Eine Besonderheit der schleswig-holsteinischen Landespolitik

In den aktuellen Umfragen zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein liegt der SSW bei drei bis vier Prozent. 2012 erreichte der SSW mit 4,6 Prozent sein bestes Ergebnis seit 1950 und beteiligte sich anschließend als Teil einer Koalition mit SPD und Grünen erstmals in seiner Geschichte an einer Landesregierung.
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Wahlkampf-FlyerFoto: Morris MacMatzen/Getty Images
Epoch Times2. Mai 2017

Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist eine Besonderheit der Landespolitik in Schleswig-Holstein. Die 1948 gegründete Partei der auf insgesamt etwa 100.000 Menschen geschätzten dänischen und friesischen Minderheiten im nördlichsten Bundesland ist seit Jahrzehnten im Landtag vertreten – zunächst über lange Zeit mit einem Abgeordneten, in jüngerer Zeit aber auch mit zwei oder noch mehr Parlamentariern. Derzeit sind es drei.

Seit 1955 ist der SSW aufgrund eines Minderheitenschutzabkommens zwischen Deutschland und Dänemark bei Landtags- und Bundestagswahlen von der Fünfprozenthürde ausgenommen, um seine Chancen auf Interessenvertretung in den Parlamenten zu erhöhen. Verankert ist die Partei in erster Linie in den nördlichen Landesteilen. Dort stellt sie eine kommunale Kraft dar, die bei Gemeindewahlen teils 20 Prozent erreicht.

Politisch konzentrierte sich die Partei lange Zeit ausschließlich auf Belange der dänischen und friesischen Minderheiten, etwa auf die Ausstattung dänischsprachiger Schulen. Seit den 70er Jahren positioniert sich der SSW aber auch zu allgemeinen gesellschaftlichen und politischen Themen. So trat er vehement gegen die Atomkraft ein. Er orientiert sich nach eigenen Angaben gern an Entwicklungen in Skandinavien.

In den aktuellen Umfragen zur Landtagswahl am kommenden Sonntag liegt der SSW bei drei bis vier Prozent. 2012 erreichte der SSW mit 4,6 Prozent sein bestes Ergebnis seit 1950 und beteiligte sich anschließend als Teil einer Koalition mit SPD und Grünen erstmals in seiner Geschichte an einer Landesregierung. Die Rolle als Mehrheitsbeschaffer ließ aber auch die Diskussion um die Befreiung von der Fünfprozenthürde wieder aufflammen.

Schon früher war der SSW bisweilen ein entscheidender Faktor im Kieler Landtag. Nach der Landtagswahl 1987 entschied sich der damals einzige SSW-Abgeordnete Karl Otto Meyer, mit der SPD gegen die Wahl des geschäftsführenden CDU-Ministerpräsidenten Henning Schwarz zu stimmen. Seine Stimme führte angesichts der knappen Sitzverhältnisse zu einem Patt im Landtag, CDU und FDP brachten keine Mehrheit zustande. Die folgende Neuwahl gewann die SPD mit absoluter Mehrheit.

Auch bei den berühmt-berüchtigten Ereignissen nach der Wahl 2005 fand sich der SSW in der Rolle des „Königsmachers“ wieder. SPD und Grüne verfügten im neuen Landtag über 33 Sitze, CDU und FDP hatten 34. Der mit zwei Abgeordneten vertretene SSW entschied, ein rot-grünes Bündnis zu tolerieren und diesem die nötige Einstimmenmehrheit für die Wahl von Heide Simonis (SPD) zur Ministerpräsidentin zu sichern. Die Wahl allerdings scheiterte spektakulär: Ein unbekannter Abweichler versagte Simonis die Stimme. (afp)



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