Kollateralschaden der „Zeitenwende“: Arne Schönbohm zu Unrecht als BSI-Chef versetzt

Antirussische Hysterie und eine Kampagne von Jan Böhmermann kosteten Arne Schönbohm den Job als Chef des BSI. Heute weiß man: Es lag nichts gegen ihn vor.
Bundesinnenministererin Nancy Faeser (SPD) und Arne Schönbohm, inzwischen freigestellter Präsident des BSI.
Bundesinnenministererin Nancy Faeser (SPD) und Arne Schönbohm, ehemaliger Präsident des BSI.Foto: Rolf Vennenbernd/dpa
Von 15. Mai 2023

Im Oktober des Vorjahres hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Versetzung des damaligen Cyberabwehrchefs Arne Schönbohm veranlasst. Zuvor hatte das „ZDF Magazin Royale“ eine heftige Kampagne gegen den Präsidenten des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) geführt. Dessen Moderator Jan Böhmermann hatte über einen Verein eine angebliche Kontaktschuld Schönbohms bezüglich der Russischen Föderation konstruiert.

Schönbohm verließ sich auf eigene Experten mehr als auf politische Führung

Im April hatte das Ministerium nach sechsmonatigen Untersuchungen eingestehen müssen, dass Schönbohm kein Fehlverhalten nachzuweisen war, wie der „Business Insider“ berichtete.

Man leitete kein Disziplinarverfahren ein – der Beamte führt mittlerweile die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV). Mittlerweile kristallisiert sich heraus, dass es eine zu kritische Amtsführung war, die Faeser nach einem Anlass für den Schritt suchen ließ. Die Hexenjagd durch Böhmermann bot einen solchen.

Wie die „Welt“ schreibt, habe Schönbohm sich „nicht als verlängerten Arm des Innenministeriums“ oder Vollstrecker politischer Weisungen gesehen. Stattdessen habe er allein die Positionen der Experten seiner eigenen Behörde Relevanz zugemessen. Entsprechend habe er diese auch gegenüber dem Bundesinnenministerium und anderen Behörden vertreten.

Damit habe er sich jedoch im Sicherheitsapparat und im Ministerium selbst keine Freunde gemacht – sondern zum Teil sogar mächtige Feinde. Schönbohm habe zudem fachliche Einschätzungen zu Schwächen der deutschen Cyberabwehr öffentlich kommuniziert. Aus Sicht des Ministeriums ein nicht akzeptabler Stil.

Personalrat des BSI spricht von einer „integren Persönlichkeit“

Heute ist nicht mehr von einem „Sicherheitsrisiko“ die Rede, das Schönbohm dargestellt hätte. Stattdessen spricht das Bundesinnenministerium gegenüber der „Welt“ von einem „fehlenden Vertrauen in die Amtsführung“ des Beamten. Auch habe man ihm nicht mehr zugetraut, „das BSI stark als zentrale Cybersicherheitsbehörde in besonders herausfordernden Zeiten aufzustellen“. Heute leitet Claudia Plattner die Behörde.

Der Personalrat hatte sich kritisch zur Abberufung des Spitzenbeamten geäußert. Schönbohm sei eine „integre Persönlichkeit“ gewesen, hieß es in einem internen Schreiben an die Ministerin. Die Umstände der Reaktion der Behörde in der Öffentlichkeit sei „unbefriedigend“.

Der Digitalsprecher der Unionsfraktion, Reinhard Brandl, fordert von Faeser nach deren Eingeständnis der Haltlosigkeit der gegen diesen erhobenen Vorwürfe Konsequenzen. Man erwarte, dass die Ministerin den Beamten nun „auch öffentlich rehabilitiert“.

Konstruierte Kontaktschuld reichte für Versetzung von Schönbohm aus

Die Behauptung der angeblichen kritischen Russland-Kontakte Schönbohms stützte sich auf dessen Engagement im „Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e. V.“. Schönbohm war bis 2016 sogar dessen Vorsitzender. Ebenfalls in diesem Verein war das Berliner Cybersecurity-Unternehmen Protelion Mitglied.

Dieses trug zuvor den Namen „Infotecs GmbH“ und war ein Tochterunternehmen des Cybersicherheitsunternehmens O.A.O. Infotecs. Dieses wiederum soll ein ehemaliger Mitarbeiter des russischen Geheimdienstes FSB gegründet haben.

Der Verein schloss nach Bekanntwerden der Darstellungen das Unternehmen aus. Die konstruierte Verbindung zu Schönbohm über den Verein bot Faeser jedoch den gewünschten Anlass, diesen loszuwerden.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion