Erdogan fordert bessere Integration von Türken, keine Assimilation – Kritik am Umgang mit Özil

„Wir sehen die Zukunft unserer Brüder hier", erklärte der türkische Staatspräsident Erdogan in Köln. Gegen Rassismus müsse aber „gemeinsam Haltung“ angenommen werden.
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Präsident Erdogan am 29. September 2018 in Köln, Germany.Foto: Carsten Koall/Getty Images
Epoch Times29. September 2018

Bei seiner Rede zur Einweihung der neuen Ditib-Zentralmoschee in Köln am Samstag hat sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan für eine „gleichberechtigte Integration“ der Türken in Deutschland ausgesprochen. „Die Türkei hat immer die gleichberechtigte Integration unterstützt und gefördert“, sagte Erdogan vor rund tausend geladenen Gästen im Hof der Moschee in Köln-Ehrenfeld.

Es gehe dabei aber nicht um „Assimilation“, betonte Erdogan, der schon oft vor Assimilation gewarnt hat. „Wir sehen die Zukunft unserer Brüder hier.“ Gegen Rassismus müsse aber „gemeinsam Haltung“ angenommen werden.

Der türkische Staatschef sprach sich in der Rede auch für die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Er habe mit „vielen Menschen gesprochen, damit die doppelte Staatsbürgerschaft wieder durchgesetzt wird“, sagte Erdogan.

Damit werde das „Wir-Gefühl in Deutschland“ und die Verbundenheit zwischen den Völkern gestärkt. In Deutschland ist es für Türken nur unter bestimmten Bedingungen möglich, zugleich einen deutschen und einen türkischen Pass zu haben.

Terror darf nicht mit dem islamischen Glauben in Verbindung gebracht werden

In der Moschee sprach sich Erdogan entschieden gegen eine Vermengung von Islam und Terrorismus aus. Terror dürfe nicht mit dem muslimischen Glauben in Verbindung gebracht werden, mahnte Erdogan.

Zugleich forderte er, keinen Unterschied zwischen Terrororganisationen zu machen. So sollte Deutschland neben der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) auch die Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen als Terrororganisation einstufen.

Bereits bei den politischen Gesprächen in Berlin am Freitag hatte er wiederholt von Deutschland gefordert, die Gülen-Bewegung zu verbieten, die laut Ankara hinter dem Putschversuch von Juli 2016 steckt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte jedoch weitere Beweise für ihre Verantwortung gefordert. Erdogan äußerte sich nun verärgert, dass „strategische Freunde“ immer weitere Beweise haben wollten, und forderte, mehr gegen diese „Terroristen“ zu tun.

Wegen eines Fotos wurde Özil ausgestoßen – das sei schwer zu ertragen

„Das was im Augenblick passiert, ist nicht schön“, sagte Erdogan am Samstag mit Blick auf die Diskussion in Deutschland um Fotos der türkischstämmigen Fußballspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit ihm vor der Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer.

„Mesut Özil, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, wurde aus der Gemeinschaft verstoßen, weil er ein Foto in England gemacht hat“, sagte Erdogan. „Ich konnte es als ihr Präsident schwer ertragen, dass diese jungen Leute, die es bis in die Nationalmannschaft geschafft hatten, ausgestoßen wurden.“

Erdogan begrüßte in diesem Zusammenhang, dass sich „ganz viele Unterstützer (…) an die Seite von Mesut gestellt haben“. Denn solcher Rassismus müsse „ein Ende haben“.

Auslöser für die Affäre war ein Foto gewesen, auf dem sich Özil und der ebenfalls türkischstämmige Nationalspieler Gündogan im Mai in London zusammen mit Erdogan hatten ablichten lassen. Die Debatte um das Foto und der Umgang des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit der Affäre begleiteten den deutschen WM-Auftritt. Der Rücktritt Özils aus der Nationalelf und seine Vorwürfe lösten dann eine Rassismusdebatte aus.

In einer mehrteiligen Erklärung hatte Özil am 22. Juli seinen Rücktritt als Spieler der deutschen Nationalmannschaft erklärt. Dabei machte er insbesondere DFB-Chef Reinhard Grindel schwere Vorwürfe und prangerte einen weit verbreiteten Rassismus gegen ihn als Deutschtürken an.

Erdogans Stippvisite in Köln sicherte die Polizei der Stadt durch einen der größten Einsätze ihrer Geschichte ab. Bereits Stunden vor seiner Ankunft sperrten Hunderte von Polizisten die Straßen rund um die Moschee und kontrollierten Anwohner ebenso wie Besucher streng. Stadt und Polizei legten einen großen Sicherheitsbereich fest, Autobahnen, Brücken und Zufahrtsstraßen wurden abgeriegelt. Zeitweise waren weite Teile der Stadt lahmgelegt.

Und die deutschen Politiker?

Deutsche Politiker waren bei der Moschee-Eröffnung nicht dabei. Erdogan hatte zuvor am Flughafen Köln/Bonn den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) getroffen. Je „angespannter die Zeiten“ seien, desto wichtiger sei der Dialog zwischen zwei Staaten, sagte Laschet nach dem einstündigen Gespräch. Er habe Erdogan gesagt, dass „Rechtsstaatlichkeit eine wichtige Voraussetzung“ für eine Normalisierung der Beziehungen sei. Dabei verwies er insbesondere auf die nach wie vor in der Türkei inhaftierten Deutschen.

Begleitet wurde Erdogans Besuch von Protestkundgebungen im Stadtteil Deutz und in der nördlichen Innenstadt. „Stoppt die Erdogan-Diktatur“, forderten die Demonstranten in Deutz auf einem Transparent. Wie ein AFP-Reporter berichtete, blieb die Teilnehmerzahl mit 1000 in Deutz und einigen hundert bei der zweiten Kundgebung in der Innenstadt aber deutlich unter den Erwartungen.

Außerdem machten auch die Erdogan-Anhänger mobil: Ihre Zahl wuchs im Laufe des Tages trotz der kurzfristigen Absage einer Außenveranstaltung im weiteren Umfeld der Zentralmoschee. Die Stadt Köln hatte die Außenveranstaltung mit bis zu 25.000 Besuchern abgesagt, da Ditib kein ausreichendes Sicherheitskonzept vorgelegt habe.

Vor der Eröffnung der Moschee kritisierte der Grünen-Politiker Cem Özdemir im AFP-Gespräch die Versuche der Türkei, in Deutschland „die Integrationspolitik über den Moscheeverband Ditib zu torpedieren“. Auch der frühere SPD-Chef Martin Schulz warnte in der „Rheinischen Post“ vor einer „Politisierung des Islam“ durch Ditib. Kritiker sehen in dem Verband den verlängerten Arm Ankaras.

Erdogan hatte am Samstagmorgen noch einmal Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Arbeitsfrühstück im Kanzleramt getroffen. Dabei waren laut einem Regierungssprecher die Möglichkeiten zur Stärkung der Wirtschaftsbeziehungen ein wesentliches Thema. Zudem sei es um Syrien, die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik sowie die innenpolitische Lage in der Türkei und den Anti-Terror-Kampf gegangen.

Am Vortag waren bei den politischen Gesprächen die anhaltenden Spannungen im bilateralen Verhältnis klar geworden. Merkel sprach von „tiefgreifenden Differenzen“ bei den Themen Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit. Für einen Eklat sorgte Erdogan beim Staatsbankett, wo er ungewöhnlich scharf die Auslieferung des in Deutschland lebenden türkischen Journalisten Can Dündar forderte. (dpa/afp)



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