt sein, „ob der von Politikern und in den Medien geäußerte Generalverdacht gegen die Polizei ein entsprechendes Klima gefördert hat“. (dts/afp)



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