Heiner Geißler: CSU entwickelt sich zur „Totengräberin“ der Union

"Eine politische Partei, die angesichts einer solchen Aufgabe sagt, wir schaffen das nicht, kann von vorneherein abdanken." Heiner Geißler, der frühere CDU-Generalsekretär, stellt sich hinter die Kanzlerin und kritisiert gleichzeitig die CSU: In seinem politischen Leben habe er noch nie so etwas "Unsolidarisches" erlebt. "Solche Angriffe auf die CDU hat es früher nie gegeben."
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Heiner GeißlerFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times15. September 2016

Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler hat die andauernden Angriffe der CSU auf Kanzlerin Angela Merkel wegen ihres Kurses in der Flüchtlingskrise scharf kritisiert. „Die CSU entwickelt sich zur Totengräberin der Union“, sagte Geißler der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. So etwas „Unsolidarisches“ habe er in seinem politischen Leben noch nicht erlebt.

„Solche Angriffe auf die Schwesterpartei CDU hat es früher nie gegeben, selbst in den 80er Jahren bei Franz Josef Strauß nicht.“ Die Kritik der CSU sei „inkonsequent“, „doppelbödig“ und ihre Politik „unglaubwürdig“, weil die Partei der Flüchtlingspolitik im Bundestag und in der Bundesregierung immer „ohne Abstriche zugestimmt“ habe, andererseits in der Öffentlichkeit aber dagegen Stimmung mache.

Die CSU-Forderung, Flüchtlinge aus dem christlich-abendländischen Kulturkreis zu bevorzugen, bedeute „das Gegenteil dessen, was die christliche Botschaft bedeutet“, so Geißler. „Wer solche Vorschläge macht, hat sonntags in der Kirche nichts verloren und steht im Widerspruch sowohl zur Botschaft des Evangeliums, zum Papst als auch zur evangelischen Kirche.“

Die CSU-Führung befinde sich auf „derselben geistigen Ebene wie die Orban-Partei in Ungarn und die Kaczynski-Partei in Polen.“ So etwas sei für die CDU absolut inakzeptabel.

Geißler wandte sich explizit gegen eine Kursänderung Merkels in der Flüchtlingspolitik – trotz des Erstarkens der AfD und der Wahlniederlage in Mecklenburg-Vorpommern. So habe Merkel „fast alle relevanten geistigen und politischen Schichten Deutschlands auf ihrer Seite; einen großen Teil der kulturellen Szene, die katholische und evangelische Kirche, die Gewerkschaften, die Diakonie, die Caritas und die meisten Nicht-Regierungsorganisationen“, so Geißler.

„Wenn sie nun plötzlich sagen würde, `Nein, wir schaffen es doch nicht`, würde sie die geistig-politische Mitte in Deutschland verlieren und denselben Kapitulationsirrtum begehen, dem Horst Seehofer von Anfang an verfallen ist.“

Er habe die Kapitulation vor der historischen Herausforderung erklärt. „Aber eine politische Partei, die angesichts einer solchen Aufgabe sagt, wir schaffen das nicht, kann von vorneherein abdanken.“ Die Kanzlerin sei „keine Vorsitzende einer Kapitulantenpartei“, sagte Geißler weiter. „Die CDU hat noch nie kapituliert.“

Zugleich kritisierte Geißler den derzeitigen Kommunikationsstil der CDU. Diese müsse „endlich von der Defensive in die Offensive kommen und ihre Gegner, in diesem Fall auch die Führung der Schwesterpartei, angreifen“, sagte er. Zugleich müsse die Regierung die Bevölkerung besser über die „globalen Ursachen und den politischen Hintergrund der Flüchtlingskrise“ aufklären.

Geißler forderte Merkel auf, ihre Position als Parteivorsitzende und Kanzlerin konsequenter wahrzunehmen. Wenn ein Bundesverkehrsminister wie Alexander Dobrindt (CSU) öffentlich gegen seine Regierungschefin Stellung beziehe, müsse ihn die Kanzlerin am anderen Tag entlassen, so Geißler.

Zu latenten Drohungen aus der CSU, die Koalitionsgemeinschaft mit der CDU aufzukündigen, sagte Geißler, dies werde am Ende nur der CSU schaden. „Dann bleibt der CDU gar keine andere Wahl, als bei der nächsten Bundestags- und Landtagswahl auch in Bayern anzutreten. Damit wäre das Hauptziel, das die CSU mit ihrem unsinnigen Kurs in der Flüchtlingspolitik erreichen will – nämlich die absolute Mehrheit in Bayern – endgültig Geschichte.“

Die CSU-Führung werde „gejagt von der Angst vor der AfD und ist geradezu in Panik“, so Geißler. „Mit Leuten, die Angst haben und Angst machen und vor Schwierigkeiten kapitulieren, kann man keine Politik machen.“

Zum Erstarken der AfD sagte der frühere Bundesminister und CDU-Generalsekretär weiter, wenn Merkel bei ihrer „pragmatisch-realistischen Linie“ bleibe und klarmache, dass die CDU „die einzige Partei in Deutschland und Europa“ sei, die in der Lage sei, „auf der Basis eines ethischen Fundaments diese historische Herausforderung zu beantworten“, dann werde der Erfolg der AfD nachlassen. „Ich bin sicher, dass die AfD ein temporäres Phänomen ist“, sagte der CDU-Politiker.

(dts)



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