Einigung in Sicht: Merkel, Gabriel und Seehofer über Asyl-Schnellverfahren

Der große Flüchtlingsandrang bringt die offizielle Prognose von 800 000 Asylbewerbern in diesem Jahr in Deutschland immer stärker ins Wanken. Bisher wurden schon 758 000 Flüchtlinge registriert.
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Zahlreiche Flüchtlinge warten in Hanging an der deutsch-österreichischen Grenze vor einem Zelt.Foto: Armin Weigel/dpa
Epoch Times5. November 2015
Die Spitzen der schwarz-roten Koalition haben sich nach wochenlangem Streit auf Grundzüge zur Beschleunigung von Asylverfahren geeinigt.

Aus Koalitionskreisen hieß es am Donnerstag, Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hätten sich verständigt, besondere Aufnahmeeinrichtungen zu schaffen. Dort soll für Flüchtlinge mit geringen Bleibechancen eine „verschärfte Residenzpflicht“ gelten. Vorgesehen sind drei bis fünf Standorte in ganz Deutschland, davon die ersten beiden in den bayerischen Städten Bamberg und Manching.

Weitere Punkte, auf die sich CDU, CSU und SPD geeinigt haben:

– Aufnahmeeinrichtungen: Asylbewerber mit geringen Bleibechancen sollen den Landkreis nicht verlassen dürfen, in dem diese besonderen Zentren liegen. Sonst würden Leistungen gestrichen. SPD-Kreise werteten dies als Abkehr von den von der Union verlangten Transitzonen. Es werde keine Haft und keine haftähnlichen Bedingungen geben, die von den Sozialdemokraten strikt abgelehnt worden waren. Auch die Union hatte betont, es gehe nicht um Haft, sondern eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit.

– Betroffene Flüchtlinge: In den drei bis fünf Zentren sollen beschleunigte Verfahren für Bewerber aus sicheren Herkunftsländern wie den Balkanstaaten abgewickelt werden. Bestimmt sind die Einrichtungen auch für Flüchtlinge mit einer Wiedereinreisesperre, wenn sie Folgeanträge stellen oder keine gültigen Ausweispapiere haben.

– Familiennachzug: Wie von der Union verlangt, soll für eine bestimmte Flüchtlingsgruppe für zwei Jahre der Nachzug von Angehörigen ausgesetzt werden. Dies gilt demnach für Menschen, die nicht nach der Genfer Flüchtlingskonvention oder dem Asyl-Grundrecht anerkannt werden, aber in der Bundesrepublik bleiben dürfen. Sie erhalten nur einen sogenannten „subsidiären Schutz“ in Deutschland.

– EU-Außengrenzen/Afghanistan: Union und SPD betonen den dpa-Informationen zufolge die Notwendigkeit eines strikten Schutzes der EU-Außengrenzen. Die Koalitionspartner unterstreichen den Willen Deutschlands, sich gemeinsam mit den USA weiter an der Stabilisierung Afghanistans zu beteiligen. Die von der Union angepeilte Einrichtung spezieller Schutzzonen in dem Land, in die abgelehnte Asylbewerber zurückgeschickt werden könnten, kommt demnach in einem gemeinsamen Papier beider Seiten nicht vor.

Merkel, Seehofer und Gabriel wollten die Öffentlichkeit gegen 18.45 Uhr über die Ergebnisse ihrer Beratungen informieren. Der Beginn des ursprünglich für 17.30 Uhr geplanten Treffens mit den Ministerpräsidenten wurde auf 19.15 Uhr verschoben. Offen blieb, ob Merkel, Gabriel und Seehofer anschließend erneut zu weiteren Beratungen im kleinen Kreis zusammenkommen wollten.

Der große Flüchtlingsandrang bringt die offizielle Prognose von 800 000 Asylbewerbern in diesem Jahr in Deutschland immer stärker ins Wanken. Bisher wurden schon 758 000 Flüchtlinge registriert, wie das Bundesinnenministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte. Wichtigste Herkunftsländer der bisher registrierten 758 000 Flüchtlinge waren Syrien, Albanien, Afghanistan, der Irak und das Kosovo.

Die im August vorgelegte Regierungsprognose von 800 000 Menschen bis Jahresende ist damit kaum noch zu halten. Dies wären mit Abstand so viele wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik. Seit Wochen gibt es inoffizielle Schätzungen und Hochrechnungen, dass die Zahl deutlich höher liegen könnte – bei 1,0 bis 1,5 Millionen.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hielt aber weiterhin an seiner Vorhersage fest. Die Herausgabe einer neuen Prognose könnte verstanden werden als „zusätzliche Einladung, zu uns zu kommen“, sagte er in Berlin. „Ein solches Signal möchte ich nicht aussenden.“

(dpa)

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