Die Eckpunkte der Krankenhausreform sind da: Was ändert sich für Patienten?

Chronische Finanznöte abwenden, die Qualität verbessern. Laut Karl Lauterbach gibt es nun eine grundlegende Verständigung für die Reform der Krankenhäuser. Ein Bundesland lehnte die Reform ab, eines enthielt sich der Stimme.
Karl Lauterbach (2.v.l.) zusammen mit NRW-Gesundheitsminiser Karl-Josef Laumann (l.), Melanie Schlotzhauer, Hamburgs Gesundheitssenatorin (2.v.r.), sowie dem baden-württembergischen Gesundheitsminister Manfred Lucha.
Karl Lauterbach (2. v. l.) zusammen mit NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (l.), Melanie Schlotzhauer, Hamburgs Gesundheitssenatorin (2. v. r.) sowie dem baden-württembergischen Gesundheitsminister Manfred Lucha.Foto: Joerg Carstensen/dpa
Epoch Times10. Juli 2023

Der Gesundheitsminister sprach heute von einer „Revolution“, die bei der Neuaufstellung der Krankenhäuser in Deutschland erreicht wurde. Demnach gebe es nun eine grundsätzliche Verständigung mit den Ländern. Man habe sich auf sehr detaillierte Eckpunkte einigen können, sagte der SPD-Politiker nach gemeinsamen Beratungen in Berlin.

Den Eckpunkten stimmten 14 der 16 Länder zu, wie der Vorsitzende der Gesundheitsminister, Manne Lucha (Grüne) aus Baden-Württemberg, mitteilte. Dies sei damit ein gültiger Beschluss.

Bayern stimmte mit Nein, Schleswig-Holstein enthielt sich. Der nordrhein-westfälische Ressortchef Karl-Josef Laumann (CDU) machte deutlich, die künftige Planung sei eine Möglichkeit, überprüfbare Qualität „hinzukriegen“.

Über den Sommer wollen Bund und Länder nun einen konkreten Gesetzentwurf ausarbeiten. Ziel ist, dass die Reform zum 1. Januar 2024 in Kraft tritt. Die konkrete Umsetzung in den Kliniken vor Ort würde danach schrittweise anlaufen. Was soll sich ändern?

Weniger Fallpauschalen

Bei der Finanzierung werde es wie geplant eine Abkehr von den Fallpauschalen geben, sagte Lauterbach. Künftig sollten 60 Prozent der Kosten von Kliniken über Vorhaltepauschalen gedeckt werden. „Das nimmt den ökonomischen Druck weg“, sagte der Minister.

Kleine Krankenhäuser würden nicht mehr gezwungen, so viele Leistungen zu erbringen, Krebsbehandlungen etwa würden in Spezialzentren erfolgen. Die Vorhaltepauschalen könnten nur Kliniken erhalten, die auch entsprechende Qualitiätskriterien erfüllten, betonte Lauterbach. Kleine Kliniken sollten sich damit darauf konzentrieren, was sie gut leisten könnten.

Die Reform sei damit auch eine „Existenzgarantie für kleine Kliniken auf dem Land“, sagte der Minister. Dies helfe auch gerade Krankenhäusern in Ostdeutschland, weil dort viele Häuser gefährdet seien, weil sie nach dem bisherigen System nicht mehr auf genügend Behandlungsfälle kämen.

Levels und Leistungsgruppen

Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen genauer definierte Leistungsgruppen der Kliniken sein – also etwa „Kardiologie“ statt grobe Bezeichnungen wie „innere Medizin“. Die Leistungsgruppen sollen einheitliche Qualitätsvorgaben etwa bei der Ausstattung, bei Personal und Behandlungserfahrungen absichern.

Transparent machen will Lauterbach die Verteilung der Leistungsgruppen auf die Häuser und eine Einteilung in Versorgungsstufen, sogenannte „Levels“.

Anders gesagt: Künftig werden alle Kliniken nach den Levels unterteilt. Die Zugehörigkeit bestimmt, welche Leistungen die Krankenhäuser anbieten dürfen.

Level eins steht für die Grundversorgung, Level zwei für Schwerpunkte in bestimmten Bereichen und Spezialisierungen und Level drei bietet Spitzenversorgung auch bei seltenen Krankheiten, wie sie in Unikliniken versorgt werden.

Über eine stärker steuernde Funktion der Level gab es keine Einigkeit. Gemeint sind mit Level Einordnungen des Kliniknetzes in Stufen – von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.

Was bedeutet das für Patienten?

Für Patienten heißt das, dass nicht jede Klinik laut den Eckdaten jede Behandlungsform anbieten darf. Kliniken in Level 1 sollen nur noch die Grundversorgung sicherstellen, beispielsweise die Versorgung bei Knochenbrüchen oder Mandeloperationen. Spezialisierte Behandlungen erfolgen anderswo, was längere Anfahrtswege bedeuten dürfte.

Ob Kliniken durch die Reform schließen müssen, bleibt ungewiss. Die Expertenkommission machte keine konkreten Angaben zu Krankenhausschließungen. Fachleute erwarten diese jedoch als indirekte Folge der veränderten Finanzierung.

Kai Hankeln, Vorstandschef der privaten Klinikkette Asklepios, meinte, dass kleineren Kliniken die finanzielle Grundlage entzogen würde. Hankeln geht von rund 600 Kliniken aus, die wegen der Reform schließen müssten. Insgesamt geht Lauterbach von 1.719 Krankenhäusern deutschlandweit aus.

Gibt es vorher Geld für die Kliniken?

Forderungen der Länder nach einer Finanzspritze des Bundes für die Kliniken noch vor der Reform setzten sich nicht durch. Lauterbach sagte auch mit Blick auf die Haushaltslage, es werde geprüft, fügte aber hinzu: „Ich kann da keine Hoffnungen machen.“

Bis die Reform wirke, würden leider noch Kliniken in die Insolvenz gehen. Das liege aber daran, dass die Reform nicht schon früher gemacht wurde.

An der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs sollen für die Länderseite Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen sowie für die Belange Ostdeutschlands auch Mecklenburg-Vorpommern beteiligt werden.

Transparenzgesetz für Behandlungsqualität geplant

Lauterbach plant laut den Eckpunkten auch ein „Transparenzgesetz“, mit dem Daten zur Behandlungsqualität aller Kliniken als Information für Patienten veröffentlicht werden sollen.

Dies werde der Bund voraussichtlich zum 1. Januar 2024 eigenständig umsetzen. Darüber sei in den Beratungen gar nicht mehr gesprochen worden. (dpa/ks)



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