„Mehr Netto vom Brutto“: Lindner will noch 2024 Steuerzahler deutlich entlasten

Neben einer Unternehmenssteuerreform will Minister Lindner noch vor Ende des Jahres Erleichterungen bei der Einkommenssteuer veranlassen. Während bezüglich des erstgenannten Vorhabens die Finanzierung unklar ist, sperren sich die Ampelpartner gegen das andere.
Christian Lindner fordert eine gestärkte militärische Reserve für die Bundeswehr.
Bundesfinanzminister Christian Lindner.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 2. April 2024

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) will noch in diesem Jahr eine spürbare Entlastung für Steuerzahler durchsetzen. Dies hat er Ende der Vorwoche in Aussicht gestellt. Wie „Bild“ berichtet, sollen primär ein höherer Grundfreibetrag und eine weitere Abmilderung der kalten Progression Kernpunkte der Anpassung bei der Einkommensteuer sein. Obwohl es dafür bereits ein Vorbild in der Zeit der Ampel gibt, winken SPD und Grüne dieses Mal ab.

Bereits 2022 konnte Lindner die geforderten Schritte durchsetzen

Lindner will angesichts der – wie er es nennt – „massiven und überproportionalen“ Erhöhung des Bürgergeldes zu Beginn des Jahres auch Arbeitnehmer entlasten. Es solle „mehr Netto vom Brutto“ bleiben. Der Minister möchte die Effekte sogar rückwirkend greifen lassen. Derzeit finden im Bund bereits die Haushaltsberatungen für 2025 statt.

Die erste Säule der Erleichterungen soll dabei den Grundfreibetrag anheben. Dies, so Lindner, werde bereits in der Gesetzgebung vorbereitet. Zum 1. Januar war dieser für Alleinstehende um 696 auf 11.604 Euro angestiegen. Lindner wollte eine Erhöhung um weitere 180 Euro erreichen, drang bei den Koalitionspartnern jedoch damit nicht durch.

Zudem soll es weitere wirksame Maßnahmen gegen die kalte Progression geben. Diese greift, wenn Arbeitnehmer aufgrund einer Lohnerhöhung in eine höhere Steuerklasse aufsteigen. Die damit verbundene Mehrbelastung kann in einigen Fällen dazu führen, dass die Nettoeinkünfte der Betroffenen trotz Bruttolohnerhöhung sogar geringer ausfallen als ohne diese.

Konkrete Zahlen nicht vor Progressionsbericht im Herbst

Was Lindner augenscheinlich vorschwebt, ist eine Steuerreform, die am Vorgehen der Ampel im Herbst 2022 orientiert ist. Bereits damals war der Grundfreibetrag zum 1. Januar 2023 um 561 Euro auf 10.908 Euro angestiegen.

Ferner erfolgte eine Anpassung der Beträge, die einen Progressionssprung auslösen, an die Inflationsrate. Ausnahme waren lediglich Spitzenverdiener ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.826 Euro. Anpassungen hatte es auch beim Kinderfreibetrag gegeben und bei jenem Betrag, ab dem der Solidaritätszuschlag fällig wird.

Konkrete Zahlen bezüglich seines Vorhabens, das sich auf die Jahre 2025 und 2026 erstrecken soll, will Lindner allerdings erst im November nennen. Der aktuelle Progressionsbericht, der zur Grundlage der Anpassungen werden soll, erscheine erst im Herbst. Lindner unterstreicht, die Maßnahmen seien erforderlich. Gegenüber der „Berliner Morgenpost“ äußerte er:

„Wenn wir nichts tun würden, dann würden Menschen, die eine Gehaltserhöhung bekommen, die gerade mal die Inflation ausgleicht, steuerlich stärker belastet werden.“

Gegenwind für Lindner aus eigener Koalition

In der Opposition stößt die Ankündigung auf Skepsis und aus den Reihen der Ampelpartner kommt Gegenwind. Bayerns Finanzminister Albert Füracker äußert gegenüber „Bild“, er sehe in Lindners Ankündigung ein „weiteres Ankündigungsplacebo“. Lindner „kann oder will sich in seiner Ampelkoalition nicht durchsetzen“.

Tatsächlich heißt es vonseiten der Koalitionspartner, dass es keine Automatismen geben dürfe, die vor allem Spitzenverdienern nützten. SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi äußerte, sowohl ein höherer Grundfreibetrag als auch ein Ausgleich für die kalte Progression seien sinnvoll und geboten.

Allerdings hatte die vorangegangene Anpassung des Einkommensteuersystems aus seiner Sicht dazu geführt, dass „damit überproportional Spitzenverdiener“ entlastet worden seien. Ähnlich sieht dies Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch. Für ihn laufen Lindners Vorhaben auf „Steuersenkungen für die Reichsten des Landes“ hinaus.

Für seine Fraktion hätten jedoch „die alleinerziehende Mutter, die arbeitet und am Ende des Monats doch nicht genug hat“, sowie „der Polizist, der für seine Familie auf ein gutes Kindergeld und gut ausgestattete Kitas angewiesen ist“, Priorität. Dies müsse sich auch im Haushalt widerspiegeln.

Keine Einigkeit bei Finanzierung geringerer Unternehmenssteuern

Was die Unternehmenssteuern anbelangt, besteht zwar grundsätzlich Einigkeit zwischen Lindner und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck darüber, dass Entlastungen notwendig seien. Über den Weg dorthin gibt es diese jedoch nicht. Während Lindner auf Steuersenkungen setzt, möchte Habeck einen entsprechenden Effekt über Subventionen und eine Reform der Schuldenbremse bewirken.

Die effektive Steuerbelastung für Unternehmen ist in Deutschland mittlerweile bei 28,8 Prozent angekommen. Im EU-Durchschnitt beträgt diese 18,8 Prozent. Dies geht aus dem sogenannten Mannheim Tax Index des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der EU-Kommission hervor.

Zuletzt hat die Union immerhin ihre Bundesratblockade gegen das „Wachstumschancengesetz“ aufgegeben. Dieses hatte sie bisher aus Protest gegen die Kürzungen beim Agrardiesel nicht passieren lassen. Das Gesetz soll Entlastungen von insgesamt 3,2 Milliarden Euro für Unternehmen durch steuerliche Investitionsanreize bieten.

Grüne gegen Steuererleichterungen für Spitzenverdiener – aber für Geringverdiener belastende Fleischsteuer

Unterdessen steigen die Belastungen von Einkommen durch indirekte Steuern weiter an. Dazu zählen unter anderem höhere Sozialbeiträge, der CO₂-Preis sowie die Erhöhungen von Strom- und Gaspreis. Zuletzt kam aus dem grün geführten Bundeslandwirtschaftsministerium mit dem geplanten „Tierwohl-Cent“ auf Fleischprodukte ein weiterer Vorschlag, der sich vor allem auf Geringverdiener auswirken würde.

Pro Kilogramm solle ein Aufschlag von 30 bis 40 Cent in die Förderung eines artgerechten Umbaus von Ställen gehen. Obermeister Philipp Gantner von der Metzgerinnung Erding sieht darin „nichts anderes als eine Fleischsteuer“. Die Mittel seien nicht gebunden. Sie könnten also auch Verwendung finden, um „Haushaltslöcher zu stopfen“, äußerte Gantner auf der jüngsten Jahreshauptversammlung der Innung.



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